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4. September 2010 / 13:18 Uhr

Genetische Ähnlichkeit der Juden: Erst bejubelt, dann bestritten

Der Umgang der deutschen Öffentlichkeit mit Thilo Sarrazin offenbart mehr Rassismus, als ihm selbst die seltsamsten Kritiker nachsagen könnten. Während seine – berechtigte – Kritik an Zuwanderern aus bildungsfremden Schichten islamischer Länder noch zähneknirschend zur Kenntnis genommen wurde, war dann der Satz vom Gen, das alle Juden teilen, zu viel. Die Bundesbank will ihn loswerden, und der bunte Bundespräsident Christian Wulff dreht gleich Pirouetten, um noch ein paar wohlmeinende Kommentare einzufangen zu Sarrazins Entlassung, die nur er aussprechen kann.

Thilo SarrazinDabei war Sarrazins Ausflug in die Genetik keineswgs antisemitisch, attestierte er ihnen doch sogar höhere Intelligenz als den Deutschen. Doch auch dem SPD-Politiker war klar, dass seine Aussage Unfug war – nicht inhaltlich, aber was die Auswirkungen betrifft. Isländern und Ostfriesen hätte er völlig ungestraft eigene Gene zuerkennen dürfen.

Die schlichte Frage „Wer sind die Juden eigentlich?“ ist seit den Nürnberger Rassegesetzen und dem Holocaust ausgesprochen heikel geworden. Neben dem Standpunkt einer reinen Religionsgemeinschaft und dem einer eigenen Kulturgemeinschaft bringen sowohl manche Juden selbst als auch Antisemiten immer wieder eine ethnische Komponente ins Spiel. Das banalste Element dabei ist eine angeblich typische Ausformung eines bestimmten Sinnesorgans. Im Hauptorgan des nationalsozialistischen Judenhasses, dem „Stürmer“, durfte dieses Detail bei keiner Karikatur fehlen. Aber auch „Nazi-Jäger“ Simon Wiesenthal führte diese äußerliche Eigenheit als ein starkes Indiz an, als er 1987 in seinem Buch „Segel der Hoffnung“ beweisen wollte, dass Christoph Columbus jüdischer Herkunft gewesen sei.

Ähnliche DNS bei Juden in verschiedenen Teilen der Welt

Doron Behar konnte als Genetiker am Rambam Health Care Campus im israelischen Haifa freilich viel unbefangener an die Sache herangehen. Unterstützt von einem internationalen Forscherteam untersuchte er die DNS von 121 Personen aus verschiedenen jüdischen Diaspora-Gemeinden und 1166 Nichtjuden. Die ausgewerteten Ergebnisse wurden untereinander verglichen. Während indische und jemenitische Juden eine große genetische Ähnlichkeit zu den örtlichen Mehrheitsvölkern aufweisen, zeigt sich bei den osteuropäischen Aschkenasim, den türkischen Sephardim, aber auch den marokkanischen Juden eine verblüffend große Übereinstimmung untereinander. Diese lässt darauf schließen, dass zumindest die frommen Juden über die Jahrhunderte und Jahrtausende unter sich blieben.

Israelische Zeitungen jubeln über Forschungsergebnisse

Über besagte Studie wurde in der renommierten Fachzeitschrift „nature“ berichtet. Am 4. Juni 2010 gab sich die englischsprachige Ausgabe der „Jerusalem Post“ auf der Titelseite einigermaßen aufgeregt: „New research: One people!“ („Neue Forschung: Ein Volk!“) Am 10. Juni 2010 legte die englischsprachige Ausgabe der ebenfalls israelischen Tageszeitung „Haaretz“ begeistert nach und betitelte ihren Bericht mit: „Landmark genetic study proves link between Jewish communities worldwide“ („Wegweisende genetische Studie beweist eine weltweite Verbindung zwischen den jüdischen Gemeinden“).

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Am 10. Juni war die Neuigkeit auch erstmals in einem österreichischen Printmedium zu lesen, und zwar im „Standard“ („Gemeinsame Wurzeln in der Levante“). Am 23. Juni 2010 schließlich schrieb Gil Yaron aus Jerusalem für die „Salzburger Nachrichten“ einen Bericht auf S. 17 mit der großen Überschrift „Juden stammen vom biblischen Volk ab“. Am 25. August 2010 berichteten österreichische Blätter wieder einmal über den belgischen Journalisten Jean-Paul Mulders, der sich seit Jahren mit allen erlaubten und weniger erlaubten Mitteln DNS-Spuren von Verwandten Adolf Hitlers aneignet. Nach Analyse des Materials war Mulders zu dem Schluss gekommen, dass der seinerzeitige fanatische Prediger der nordischen Rasse in seinen Genen sehr viel Berberisches (prominenteste Vertreter dieses in Nordafrika beheimateten Volkes: Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi und Frankreichs Ex-Fußballstar Zinedine Zidane) und auch Jüdisches gehabt habe.

Zentralrat der Juden spricht von "Rassenwahn"

Also eigentlich nichts Neues, das Thilo Sarrazin nun in Interviews mit der „Welt am Sonntag“ und der „Berliner Morgenpost“ nebenbei erwähnte: dass es ein „jüdisches Gen“ gebe. Ein augenblicklicher Aufschrei bis in die hohe Politik war die Folge. Sarrazin wurden Bezeichnungen wie „Rassist“ und „Nazi in Nadelstreifen“ an den Kopf geworfen. Während in Israel über das jüdische Gen gejubelt wird, griff der Zentralrat der Juden in Deutschland Sarrazin frontal an: Es sei unerträglich, dass er „die Juden über ihr Erbgut definiert“ und geißelte diesen „Rassenwahn".

Dass Sarrazin Juden offenbar sehr schätzt, weil seiner Ansicht nach überdurchschnittlich intelligent, stimmt den Zentralrat kein bisschen gnädiger. Sarrazin im O-Ton: „Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch höhere Geburtenrate. Das würde mir gefallen, wenn es osteuropäische Juden wären mit einem um 15 Prozent höheren IQ als dem der deutschen Bevölkerung.“

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