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6. Juni 2010 / 11:24 Uhr

Naher Osten: Es knistert im Pulverfass

Erdogans schleichende Islamisierung der Türkei führt zu immer zahlreicheren und härteren Konflikten mit Israel. Die Aufbringung einer türkischen Flottille auf dem Weg in den von Israel abgeriegelten palästinensischen Gaza-Streifen könnte dramatische Folgen für den Iran haben.

Am 31. Mai stürmte israelisches Militär eine kleine türkische Flotte mit hunderten türkischen Islamisten und einigen europäischen Linksextremisten (z. B. der schwedische Krimiautor Henning Mankell in Begleitung des türkischislamistischen schwedischen Grün-Parlamentariers Mehmet Kaplan). Die Flottille wollte Güter in den von Israel isolierten und von der islamistischen Hamas dominierten Gaza-Streifen bringen. Auf einem Schiff eskalierte die Situation: Laut israelischen Videos leisteten die Teilnehmer völlig unerwartet heftigen und brutalen Widerstand, woraufhin die Israelis das Feuer eröffneten. Neun Tote forderte dieses Scharmützel. Angeblich sollen sich an Bord nicht nur Lebensmittel wie auf den anderen Schiffen, sondern auch Waffen befunden haben.

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Die Angelegenheit ist doppelt pikant, führt doch der derzeit tobende türkische Ministerpräsident Erdogan einen Kampf auf Biegen und Brechen gegen seine Offiziere, die sich traditionell dem Kemalismus verpflichtet fühlen. Die wichtigste Doktrin dieser nach Staatsgründer Kemal Atatürk benannten Ideologie ist der Laizismus, die Trennung von Staat und Religion. Das Militär, der bis Erdogans Regierungsübernahme wichtigste Machtfaktor in der Türkei, ist seit jeher sehr israelfreundlich. Das soll auch am hohen Anteil von Dönme, Angehörige einer türkisch-jüdischen Sekte, liegen. Als vor zwei Jahren Ilker Basbug Generalstabschef wurde, veröffentlichten Islamisten Bilder, die ihn beim Beten an der Klagemauer in Jerusalem zeigen.

Just am 31. Mai griff die PKK in Iskenderun, dem südlichsten Zipfel der Türkei, außerhalb des Kurdengebietes, eine Marinebasis an und tötete sieben Soldaten. Diese die Türkei schockierende Aktion steht im Zusammenhang mit einem an diesem Tag abgelaufenen Ultimatum von Abdullah Öcalan. Der zum Tode verurteilte und seit 1999 inhaftierte Kurden-Führer kündigte an, sich als Vermittler zurückzuziehen, wenn Ankara nicht vernünftig wird und mit ihm über die Beendigung des am 24. März begonnenen Krieges verhandelt. Die PKK kündigte für den Fall türkischer Sturheit eine Gegenoffensive außerhalb Kurdistans an. Die Islamisten behaupten nun, die Kurden würden mit Israel unter einer Decke stecken.

Besonders brisant könnte die Situation für den Iran werden. Am 17. Mai unterzeichnete er mit der Türkei und Brasilien ein Atomabkommen. Schon zuvor hatte Ankara Teheran zu einem Vorgehen gegen seine Kurden ermutigt. Neben iranischen Bombardements (auch im Irak) wurden am 9. Mai fünf kurdische Zivilisten, darunter eine Frauenrechtlerin, hingerichtet. Von Seiten der iranischen Kurden hört man nun, dass diese zu einem Volksaufstand bereit seien – der leicht ausufern könnte. Diktator Mahmud Ahmadinedschad konnte sich voriges Jahr nach Unruhen nur mit Mühe an der Macht halten.

(Foto auf der Startseite: © James (Jim) Gordon)

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