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28. Jänner 2014 / 07:28 Uhr

Eugen Freund: “Volkes Stimme in Brüssel” oder “Pseudopolitiker”?

Eugen Freund, bis 31.12.2013 ORF-Fernsehjournalist, tauchte nun als Neopolitiker auf der Liste der SPÖ für die EU-Parlamentswahl 2014 auf. Somit tritt er in die Fußstapfen einiger ehemaliger ORF-Mitarbeiter, die sich ebenfalls nach der ORF-Karriere auf das politische Parkett begaben. Und wie bei ihnen stellt sich auch bei Freund die Frage, was einen Politiker ausmacht und welche Befähigung er für sein “Handwerk” mitbringen sollte.

In einem profil-Interview am 19.01.2014 wurde er dazu ausführlich befragt und zeigte einige überraschende Ein- und Ansichten. Hier nun einige der Höhepunkte des Interviews:

Als “rotes Gfries” bezeichnet

Auf die Frage, ob er ein “Pseudopolitiker” sei, wie es sein ORF-Kollege Armin Wolf für Polit-Quereinsteiger attestiert habe, verwies Freund auf seine langjährige journalistische Erfahrung auf dem Gebiet der Außenpolitik. Die Bekanntheit seines Gesichtes sei sicher nicht der (alleinige) Grund der SPÖ für seine Wahl, denn sonst hätten “die” “die Burgenländerin, die dieses Diskussionen am Nachmittag macht” (Barbara Karlich, Anm.) genommen. Dennoch führt er weiter aus, dass er zwar “als Journalist immer objektiv und unparteiisch” gewesen sei, aber, seit er 1978 Sprecher unter der SPÖ-Alleinregierung gewesen sei, immer schon als “rotes Gfries” während seiner ORF-Zeit bezeichnet worden sei. Dabei war er “nur einmal” “irgendwann in den 1980er-Jahren” beim 1. Mai-Aufmarsch dabei, um Fotos zu machen.

Keine Ahnung vom Lohn eines Arbeiters

Erstaunliche Offenheit zeigte er aber, als er bezweifelte, dass “die SPÖ noch hinter einer klassenlosen Gesellschaft” stehe. Der Einwurf von profil, dass dies noch im Parteiprogramm stehe, erstaunte ihn, aber das Parteiprogramm hätte “mit der heutigen Realität” wenig zu tun. Geprägt sei er vor allem durch Kreisky geworden, er sei für die “Reichensteuer”, dass “die Reichen profitieren und die Armen draufzahlen” dürfe auch nicht sein und das teile er mit der SPÖ. Prompt hakte hier profil auf seinen Sager “Von der ASVG-Höchstpension kann ich nicht leben” ein, ob er meine, dass das beim Arbeiter mit niedriger Pension gut ankomme. Zur Verteidigung brachte Freund seinen “Lebensstil”, die teure Wohnung und die studierenden Kinder, vor, verwies aber sofort auf Bundes- und Vizekanzler, die das X-fache eines Arbeiters verdienen würden. Und dann kam die Sensation: Der Neo-SPÖ-Politiker veranschlagte den Durchschnittslohn eines Arbeiters mit “3000 Euro brutto”. Nachdem ihm profil den tatsächlichen Durchschnittslohn von “2000 Euro” nannte, war die Gegenfrage Freunds: “Netto?”. Zu seinem weiteren Erstaunen erfuhr er, dass das “brutto” sei. Seine lapidare Antwort darauf: “Das ist sehr wenig. Aber ich glaube nicht, dass ich etwas dafür kann.” Auf die daraufhin von profil ausgesprochenen Zweifel, ob Freund sich in die Lage der Leute, die er vertreten wolle, hineinfühlen könne, meinte er, dass er das sehr wohl könne.

Von hier an kam der Neopolitiker überhaupt nicht mehr aus der Ecke heraus, in die er sich gebracht hatte. Als er zum Beispiel nach dem neu entstehenden SPÖ-Parteiprogramm gefragt wurde, gab er freimütig zu, dass er “nicht einmal das alte Parteiprogramm” kenne. Wichtig sei, dass er “die Leute überzeuge, zur Wahl zur gehen”. So weit so dürftig.

Freund vergleicht sich mit Clinton

Zum Abschluss sprach er noch Faymann “Alle Achtung!” dafür aus, dass er ihn zum Kandidaten gemacht habe, weil Faymann wisse, dass er, Freund, “kein Hohlkopf” sei. Im Übrigen sei er überrascht, dass Faymann ganz anders sei als sein “in den Medien” verbreitetes Image. Faymann “sei intelligent” und spreche “klug über alle möglichen Dinge”. Nach dieser Charakterstudie verglich sich Freund, seine Geselligkeit betreffend, noch mit Bill Clinton.

Alles in Allem bleibt nach dem Interview ein bitterer Nachgeschmack. Nicht nur, dass es einen bezeichnenden Blick auf die SPÖ-Personalpolitik wirft, wenn man sich dort gezwungen sieht, auf einen solch unbedarften Quereinsteiger zurückzugreifen. Immerhin geht es ja nicht um ein niederes politisches Pöstchen, sondern um die Vertretung österreichischer Interessen in Brüssel. Dort werden die Entscheidungen gefällt, die unser alltägliches Leben betreffen. Und dies nicht unbedingt zum Besten, wie man besonders seit der Einführung des Euro gemerkt hat. Abgesehen von sich anbahnenden Katastrophen wie den Auswirkungen des wachsenden Sozialmissbrauchs durch die EU-Ostöffnung, Milliardenzahlungen nach Brüssel und in den EU-Süden, Freihandelsabkommen, Kriege für fremde Interessen im Nahen Osten usw. Und hier braucht es eine starke und kluge Vertretung für Österreich. Politiker, die ihr Handwerk verstehen und Erfahrung haben und keine Polit-Leichtgewichte, die nicht einmal ein freundlich geführtes Interview ohne Blamagen überstehen und dabei vor Unwissenheit strotzen. Man stelle sich diesen Menschen in Brüssel im Dienste Österreichs vor!

Auswahlverschulden liegt bei SPÖ

Freund ist kaum ein Vorwurf – außer dem der Selbstüberschätzung seiner Person – zu machen. Er hat die Gelegenheit beim Schopf gepackt, die ihm SPÖ und Faymann geboten haben. Wenige würden hier widerstehen können. Schließlich geht es um viel Geld und Macht.

Nein, der Vorwurf ist anderswo zu deponieren. Eine solche Aufgabe jemandem zuzumuten, der keine Ahnung von der politischen Richtung hat, für die er eintritt, dessen politische Ziele sich als hohle Phrasen entpuppen, der in einem politisch geschützten Biotop gearbeitet hat und dort “aufgewachsen” ist und der keine Ahnung hat, wie es einem Durchschnittsbürger seines Landes geht und von wie wenig ein Arbeiter und seine Familie leben müssen, das zeigt, wie unbekümmert und weltfremd die SPÖ geworden ist und wie verzweifelt sie sein muss. Und deshalb verbleibt der “Schwarze Peter” für die Blamage bei diesem Interview alleine der SPÖ.

Und dem bisherigen SPÖ-Wähler verbleibt die Entscheidung, ob er sich so etwas durch die SPÖ weiter gefallen lassen will, oder ob er sich nicht besser politisch neu ausrichten sollte.

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