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23. Feber 2015 / 19:00 Uhr

Tat erfunden? Trafikant zu Unrecht vorm Kadi – Jetzt klagt er die Lotterien

Trafikant Ronald Walter klagt die Österreichischen Lotterien auf mehr als 10.000 Euro Schadensersatz. Die Summe entspricht den Prozesskosten, die Walter zahlen musste, weil er von einer ehemaligen Angestellten verklagt wurde, die er fristlos entlassen hat. Die Angestellte stand in Verdacht, die Jugendschutzbestimmungen nicht eingehalten zu haben. Sie soll einem 10jährigen Mädchen, das als sogenannter Mystery-Shopper im Auftrag der Lotterien tätig gewesen sein soll, vier Lotto-Tipps mit Joker verkauft haben. Weil die Österreichischen Lotterien und die von ihr beauftragte Gfk Austria GmbH den Vorfall beim Arbeits- und Sozialgericht nicht beweisen konnten, musste Walter der Klägerin mehr als 3.000 Euro an Ansprüchen nachzahlen – hinzu kommen die Prozesskosten. Im Urteil heißt es, dass der Verkauf der Lotterie-Produkte an das Mädchen „frei erfunden“ sein könnte.

Lotterien können nach drei Verstößen Verträge mit Trafikanten kündigen

Aber alles der Reihe nach: Das Jugendschutzgesetz sieht vor, dass Personen unter 16 Jahren weder Tabakwaren noch Lotto-Scheine, Brieflose oder andere Formen des Glückspiels verkauft werden dürfen. Sogenannte tipp3-Sportwetten dürfen erst ab 18 Jahren verkauft werden, gab Ronald Walter, er ist auch Trafikantensprecher von FPÖ pro Mittelstand auf Anfrage von unzensuriert.at bekannt. Wird eine Trafik jedoch 3 Mal beim Bruch des Jugendschutzgesetzes erwischt, so kündigen die Österreichischen Lotterien den Vertrag mit dem verantwortlichen Betreiber, der freilich eine lukrative Einnahme verliert. Für Walter sind diese Gelder von existentieller Bedeutung. Trafiken ohne aufrechten Vertrag mit der Österreichischen Lotterien GmbH können im Nachbesetzungsfall auch nicht nachbesetzt werden. Die Österreichischen Lotterien GmbH haben über die Gfk Austria GmbH sogenannte „Mystery-Shopper“ ausgeschickt, die anonym bleiben und die Trafikanten auf Einhaltung des Jugendschutzgesetzes kontrollieren. Es werden jährlich 400 Annahmestellen per Zufall ausgewählt und kontrolliert. Wird eine Trafik beim ersten Mal „erwischt“, gibt es eine Verwarnung und eine Nachschulung. Alle Trafikanten-Betreiber, die im Vorjahr einen Verstoß gehabt haben, werden im Folgejahr ein zweites Mal kontrolliert. Verletzt übrigens ein Angestellter die Jugendschutzbestimmungen, stellt das einen Grund für eine sofortige fristlose Entlassung dar.

Klägerin gewinnt, weil Vergehen nicht nachweisbar

Was spielte sich ab? Am 12.12.2013 hat Walter durch ein Gespräch mit einem Gebietsbetreuer der Österreichischen Lotterien GmbH erfahren, dass in seiner Trafik am 22.11.2013 um 16:10 einem zehnjährigen Mädchen ein Lottoschein um € 4,40 verkauft worden sei. Seit 25 Jahren betreibt Walter seine Trafik und verkauft auch Lotterieprodukte. Nie habe es Probleme gegeben, versicherte er. Anderes meint es das Erlebnisprotokoll, das vom Mystery-Shopper ausgefüllt wurde und Walter vorgehalten wird. Die Verkäuferin soll unter 30 gewesen sein, mit Piercing an der Oberlippe samt schwarzen Haaren und Zopf. Walter gegenüber unzensuriert.at: „Die damals 34jährige Klägerin hat bis zur Brust reichende schwarze Haare und ein Lippenpiercing gehabt. Am 22.11.2013 waren laut Dienstplan die Klägerin und eine blondhaarige Angestellte in der Trafik eingeteilt. Wobei die Blondhaarige den Postschalter und die Klägerin sowohl am Tabaktrafikschalter und auch an den Computerterminals eingeteilt war. Walter legte bei Gericht auch vor, dass der Barquittungsbeleg, den die Testkäuferin erhielt, die von ihm entlassene Angestellte als Verkäuferin aufweise. Dennoch heißt es im Urteil, dass Walter nicht nachweisen konnte, dass die Klägerin einem zehnjährigen Mädchen einen Lottoschein verkauft habe. „Es ist auch vorstellbar, dass das Ergebnisprotokoll überhaupt der Fantasie entspringt“, heißt es. Das Erlebnisprotokoll ist auch nicht unterfertigt worden, was in Abrede stelle, ob sich dieser Vorfall so tatsächlich ereignet habe.

Mystery-Shopper blieb anonym

Die Klägerin fühlt sich zu Unrecht entlassen. Sie hätte die Jugendschutzbestimmungen, die sie unterschrieben habe, eingehalten und keine Lotterienprodukte an Minderjährige verkauft. Vernommen wurde in dieser Sache auch Lotterie-Boss Karl Stoss, der weder den Namen des Mysteryshoppers wusste, noch, dass solche Personen, selbst wenn ein Vorfall strittig ist, den Lotterien namentlich genannt werden müssen. Dies sei nämlich vertraglich mit der Gfk Austria GmbH vereinbart. Ein Zeugin meinte in der Vernehmung: "Es war halt einfach so, dass man gesagt hat, wenn man da immer die Daten bekannt gibt, wird das ab absurdum geführt werden, weil ja dann keine Anonymität mehr vorliegt und man keine Lust hat, vor Gericht zu erscheinen für einen Job wo man EUR 30,–, EUR 40,–, verdient."

Walter geht nun gegen die Lotterien vor

Walter konnte somit nicht nachweisen, dass sich der Vorfall tatsächlich ereignet hat. Für ihn ist klar: Hätte der Testkäufer ausgesagt, hätte er den Prozess gewonnen. So aber muss er über 10.000 Euro zahlen, wofür er die Lotterien verantwortlich macht, die er nun verklagt: "Ich werde dazu gezwungen, mich an ihnen schadlos zu halten."

 

 

 

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