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26. Juni 2012 / 21:00 Uhr

Tetron-Affäre: Dummheit, Unfähigkeit und Gier

Warum fließen parallel zur Vergabe des Blaulichtfunks an das Tetron-Konsortium mehr als 4 Millionen Euro in das Firmengeflecht des Alfons Mensdorff-Pouilly? Diese Frage werden abschließend die Gerichte klären müssen. Die Antworten, die wir dazu im Untersuchungsausschuss erhalten haben, sind im Gesamtbild merkwürdig genug, um weitere Ermittlungen zu rechtfertigen, ja geradezu herauszufordern.

Kommentar von Walter Rosenkranz

Bei Motorola steht man dazu, die dem Lobby-Grafen zugeordnete Firma Valurex als „Türoffner“ auf Grund ihrer „Top-Level-Kontakte“ zu Entscheidungsträgern im Innen- und Finanzministerium engagiert zu haben. Allerdings will man nicht gewusst haben, dass Mensdorff-Pouilly mit dieser Firma in Zusammenhang steht. Bekannt war „Graf Ali“ bei Motorola dennoch und wurde unter dem Codenamen „Der Jäger“ geführt. Warum man sich als Türöffner für Österreich einer panamesisch-schweizerischen Firma bediente, konnte der zuständige Motorola-Mann freilich nicht erklären. Alcatel-Chef und ÖVP-Bundesrat Harald Himmer will Mensdorff ausschließlich für Studien in Ungarn bezahlt haben  – ohne jeden Bezug zu Tetron. Der ehemalige Telekom-Manager Rudolf Fischer wiederum räumte im U-Ausschuss ein, dass mit der Zahlung von 1,1 Millionen auch „Altlasten“ von Mensdorffs Beratungstätigkeit im Zuge des Tetron-Deals erledigt wurden.

Luising als Treffpunkt der ÖVP-Familie

Dass der Bauer und Jäger aus dem Burgenland in diesem Geschäft des schwarzen Innenministeriums auftaucht, muss nicht verwundern. Die Heirat des Grafen mit dem ehemaligen Umwelt- und Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat mag weiter zu seiner tiefen Verwurzelung in der ÖVP beigetragen haben. Christoph Ulmer, einst Kabinettschef bei Ernst Strasser, war davor für Rauch-Kallat tätig und daher mit dem Anwesen der Familie im burgenländischen Luising vertraut. Gerade am Wochenende hätten dort öfters Besprechungen stattgefunden. Ulmer ist es auch, der den Tetron-Leuten den Tipp gegeben haben soll, auf Mensdorffs Lobbying-Dienste zurückzugreifen. Er selbst bestreitet das.

Die mutmaßliche Verwicklung des Lobbying-Grafen – für den nicht nur in diesem Zusammenhang die Unschuldsvermutung gilt – ist nur eine Facette dieses schwarzen Sumpfes, von dem die an sich sinnvolle Einführung eines einheitlichen Behördenfunks bis heute verschlungen wird. Denn auch zwölf Jahre nach der Machtübernahme der ÖVP im Innenministerium und elf Jahre nach der ersten Ausschreibung funkt das System nur in wenigen Bundesländern und längst nicht zwischen allen möglichen Nutznießern. Dem vorausgegangen ist eine jahrelange Groteske, die am besten der ehemalige Geschäftsführer des ausgebooteten Mastertalk-Konsortiums, Hansjörg Tengg, auf den Punkt brachte, als er Napoleon mit folgendem Satz zitierte: „Wenn etwas nach Verschwörung aussieht, soll man eher Dummheit oder Unfähigkeit annehmen.“

Staat zahlte viel Geld für nichts

Die Unfähigkeit der Strasser-Mannschaft kostete die Republik knapp 30 Millionen Euro Schadenersatz an Mastertalk. Mittels „Dirty Campaigning“ hatte das Ressort im Jahr 2003 den ursprünglich gewählten Partner in der Öffentlichkeit schlecht gemacht, der geriet darauf auch in Finanzierungsschwierigkeiten. Es folgten wechselseitige Vertragskündigungen und ein jahrelanger Rechtsstreit. Am Ende einigte man sich auf die üppige Summe. Es wurde festgehalten, dass der Staat keinerlei Nutzen davon hatte. Tengg äußerte die Vermutung, das Ministerium habe sich aus dem Vertrag befreien müssen, weil es zu wenig Geld dafür budgetiert hatte. Die Werbung der Bundesländer und anderer Blaulichtorganisationen für eine Beteiligung an dem Projekt und den damit verbundenen Kosten war nämlich nicht in ausreichendem Umfang gelungen.

Jäger und Niederösterreicher in der ÖVP

Sollte es tatsächlich so sein, dass die 2004 erfolgte zweite Vergabe an Tetron von Schmiergeldzahlungen über Mensdorff-Pouilly begleitet war, so gesellte sich zur Unfähigkeit und Dummheit auch noch die Gier. Parallel dazu explodieren die Kosten immer weiter. Schon aus diesem Grund weigern sich zahlreiche Organisationen, bei Tetron mitzumachen. Verantwortlich für das Debakel sind die ÖVP und ihr Netzwerk, denn auf den heute in Ungnade gefallenen Ernst Strasser folgten ausschließlich Schwarze im Haus in der Herrengasse. Die heutige Ressortleiterin Johanna Mikl-Leitner folgte Strasser schon in zwei Funktionen. Früher waren beide Landesgeschäftsführer der ÖVP Niederösterreich. Das selbst für die machtbesessene ÖVP recht dreiste Vorgehen lässt durchaus eine niederösterreichische Note erkennen, wo auch die Jagd – angeführt von Ex-Raiffeisen-Boss Christian Konrad und nun Ex-Vizekanzler Josef Pröll als Landesjägermeister – stark verwurzelt ist. Man trifft sich bei Mensdorffs in Luising, bisweilen auch in Schottland und sonst einmal im Monat am Jagd- und/oder Niederösterreicher-Stammtisch. Die Gesellschaften sind ziemlich deckungsgleich.

Walter Rosenkranz ist Fraktionsführer der FPÖ im Korruptions-U-Ausschuss und Bildungssprecher seiner Partei im Nationalrat.

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