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29. Oktober 2010 / 10:47 Uhr

EU-Gipfel der Verantwortungslosigkeit

Vor knapp einem Jahr ist der umstrittene Vertrag von Lissabon in Kraft getreten. Jetzt soll das Vertragswerk um einen dauerhaften Krisenbewältigungsmechanismus ergänzt werden. Diesem kommt die Rolle zu, einen etwaigen Zusammenbruch der Gemeinschaftswährung abzuwenden oder einzelnen Mitgliedern der Währungsunion im Bedarfsfall mit Steuermilliarden unter die Arme zu greifen.

Herman Van RompuyRatspräsident Herman Van Rompuy (Bild) wurde im Rahmen des EU-Gipfels beauftragt, bis Dezember detaillierte Vorschläge zur Errichtung dieses dauerhaften Rettungsschirmes auszuarbeiten. 2011 soll das Konzept unter Dach und Fach sein, zwei Jahre später wird die Vertragsänderung in Kraft treten. 2013 läuft nämlich der im Zuge der Causa Griechenland geschaffene Rettungsschirm aus. Van Rompuy argumentierte ganz im Stil eines Brüsseler Bürokraten: „Es ging nicht um Zögern, oder darum, wer dafür oder dagegen ist. Das ist überhaupt nicht mehr von Belang.“ Bundekanzler Faymann sieht die Sache ähnlich. Er meinte, dass aus österreichischer Sicht keine Änderung der EU-Verfassung notwendig sei, und wurde wieder einmal wortbrüchig. Er versprach, im Falle einer weiteren Änderung der EU-Verfassung, eine Volksabstimmung – alles Schnee von gestern. Schließlich wünscht er sich „einen Euro-Rettungsschirm nach 2013.“

Moralisches Risiko

Van Rompuy und Faymann verschweigen in der Diskussion ein wesentliches Detail. Der gegenwärtige Rettungsschirm wurde als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise – ein hoffentlich einmaliges Ereignis – geschaffen. Dass er zu einer dauerhaften Institution werden muss, liegt keineswegs auf der Hand. Die Folgen des neuen, dauerhaften Fallschirms bezeichnet man in der Ökonomie als „moralisches Risiko“. Regierungen werden geradezu animiert, ihre Länder in immer höhere Schulden zu stürzen. Der Grundpfeiler jeder Marktwirtschaft – finanzielle Eigenverantwortung – wurde ausgehebelt. Wie schon Banken und ihren Managern ist es jetzt auch Staaten möglich, sich im Fall des Falles ganz einfach retten zu lassen. Sollten Griechenland, Spanien, Portugal und Italien weiterhin über ihre Verhältnisse leben, müssen die Steuerzahler anderer Länder einspringen und finanzieren im Endeffekt den überhöhten Lebensstandard des europäischen Südens.

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Angela Merkel beharrte darauf, Ländern, die die Maastricht-Grenze überschreiten, das Stimmrecht zu entziehen. Mit dieser Forderung konnte sie sich nicht durchsetzen. Die deutsche Bundeskanzlerin scheiterte am Widerstand der Kommission und anderer Regierungschefs, unter ihnen auch Österreichs Bundekanzler Faymann. Die Frage des Stimmrechts ist in einem nur entfernt demokratisch organisierten Staatengebilde wie der EU allerdings sekundär. Fakt ist, dass sowohl Faymann als auch Merkel durch die Zustimmung zur Verlängerung des Rettungsschirms klar gegen die Interessen der Bürger ihrer Länder verstoßen haben.

Jedenfalls gibt es jetzt genug „Löschwasser“ für alle – wie Faymann unser Steuergeld bereits nannte. Es fragt sich nur, wann auch uns das Wasser ausgehen wird.

Foto: Luc Van Braekel / Wikimedia

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