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6. Juni 2010 / 13:15 Uhr

Usbekistan – Das stolze Erbe Tamerlans

Usbekistan FlaggeWährend die meisten zentralasiatischen Nachfolgestaaten der UdSSR auf nomadischen Traditionen gründen, blickt Usbekistan auf ein stolzes Erbe städtischer Hochkultur zurück. Zwei Städte repräsentieren diesen Glanz vergangener Epochen: Samarkand und Buchara.

Samarkand – Tamerlans Hauptstadt

Usbekistan SamarkandSamarkand zählt zu den ältesten noch bewohnten Städten der Welt überhaupt; bereits im achten Jahrhundert vor Christus ist eine Oasenstadt nachweisbar. An der Seidenstraße gelegen, zählte Samarkand zu den prächtigsten Städten im persischen Großreich. Nach großer kultureller Blüte im Mittelalter zerstörte Dschingis Khan die Stadt im frühen 13. Jahrhundert. Der Eroberer Tamerlan, dessen Reich sich von Anatolien bis nach Afghanistan erstreckte, machte Samarkand zu seiner Hauptstadt. 2001 erklärte die UNESCO Samarkand, in dem sich einige der prächtigsten mittelalterlichen islamischen Bauwerke befinden, zum Weltkulturerbe.

Buchara – Avicennas Heimat

Wie Samarkand verdankte auch Buchara seinen Reichtum der Lage als wichtiger Handelsknotenpunkt an der Seidenstraße. Beide Städte waren herausragende Zentren mittelalterlicher islamischer Kultur und Gelehrsamkeit. Der wohl bedeutendste Sohn Bucharas war der Universalgelehrte Avicenna (980 – 1037). Sein „Kanon der Medizin“ ist bis heute ein Meilenstein in der Medizingeschichte; teilweise im Versmaß werden Ärzten Methoden zur chirurgischen Entfernung von Krebs empfohlen oder die Einflüsse von Umwelt und Psyche auf das Wohlbefinden des Menschen geschildert.

Das Samaniden-Mausoleum, dessen Ziegel so angeordnet sind, dass sich der Farbton des Gebäudes je nach Einfall des Lichtes ändert, ist ein architektonisches Meisterwerk jener Zeit.

Usbekistan Buchara Samaniden-MausoleumUsbekistan Buchara Samaniden-Mausoleum

Kampf gegen den Terror auf usbekisch

Die große kulturelle Vergangenheit Usbekistans ist unumstritten, sein heutiger Herrscher Islam Karimov ist es nicht. Als die USA 2001 zum Kampf gegen den Terror aufriefen, reihte sich der seit 1991 herrschende Autokrat sofort in die Phalanx der „Willigen“ ein. Unter dem Deckmantel dieses Kampfes wurden aber vor allem die Reste der Opposition ausgeschaltet. Einen Höhepunkt erreichte dies im Mai 2005, als Proteste in der Hauptstadt Taschkent blutig niedergeschlagen wurden. Die Reaktionen der USA, die zu diesem Zeitpunkt eine Militärbasis im Usbekistan unterhielten, auf diese Menschenrechtsverletzungen waren sehr verhalten. Dass aber auch eine reale Gefahr durch radikale Islamisten besteht, bewies eine Anschlagsserie im Jahr 2004, die der „Hizb ut Tahrir“ (Partei der Befreiung) zugerechnet wurde. Diese Organisation fordert ein islamumfassendes Kalifat und hat besonders in Usbekistan großen Zulauf.

Erdgas, Baumwolle und Geostrategie

Wie auch Kasachstan und Turkmenistan verfügt Usbekistan über große Erdgasvorkommen. Neben Russland ist die BRD einer der größten Abnehmer des usbekischen Erdgases; die wirtschaftlichen Verflechtungen sind eng. Dementsprechend ist Deutschland auch einer der größten Fürsprecher Usbekistans innerhalb der EU. Neben Erdgas ist Gold einer der wichtigsten Devisenbringer des von Rohstoffexporten abhängigen Landes. Abseits von Rohstoffen ist Baumwolle das Hauptexportgut Usbekistans, das der drittgrößte Baumwollexporteur weltweit ist.

Doch auch die geostrategische Lage macht Usbekistan bedeutsam; bis 2005 betrieben die USA einen Luftwaffenstützpunkt in Südusbekistan – eine wichtige Versorgungsstation für die Truppen in Afghanistan. Wichtigster Nachschubstützpunkt der Bundeswehrtruppen in Afghanistan ist weiterhin Termez im Süden des Landes.


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Usbekistan selbst pflegt gute Beziehungen sowohl zum Westen, vor allem zur BRD, als auch zu Russland, obwohl die Beziehungen zu den USA seit der erzwungenen Räumung des US-Stützpunktes merklich abgekühlt sind.

Usbeken oder Tadschiken?

Offiziell sind 71 Prozent der usbekischen Staatsbürger ethnische Usbeken und gehören damit zur Gruppe der Turkvölker. Je fünf Prozent werden der russischen und der tadschikischen Minderheit zurechnet. Besonders in den südlichen Ballungsgebieten wird neben Usbekisch aber auch das persische Tadschikisch gesprochen. Kritiker werfen dem Regime vor, die Tadschiken zu unterdrücken und die traditionell zweisprachige Bevölkerung des Südostens automatisch den Usbeken zuzuordnen. Der tadschikische Bevölkerungsanteil Usbekistans könnte sich gemäß UN-Schätzungen auf bis zu 30 Prozent belaufen. Beide Völker stellen übrigens auch bedeutende Minderheiten in Afghanistan; der Tadschike Ahmad Schah Massoud und der Usbeke Abdul Raschid Dostum waren bzw. sind wichtige Milizführer dieses Landes.

Quo vadis?

Usbekistan Präsident Islam Karimov„Usbekistan“ existiert seit 1925, als die usbekische sozialistische Sowjetrepublik geschaffen wurde. Seine Grenzen wurden erst 1963 endgültig festgelegt; einen usbekischen Nationalstaat gab es vorher nie. Die Problematik des usbekischen Staatsvolkes wurde bereits erwähnt. Bisher konnte Präsident Karimov (Foto) das Land mit harter Hand zusammenhalten und auch der islamistischen Herausforderung trotzen. Ob dies dem 72jährigen Präsidenten auch weiterhin gelingen wird und wie seine Nachfolge aussehen wird, steht allerdings in den Sternen.

20 Jahre nach dem Kommunismus

Unzensuriert.at beleuchtet jedes Wochenende ein Land, das bis vor 20 Jahren unter kommunistischer Herrschaft stand. Bisher veröffentlicht:

Turkmenistan – Das Reich des "Turkmenbashi"

Die Ukraine – zerrissenes Land zwischen Ost und West

Kasachstan: Von Stalins Völkerkerker zum begehrten Handelspartner

20 Jahre danach: Russland am Scheideweg

Fotos: Bobyr / Dimitriy A. Pitirimov / Nikolaus / Agencia Brasil

 

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