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31. Oktober 2013 / 10:17 Uhr

Monika Lindner und die Scheinheiligkeit des ORF

Mit Monika Lindner wurde am 29. Oktober eine Nationalratsabgeordnete angelobt, deren Charakterstärke die eines Atomteilchens wohl nicht übertreffen dürfte. Die Frau, die für das Team Stronach nicht mehr kandidieren wollte, sitzt jetzt dank Frank Stronach im Hohen Haus und kassiert schamlos ab – und zwar von den Steuerzahlern. Das passt vielen nicht – und plötzlich kommen unappetitliche Vorwürfe zutage: Als Vorstandmitglied der St. Anna Kinderkrebsforschung habe sie ihren Lebensgefährten zum Nachteil des Vereins mit lukrativen PR-Jobs versorgt, als seinerzeitige ORF-Generalin eben diesem Lebenspartner Millionenaufträge ohne Ausschreibung zugeschanzt.

Was stimmt und was nur Lindner-Bashing ist, wird die Zukunft weisen. Denn der gelernte Österreicher weiß längst, dass nicht alles, was eine Zeitung so verzapft, auch der Wahrheit entspricht. Den Vorwurf bezüglich St. Anna Kinderkrebsforschung hat die Wiener Lokalzeitung Falter aufgebracht. Die Kinderkrebsforschung teilte in einer Aussendung mit, dass sie erst durch die Recherchen der Zeitung erfahren habe, dass zwischen Lindner und dem vom Verein beauftragten Werber Günther Lebisch ein Naheverhältnis besteht. Lindner habe ihre Funktion als Vorstandsmitglied nun “mit sofortiger Wirkung und bis zum Ende der Funktionsdauer Ende November 2013 ruhend gestellt”. Der Termin für die Wahl des neuen Vorstands stehe bereits fest. Außerdem sei der Vertrag mit Lebischs Agentur ComCom gekündigt worden. Gleichzeitig betonte der Verein, Lindner sei “seit vielen Jahren unentgeltlich und erfolgreich für die St. Anna Kinderkrebsforschung” tätig.

TV-Spot mit krebskranken Kindern

Der Falter schreibt, dass die Forschungseinrichtung auf Lindners Anordnung für den Druck von Spendenbriefen pro Jahr rund 60.000 Euro mehr zahlte, als notwendig gewesen wäre. Außerdem habe Lebisch interveniert, damit Lindners Stiefsohn für einen TV-Spot krebskranke Kinder filmen durfte. Für einen halben Drehtag soll der Kameramann 3200 Euro erhalten haben, das Sechsfache des marktüblichen Preises.

In der Tageszeitung Die Presse weisen Lindner und Lebisch den Vorwurf der Freunderlwirtschaft zurück. Alle Kosten seien vom Verein genehmigt und transparent abgerechnet worden. Für den Stiefsohn sei nie interveniert worden. Das Pauschalhonorar an die Agentur ComCom über rund 25.000 Euro pro Jahr würde bloß die Selbstkosten abdecken. “Ich habe mit den Finanzen überhaupt nichts zu tun gehabt”, betonte Lindner gegenüber der Zeitung. In ihrer Zeit im Vorstand habe es überhaupt keine Unregelmäßigkeiten gegeben. Ihre Funktion im Vorstand habe sie wegen ihrer Tätigkeit im Nationalrat ruhend gestellt, so die wilde Abgeordnete.

ORF-Revision prüft Auftragsvergaben von Lindner

Mitten in diese Diskussion platzte nun eine APA-Aussendung, in der der ORF ankündigte, die Auftragsvergaben unter Monika Lindner in der Zeit zwischen 1998 und 2006 prüfen zu wollen. Darin heißt es: “Im ORF ist heute die Revision mit der Überprüfung der Auftragsvergaben an Kreativ-Dienstleister während der Amtszeit von GD Monika Lindner beauftragt worden.” Hintergrund der Überprüfung sind ORF-Aufträge, die unter Lindner mehr oder wenig freihändig an den Werber und Lindner-Lebensgefährten Günter Lebisch vergeben worden sein sollen. Laut APA-Informationen handelt es sich dabei um ein Volumen von mehr als zwei Millionen Euro.

Mangelnde Finanzkontrolle im staatlichen Rundfunk

Dass diese Überprüfung erst jetzt erfolge, obwohl es angeblich schon viel früher Hinweise auf Verfehlungen gegeben habe, bezeichnet FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl als “reichlich spät”. Er sei entsetzt über die mangelnde Finanzkontrolle im staatlichen Rundfunk. Auffallend sei weiters, dass der damalige ORF-Finanzchef Alexander Wrabetz mit dem Beginn seiner Funktionsperiode als Generaldirektor keinerlei Aufträge mehr an besagte Werbefirma vergeben habe. Dies lasse die Vermutung zu, dass Wrabetz, über dessen Tisch als Finanzdirektor die Aufträge gelaufen sein müssten, sehr genau gewusst habe, warum die Vergaben an Lebisch erfolgt seien, so Kickl. Auch dürfte die Qualität der geleisteten Arbeit so gestaltet gewesen sein, dass der neue Generaldirektor keinerlei Veranlassung gesehen habe, die Zusammenarbeit fortzusetzen, so Kickl, der die Frage stellt, wo denn die Leistung Lebischs war.

Wegfall der schützenden Raiffeisen-Hand

Dies würde auch erklären, warum erst heute – nach Wegfall der schützenden Raiffeisen-Hand – die kreative Vergabepraxis Lindners aufgeflogen sei, zeigte sich Kickl über den Vergabesumpf im ORF bestürzt und forderte eine genaue Prüfung aller in der Zeit Lindner/Wrabetz getätigten externen Aufträge. “Dass der ORF als SPÖ/ÖVP-Postenschacher- und Heiratsverein jetzt auch noch im Verdacht stehe, ein Selbstbedienungsladen für Werber zu sein, ist ein Skandal”, so Kickl.

Pius Strobl noch immer auf der Gehaltsliste

Dass der rote Wrabetz jetzt gegen die schwarze Lindner ins Feld zieht, entbehrt nicht einer gewissen Scheinheiligkeit. Der jetzige ORF-“Elefant” sitzt ja selbst im Porzellanladen – man denke nur an die Zusammenarbeit mit seinem früheren Kommunikationschef Pius Strobl, der nach einer Spitzelaffäre den Hut nahm, bis heute aber auf der Gehaltsliste des ORF steht. Wie das Profil berichtete, steht Strobls Beratungsunternehmen  – im Zusammenhang mit dem Smart-Card-Tausch für digitalen Satellitenempfang und der Einspeisung der ORF-Spartenkanäle in kommunale Kabelnetze – nach wie vor auf der Honorarliste des Staatsfunks. Laut Profil betragen Strobls Einnahmen daraus 150.000 Euro.

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