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Der Grexit wäre die beste Lösung für alle, sagt Hans-Werner Sinn im Format-Interview.

3. Mai 2015 / 11:30 Uhr

Hans-Werner Sinn: Griechen-Milliarden sind so oder so weg

Wer kann sich noch daran erinnern, als die frühere Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) sich ans Rednerpult im österreichischen Parlament stellte und behauptete, dass die Kreditzahlungen an Griechenland ein gutes Geschäft für Österreich wären? Heute ist längst klar: Egal, was passiert, ob Griechenland aus dem Euro austritt und zur Drachme zurückkehrt oder ob die Griechen weitere Milliarden von den Eurostaaten bekommen, Griechenland wird die Kredite nicht zurückzahlen können. Diese These hat nun einmal mehr der Universitätsprofessor für Nationalökonomie, Hans-Werner Sinn (68), in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Format vertreten.

Transferzahlungen für Steuerzahler teuer

Sinn ist – trotz oft kontroversieller Positionen – einer der wenigen Ökonomen, die nennenswerten Einfluss auf die deutsche Politik haben. In mehreren Umfragen wurde er als einflussreichster Ratgeber genannt. Nächstes Jahr geht Sinn in Pension – und das wird einigen Einflüsterern im Umfeld der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wohl Freude bereiten. Denn kaum ein anderer sagt so deutlich, wohin die Politik der "Transferzahlungen" a la longue führen wird.

Im Format sagt Sinn, dass die Europäische Union in Griechenland fünf Jahre lang die ausländischen Banken gerettet habe. Wenn man immer so lange mit dem Austritt eines Landes aus der Eurozone warten würde, bis alle seine Schulden von den Banken auf die Staatengemeinschaft umgeschichtet seien, dann würde der Austritt des Landes aus dem Euro für die Kapitalmärkte kein Risiko mehr bedeuten. Dafür werde es für den Steuerzahler freilich sehr teuer, so Sinn.

Grexit beste Lösung für alle

Auf die Frage, was ein Austritt Griechenlands aus dem Euro den deutschen Steuerzahler kosten würde, sagt Hans-Werner Sinn:

Nichts. Es kostet jetzt schon etwa 85 Milliarden Euro. Das sind die Kredite, die Deutschland über die Rettungsschirme Griechenland zur Verfügung gestellt hat. Diese wird Griechenland zum größten Teil nicht zurückzahlen können. Dabei ist es egal, ob das Land im Euroraum verbleibt oder nicht. Das Geld ist also so oder so weg. Wenn die Griechen aber im Euroraum drinbleiben, werden immer mehr Milliarden hinzukommen.

Man sei, sagt Sinn, bereits in einer Transferunion. Derzeit würden die Transfers noch unter dem Deckmantel von Krediten gewährt – und diese Kredite würden allmählich zu Transfers mutieren, indem man Laufzeiten verlängere, Zinsen aussetze und letztlich auch Schuldenschnitte gewähren werden müsse. Sinn hält den Austritt der Griechen aus dem Euro für die beste Lösung für alle Beteiligten – insbesondere für die griechische Bevölkerung.

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