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Für eine Weltkarriere fehlen Conchita Wurst die Hits und ein internationales Management.

26. Mai 2015 / 09:25 Uhr

Brücke zwischen ORF und Conchita-Wurst-Management bricht ein

"Building Bridges" war das Motto des Song Contests in Wien – der ORF wollte damit Brücken zwischen Ländern und Menschen bauen. Doch nun ist eine Brücke eingestürzt. Ausgerechnet die Verbindung zwischen dem Management von Vorjahrssiegerin Conchita Wurst und ihrem Haus- und Hofsender ORF. Im Standard beklagt Manager Rene Berto, dass der ORF die Sängerin beim Song Contest im Stich gelassen habe, weil der Fernsehsender während des Auftritts von Conchita Wurst Werbe- und Newsunterbrechungen spielte.

"Wie russisches Staatsfernsehen"

Was die ORF-Zuseher also nicht sahen, waren zwei Songs, die auf dem kürzlich vorgestellten Album des Steirers Tom Neuwirth alias Conchita Wurst zu hören sind – und zwar die Titel "You Are Unstoppable" und "Firestorm". Das Ausblenden von Conchita sei nicht nachvollziehbar, ärgert sich Berto: "Damit präsentiert sich der ORF wieder einmal als Mischung aus russischem Staatsfernsehen und deutschen Privatsendern und zeigt, dass ihm der öffentlich-rechtliche Auftrag zur Unterstützung und Förderung heimischer Popmusik kein wirkliches Anliegen ist."

ORF-Finanzdirektor Richard Grasl sagte gegenüber der APA, dass es eine starke Nachfrage bei den Werbebuchungen gegeben habe. Und der ORF gab auf Twitter bekannt, dass der dual finanzierte ORF zum sorgsamen Umgang mit den Gebührengeldern verpflichtet sei und in diesem Sinne außerbudgetäre Aufwendungen wie für den ESC auch auf dem Werbemarkt refinanzieren müsse – "und tut dies in dem von der EBU vorgesehenen Rahmen".

Omnispräsenz schadete Wurst

Wenn Berto nun auf den ORF losgeht, lehnt sich der Manager von Conchita sehr weit aus dem Fenster und vergisst völlig, wem der Steirer Neuwirth seinen Ruhm verdanken kann: Einem Fernsehsender, der voriges Jahr den Mut hatte, einen als Frau verkleideten Mann mit Bart zum Wettsingen nach Kopenhagen zu schicken. Die Kunstfigur Conchita Wurst war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort und performte ihren Song "Rise Like A Phoenix" beeindruckend. Was aber danach geschah, hat vor allem mit Managementfehlern zu tun, wie auch der bekannte Musikproduzent Markus Spiegel bemerkte: "In erster Linie genießt sie ihr Lable. Sie war bei VIP-Einladungen zu sehen und bei Modenschauen, aber die Hits fehlten. Diese permanente Omnipräsenz kann auch schnell ins Gegenteil umschlagen", so Markus Spiegel in einem Videokommentar im Kurier.

Tatsächlich dauerte es ein Jahr, bis Conchita Wurst neue Lieder vorstellte. Nette Balladen, aber keine Hits. Diese werden international genauso wenig gespielt wie ihr Siegersong von 2014, der – als die Euphorie nach wenigen Tagen verflog – nicht mehr zu hören war. Auch im ORF kaum noch. Dagegen ist das Lied aus den Niederlanden von der Gruppe "The Common Linnets", die mit ihrem wunderschönen Song "Calm After The Storm" hinter Wurst Platz zwei belegten, fast täglich in den Radios zu hören. Sie schafften es, einen wirklichen Hit zu landen und damit weltberühmt zu werden.

Weltkarriere wird nicht stattfinden

Eine Weltkarriere für Conchita Wurst schließt Markus Spiegel aus. Dafür würde sie ein internationales Management benötigen, das mit den wichtigsten US-Produzenten arbeitet und im Business bestens vernetzt ist. Spiegel, der schon Falco produzierte, ahnte übrigens schon vor Monaten Böses für Österreichs Song-Contest-Teilnehmer 2015. Ebenfalls in einem Kurier-Videokommentar kritisierte er den ORF-Vorentscheid scharf: Es sei Not gegen Elend angetreten. Und Spiegel fragte sich, ob der ORF nur 16 Kandidaten für den Song Contest gefunden habe oder ob er auch einen Sieger gesucht habe. Er sollte recht behalten: "The Makemakes" bekamen null Punkte, wurden Letzter und werden wohl, wie viele andere österreichische Song-Contest-Teilnehmer vor ihnen, mit der Zeit in der Versenkung verschwinden.

Mitschuld daran, dass Österreich mit wenigen Ausnahmen immer blamabel abschneidet bei diesem Wettbewerb, oft nicht einmal das Finale erreicht, ist auch der ORF. Die Vorbereitung auf das Musikgroßereignis in Wien mit der Suche nach einem Siegerkandidaten hat der bekannt beratungsresistenten Programmchefin Kathrin Zechner ihre Grenzen aufgezeigt. Es war sicherlich gut gemeint, dass die bildhübsche Anna F. als Coach für die österreichischen Song-Contest-Teilnehmer eingesetzt wurde, doch die Steirerin, die auch nur in Österreich "weltberühmt" ist, bräuchte laut Musikproduzent Spiegel noch selbst einen Coach.

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