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Als ÖFB-Präsident Leo Windtner “keine Alternative zu Blatter” sah, genehmigte die FIFA 100.000 Dollar für ein Sozialprojekt, bei dem die Frau von Windtner Schirmherrin ist. Zufall?

27. Mai 2015 / 21:50 Uhr

FIFA-Korruptionsaffäre wirft schlechtes Licht auf ÖFB-Boss Leo Windtner

Am 29. Mai stellt sich der 79-jährige FIFA-Präsident Sepp Blatter zum fünften Mal zur Wahl – trotz seines hohen Alters und der zunehmenden Kritik an seiner Amtsführung. Korruptionsvorwürfe um die WM-Vergabe an Russland 2018 und Katar 2022 gibt es schon lange, ein diesbezüglicher Untersuchungsbericht des Weltfußballverbandes blieb bis dato unter Verschluss.

Verhaftungen im Zürcher Nobelhotel

Zwei Tage vor der FIFA-Jahreskonferenz nun der Paukenschlag: Im Zürcher Nobelhotel Baur au Lace nahm die Polizei Mittwochfrüh sieben hochrangige FIFA-Funktionäre fest, darunter die beiden amtierenden Vizepräsidenten Jeffrey Webb (Cayman-Inseln) und Eugenio Figueredo (Uruguay). Grund: Korruptionsverdacht. Ihnen werden von den US-Behörden Betrug, Erpressung und Geldwäsche vorgeworfen. Die USA streben eine Auslieferung an.

Fernsehrechte um einen Dollar

Sepp Blatter selbst, soll von den Vorwürfen nicht betroffen sein. Auch seine Kandidatur für den 29. Mai bleibt bis dato aufrecht. Dass es der umstrittene Schweizer – schon aufgrund fehlender Gegenkandidaten – wieder schaffen wird, Präsident des Milliardenunternehmens FIFA zu werden, steht außer Zweifel. In der ARD-Dokumentation "Sepp Blatter – Der verkaufte Fußball" wird anschaulich gemacht, wie der 79-jährige seine Kritiker mundtot macht oder sie wirkungsvoll einbindet und beschenkt. Am Dienstag berichtete das ZDF darüber, dass der 72-jährige Jack Warner aus Trinidad und Tobago wegen Korruptionsanschuldigungen als CONCACAF-Präsident zurücktrat. Er soll laut diesem Fernsehbericht, im Jahr 2002 und 2006 die WM-Fernsehrechte für die Karibik für jeweils nur einen Dollar von Blatter erhalten haben. Warner wiederum verkaufte die Rechte schließlich an die karibische Fußballunion weiter – um je 4,25 Mio. Dollar. Weder Warner noch Blatter wollten sich gegenüber dem ZDF zu den Vorwürfen äußern.

41 Stimmen vom CONCACAF-Verband

Solche Geschäfte sollen es sein, mit denen sich Blatter letztlich die wichtigen Stimmen bei den FIFA-Funktionären "erkauft", um weiterhin Präsident bleiben zu können. Jedes Land hat bei der Wahl ja nur eine Stimme, dem CONCACAF-Verband mit den karibischen und zentralamerikanischen Staaten gehören 41 nationale Fußballverbände an. Sein derzeitiger Präsident, Jeffrey Webb, zählt zu den engsten Vertrauten Blatters. Die CONCACAF-Konferenzen seien ein Heimspiel für ihn, sagte Blatter in einem Interview. Webb wurde nun ebenso verhaftet wie sechs seiner Kollegen.

Windtner bat Blatter um 100.000 Dollar

Unter den Verdacht, dass er sich von Blatter wegen seiner Stimme bei der FIFA-Wahl kaufen ließ, geriet nun auch der Präsident des Österreichischen Fußballverbandes (ÖFB), Leo Windtner.  

Ausgerechnet wenige Wochen vor dieser Wahl wird eine Fußballakademie, für die Windtner persönlich Gelder einsammelt, von der Fifa durch 100.000 Dollar unterstützt. Eine Zahlung, die Windtner von Blatter erbeten hatte. Direkt, von Präsident zu Präsident. Da drängt sich der Verdacht auf, dass sich Blatter von Windtner, der als Repräsentant Österreichs an der Fifa-Präsidentenwahl teilnehmen wird, Unterstützung erwartet.

Die Summe ist für ein Sozialprojekt in Afrika bestimmt, bei dem die Gattin des ÖFB-Chefs Schirmherrin ist. Pikant an der Sache ist, dass diese 100.000 Dollar im Jänner 2015 zuerst auf das Konto des Fußballbundes flossen. Der ÖFB schickte das Geld umgehend zurück und Windtner soll dann darum gebeten haben, den Betrag direkt auf das Konto des Fördervereins "Hope for Future" bei einer Linzer Bank zu überweisen, was dann auch geschehen ist. Die heimischen Medien hielten sich mit der Berichterstattung über diesen Vorfall – sagen wir einmal – vornehm zurück. Das wird wohl nicht damit zusammenhängen, dass Leo Windtner auch mächtiger Generaldirektor der Energie AG ist und man bei negativer Presse über Windtner Einbußen bei Inseratenschaltungen befürchten hätte müssen?

Windtner traf Blatter im Beckenbauer Camp

In Deutschland nahm man aber die Story genüsslich auf. Die Süddeutsche Zeitung wusste, dass der ÖFB-Präsident den FIFA-Boss bei einem Termin in Franz Beckenbauers Camp im Sommer 2014 auf das Projekt der Fußballakademie für Kinder in Kenia angesprochen habe. Der FIFA-Grande soll positive Signale gegeben haben. Und siehe da: Im Herbst, als Blatter wieder mit scharfer Kritik in aller Welt zu kämpfen hatte, auch wegen des Streits um den Report zu den WM-Vergaben 2018 an Russland und 2022 an Katar, fiel Windtner mit gefälligen Äußerungen über den FIFA-Boss auf: "Ich sehe derzeit keine Alternative zu Blatter", sagte er Ende November der Fußball-Website 90minuten.at.

Zufall oder nicht: Kurz nach Windtners freundlichen Worten für den FIFA-Patriarchen wurde das Projekt seiner Linzer Freunde in der FIFA zur Förderung bewilligt.

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