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Einbrecherbanden muss die Justiz künftig ein regelmäßiges Einkommen nachweisen, um sie härter zu bestrafen.

16. Juni 2015 / 21:41 Uhr

Neues Strafrecht als Einladung für Kriminaltouristen

Bei der geplanten Strafrechtsreform, die heute Dienstag im Ministerrat abgesegnet wurde, haben die Medien ihr Interesse bisher weitgehend auf die neuen „Po-Grapscher“-Gesetze focussiert. Dass die Reform aber auch eine Strafmilderung für eine ganze Reihe seit Jahren ansteigender Straftaten wie (Einbruchs-)Diebstahl oder Raub bedeutet, wird öffentlich bisher kaum diskutiert.

Die Maxime der Gesetzesänderungen, die schon ab 2016 in Kraft treten sollen, lautet: strengere Strafen für Delikte gegen Leib und Leben, geringere Strafen für Eigentumsdelikte. So werden für einige Delikte die Strafrahmen fast halbiert, etwa für gewerbsmäßigen Diebstahl oder Einbruchsdiebstahl (außer in Wohnungen). Auf Straftaten wie Bankanschluss-Diebstahl oder Neffentrick (§ 130, 148 StGB), bei denen meist alte Leute ausgeplündert werden, stehen dann nur noch maximal drei statt bisher fünf Jahre Haft.

Polizeiintern hat man wenig Freude mit diesem Teil der Strafrechtsreform, sind doch gerade Eigentumsdelikte in den letzten Jahren ständig im Steigen und die Aufklärungsquote gering, meist im einstelligen Bereich. Kein Wunder, rekrutieren sich die Täter doch in der Regel aus Ausländer-Banden oder Kriminaltouristen, die mit ihrer Beute oft schon über der Grenze sind, bevor die Opfer noch etwas bemerkt haben.

„Völlig falsches Signal“

Als „völlig falsches Signal“ sehen demnach viele Polizisten die Herabsetzung der Strafdrohung bei Einbruchsdiebstahl (außer in Wohnstätten). „Unserer Ansicht nach ist kein sachlich gerechtfertigter Grund vorhanden, etwa Einbruchdiebstähle in Autos oder Geschäfte mit geringeren Strafen als bisher zu ahnden“, so ein Kriminalbeamter.

Besonders stößt man sich auch an der neuen Bezeichnung „berufsmäßig“ statt bisher gewerbsmäßig. Denn gerade die nachgewiesene Gewerbsmäßigkeit – etwa bei Einbruchsdiebstahl (§ 130 StGB) – hat das Strafausmaß oft empfindlich hinaufgeschraubt. In Hinkunft muss den Banden ein quasi „Monatseinkommen“ nachgewiesen werden, damit die Taten als „berufsmäßig“ eingestuft werden.

Trickdiebe als „Facharbeiter“

„In der Praxis liegen uns bei vielen Straftaten – etwa Taschen- oder Trickdiebstahl – meist schon bei der Form der Tatbegehung ganz klare Indizien gewerbsmäßiger Tätigkeit vor. Um etwa jemandem unbemerkt die Taschen ausräumen zu können oder in einem Geschäft mit präparierten Behältnissen Waren zu stehlen, erfordert es eine profunde Ausbildung und gewissenhafte Vorbereitung, ähnlich einem Facharbeiter“, erklärt ein Polizeioffizier, der anonym bleiben will, den Berufsalltag.

Die Kriminalstatistik gibt den Kritikern recht: Zwischen 2013 und 2014 stiegen in Wien die Taschen-/Trickdiebstähle von 22.323 auf 23.177, die Einbruchsdiebstähle in Kfz von 7.333 auf 7.693.

Noch eindrucksvoller die langfristigen Veränderungen bundesweit: Zwischen 1980 und 2010 stiegen die Diebstähle (§ 127 StGB) von 27.461 auf unglaubliche 65.167 Delikte, die Einbruchsdiebstähle (§ 129) von 22.368 auf 45.357, die Raubdelikte von 516 auf 2.830.

Po-Grapscher und Wortklauber

Doch anstatt sich mit solchen gesellschaftlichen Entwicklungen, die breite Bevölkerungsgruppen betreffen, intensiver zu befassen und die richtigen Weichen zu stellen, werden „Po-Grapscher“-Gesetze gebastelt, als Kniefall vor der Frauenlobby. Dementsprechend sollen auch etliche Gesetzestexte „moderner“ werden. So stößt man sich an Begriffen wie „geistig abnorme“ Rechtsbrecher oder an den „Kriterien der Rassen“ im Verhetzungsparagraphen (§ 283 StGB). Man darf auf die neuen Ausdrücke gespannt sein – vielleicht „Rechtsbrecher mit besonderen Bedürfnissen“ oder „Kriterien von Menschen unterschiedlicher Geburtsmerkmale“?

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