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1. Jänner 2011 / 10:46 Uhr

Stadt Wien wirtschaftet mit Steuergeld grob fahrlässig

Alfred WanschMacht braucht Kontrolle. Besonders in Wien. Doch hier stehen die Freiheitlichen plötzlich alleine da, denn die Grünen regieren lieber, als zu kontrollieren. Schon bei der ersten Gelegenheit, das „Imperium des Michael Häupl“ unter die Lupe zu nehmen, fielen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou und ihre Kollegen um: Erstmals stimmten sie gegen den Antrag der Freiheitlichen, auch ausgegliederte Unternehmen der Stadt vom Rechnungshof prüfen zu lassen. Dies hatten die Grünen bis dato immer gefordert.

Macht korrumpiert. Bei den Grünen ging das sehr schnell. Spätestens jetzt ist auch den größten Optimisten klar, dass die Regierungsbeteiligung der Grünen in Wien nichts dazu beitragen wird, den Sumpf trocken zu legen. Dabei gebe es genug zu tun, um das Steuergeld der Wiener zu schützen. Blödheiten, die viel kosten, passieren am laufenden Band – etwa die Errichtung der Fahnenmasten auf dem Europaplatz. Allein bei diesem haarsträubenden Projekt wurde rund eine halbe Million Euro in den Wind geblasen. Der Grund: Die Masten waren zu eng gebaut, daher wehten die Fahnen nicht. Also wurde alles wieder weggerissen, der Schaden für die Steuerzahler blieb und es gab auch keine personellen Konsequenzen im Rathaus.

Alfred Wansch

Alfred Wansch

Alfred Wansch will im Kontrollausschuss den Sumpf trocken legen.
Foto: FPÖ

So geht es zu in der „Firma Häupl“, die es überhaupt nicht mag, wenn jemand genau prüft und Skandale aufdeckt. Die Freiheitlichen wollen dies tun. Mit Dietbert Kowarik stellt die Wiener FPÖ den stellvertretenden Vorsitzenden im Kontrollausschuss, und mit dem Juristen Alfred Wantsch, wird die freitheitliche Riege in diesem Gremium  nun verstärkt. Unzensuriert.at wollte von Wansch wissen, wie er seine neue Aufgabe sieht und was er als Kontrollor der Stadt bewirken möchte.

Die FPÖ hat eine große Aufgabe in der Kontrolle, weil die Grünen weggebrochen sind.  

Die Situation ist ein demokratiepolitisches Fiasko. Eine der wichtigsten Aufgaben und Pflichten der Opposition  ist die Kontrolle, da gibt es verfassungsrechtliche Möglichkeiten. In Wien haben wir eine historisch gewachsene, aber höchst unbefriedigende Situation, dass es hier kein unabhängiges Kontrollorgan gibt, sondern eine Dienststelle des Magistrats. Zwar weisungsungebunden, doch was das im realen Leben bedeutet, für die Menschen, die für die Stadt Wien arbeiten, kann man sich vorstellen. Das heißt: Bürgermeister Michael Häupl hält sich ein Kontrollamt, also bezeichnender Weise ein Amt, das seine Tätigkeit kontrollieren soll. Diese unbefriedigende und unerträgliche Situation war in den vergangenen Jahren Anliegen aller Oppositionsparteien. Dann findet die erste Sitzung des Gemeinderates statt. Dort wird genau dieses Anliegen vertreten und plötzlich kommt von Seiten der Grünen die Ablehnung dieses Antrages. Sie haben damit dafür gesorgt, dass Häupl und Co weiterhin unkontrollierbar sind.

Schade, denn es liegt viel im Argen. Zum Beispiel hat der Rechnungshof den Umgang der Stadt Wien mit den Schulden kritisiert. Konkret: Bei Kreditbeschaffung durch einen Fremdwährungskredit wurde weder eine Risikoanalyse noch eine Risikobewertung durchgeführt. Ist das fahrlässig?

Es ist auf jeden Fall fahrlässig, juristisch gesehen sogar grob fahrlässig. Man muss sich vorstellen, dass der Fremdwährungskredit deshalb im Schweizer Franken aufgenommen wurde, weil der Schweizer Franken günstigere Zinssätze hat als z.B. die Verschuldung im Euro. Das bringt möglicherweise einen kurzfristigen Erfolg, aber man muss sich als Geschäftsmann auch fragen, wo das Risiko liegt. Das liegt darin, dass der Fremdwährungskurs sich verändert. Das heißt: Wenn ich einen Kredit in Schweizer Franken aufnehme, muss ich am Ende der Laufzeit wieder Schweizer Franken kaufen, um ihn zurückzuzahlen. Wie hoch dieser Betrag zu diesem Zeitpunkt ist, kann heute keiner sagen. Der Rechnungshof hat festgestellt, dass es für diese Geldgeschäfte nicht einmal ansatzweise eine Analyse oder Beurteilung darüber gibt, wie sich das Risiko auswirken kann. Was die Stadt Wien hier mit dem Geld seiner Steuerzahler macht, ist Blindflug. Das ist deshalb so verwerflich, weil wir in den vergangenen Jahren miterlebt haben, wie nicht nur Banken, sondern sogar Staaten über Spekulation in den Untergang geführt wurden. Vor diesem Hintergrund macht die Stadt Wien auf „Augen zu und durch“. Aufgrund der Währungssituation hat die Stadt Wien 2010 eine halbe Milliarde Euro mehr Schulden.  

Das Geld ist ja noch nicht weg, sondern dieser Fall könnte erst am Ende der Dahrlehenslaufzeit eintreten.

Dieses Risiko wird am Tag der Abrechnung schlagend. Wenn der Kredit abgelaufen ist und wir zurückzahlen müssen, dann werden wir zur Kassa gebeten. Wir können ja nicht nach dem Prinzip Hoffnung wirtschaften. Kein vernünftiger Mensch wird derartige Geschäfte machen, im Gegenteil: Man schaltet durch Kurssicherungsinstrumente dieses Risiko aus. Da bezahlt man einen gewissen Betrag, der sehr oft den Zinsvorteil aufhebt, aber dazu führt, dass man kalkulierbare, sichere Grundlagen hat und nicht die kommenden Jahre mit einem nicht bekannten Risiko belastet. Das ist der Vorwurf der Freiheitlichen auch im heurigen Budget, weil diese Kurssicherungsmaßnahmen nicht ergriffen wurden.

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Kann das nachträglich gemacht werden?

Ja, jederzeit. Da greift man nicht in bestehende Verträge ein, sondern man schließt ein Zusatzgeschäft ab. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt dafür. Doch die Verantwortlichen der Stadt haben aus der Kritik vom Rechnungshof keine Lehren gezogen und fahren weiter auf Blindflug.

Die Stadt Wien dürfte überhaupt risikobereit sein, wenn es um Finanzgeschäfte geht. Stichwort „Cross Boarder Leasing“.  Bekanntlich hat die Stadt ja einen Teil des Kanalnetzes und sogar Straßenbahnen verkauft und dann wieder zurück geleast. Was halten Sie von solchen Geschäften?

In diesen Cross-Boarder-Geschäften gibt es, vorsichtig ausgedrückt, zwei grobe Verfehlungen: Wieder das unkalkulierbare Risiko und die Gebührenwahrheit gegenüber den Wienerinnen und Wiener. In der roten Alleinregierung waren die Cross-Boarder-Geschäfte in Mode. Im Grunde geht es um Steuervorteile, die sich irgendwelche Unternehmen irgendwo auf der Welt lukrieren. Zuerst wird z. B. das Kanalnetz von Floridsdorf und Donaustadt verkauft, dann mietet es die Stadt Wien wieder, um es später unterzuvermieten.

Zwischenfrage: Wem gehört das Kanalnetz im 21. Und 22. Bezirk?

Eine gute Frage, die aber keiner beantworten kann. Wenn Sie den zuständigen Stadtrat in Wien dazu befragen, wird er Ihnen einen hundert Seiten starken Vertrag in englischer Sprache vorlegen und dazu sagen: „Wenn Sie daraus schlau werden, wem das Kanalnetz derzeit tatsächlich gehört, bin ich Ihnen ewig dankbar.“ Der zuständige Stadtrat weiß das nicht einmal. Das Verwerfliche an den Wiener Cross-Boarder-Verträgen ist, dass  die Stadt das Risiko trägt, am Ende des Tages ohne Kanalnetz dazustehen und zusätzlich noch die gesamte Transaktionssumme aufbringen zu müssen. Kurzfristig können zwar Zinsvorteile lukriert werden, aber keiner weiß, bei welcher Bank oder welcher Briefkastenfirma unser Geld liegt und was dabei zum Schluss herauskommt.  Wir reden da von einem Milliarden-Risiko.

Es kann aber auch gut ausgehen.

Ja. Das Casino lebt davon, dass Leute hingehen, auf rot oder schwarz setzen. Für den einen geht es gut aus, der andere verliert das ganze Geld.

Was kann der Kontrollausschuss tun?

Der Kontrollausschuss wird sich auf Empfehlung des Rechnungshofes massiv einsetzen, dass  zumindest einmal Transparenz im Wiener Zahlenberg geschaffen wird. Die Bürger müssen wissen, welches Risiko die Stadt da eingegangen ist. Weil die Bürger müssen das ja auch bezahlen, Häupl wird die Schulden nicht übernehmen.

Ist es verständlich, dass die Stadt Wien bei Kanal-, Wasser- und Müllgebühren gute Geschäfte macht und Millionen Euro Gewinne erzielt, trotzdem aber höhere Gebühren einhebt?

Da geht die Finanzstadträtin Renate Brauner einen anderen Weg: Sie schröpft die Bürger und geht überhaupt kein Risiko ein. Der Rechnungshof hat gemahnt, dass diese Gebühren nach dem Kostendeckungsprinzip eingehoben werden sollten. Die Stadt Wien sollte also soviel einheben, wie sie tatsächlich dafür ausgibt. Die Stadt Wien, die in Finanznot geriet, weil sie jahrzehntelang Geld verprasste – auch mit teuren Inseraten für Selbstdarstellungen der Politiker in Medien –,  holt sich so mehr Geld von den Bürgern. Der Rechnungshof hat  aufgezeigt, dass die Gebühren 20 bis 30 Prozent über den tatsächlichen Kosten liegen. Hunderte Millionen fließen so in den allgemeinen Haushalt, in einen Topf, der nie versiegt. Der ertappte Täter reagiert auf die Kritik des Rechnungshofs aber nicht, er negiert sie einfach.

Trifft das auch bei der Energie zu. Hebt Wien Energie höhere Gebühren ein, als sie sollte?

Die Preise bilden sich grundsätzlich im freien Wettbewerb. Jeder Bürger kann sich seinen Anbieter selbst aussuchen. Es geschah aber folgendes: Mit der Gründung der Energie Allianz haben Wien Energie und die EVN in Niederösterreich den freien Wettbewerb quasi unterlaufen und eine Art Monopolstellung im Osten geschaffen. Das mag gesellschaftsrechtlich alles zulässig sein, doch weil diese Unternehmen zum Teil im Besitz von öffentlichen Körperschaften stehen, ist es besonders verwerflich, dass dieses politische und wirtschaftliche Recht der Bürger, billigeren Strom zu bekommen, unterlaufen wird.

Dennoch kann jeder Bürger z. B. zur Kelag wechseln und von dort den Strom beziehen?

Das ist richtig. Doch die Leute wissen davon faktisch nicht und Hand aufs Herz: Welche Wienerin oder welcher Wiener nimmt sich schon die  Zeit dafür, dass er sich darum kümmert? Es muss doch möglich sein, dass ich als Bürger, der hier lebt und Steuern zahlt, den besten Strompreis angeboten bekomme, ohne dass ich mich umschauen muss, wo auf der Welt ich den billigsten Strom her bekomme.

Bei den Finanzprobleme der Stadt geht es nicht immer um Milliarden, viel öfter um Millionen. Beispiel: Bei der Erneuerung der Ringstraßenbeleuchtung kam es zur kuriosen Situation, dass eine Firma die Rechnung schon vor Beauftragung an die Stadt Wien sandte. Riecht es da nicht nach Freunderlwirtschaft?

Ich bin immer sehr vorsichtig, wenn ich über strafrechtliche Kategorien rede. In der Privatwirtschaft würde man sofort über das Strafrecht nachdenken. Was ist in der öffentlichen Verwaltung anders? Es handelt sich um fremdes Geld. Und mit dem fremden Geld wird unter Umgehung der Gesetze gewirtschaftet. Tatsächlich macht man aus dem Vergaberecht ein Scheinverfahren, das ist ungeheuerlich. Die Ausschreibung wird zur Farce. Jemand wird sich schon einen Vorteil verschafft haben. Unter Freunden.

Was können Sie im Kontrollausschuss beitragen, damit es besser wird?

Meine Stärke ist sicherlich, dass ich einen gesunden Menschenverstand einbringe. Die Ausbildung als Jurist und meine bisherigen beruflichen Erfahrungen im Wirtschaftsleben geben mir die Möglichkeit, in wirtschaftlich-juristischen Zusammenhängen zu denken. Und genau das ist erforderlich, wenn es darum geht, die Gebarung der Stadt Wien zu kontrollieren. Gemeinsam mit meinem Fraktionsobmann im Kontrollausschuss, Dietbert Kowarik, und meinen anderen Kollegen möchten wir den Verantwortlichen auf die Finger schauen und wenn es jemanden gibt, der den Mut hat, Fehler aufzuzeigen, dann sind es die Freiheitlichen. Wir werden aufmerksam sein, denn die Stadt Wien ist in einer gefährlichen Situation: Jahrzehntelang ist sie von der roten Alleinregierung geplündert worden, jetzt müssen auch noch die Träumereien der Grünen finanziert werden.

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