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4. März 2011 / 11:36 Uhr

Pilz-Dissertation: Zu dünn für ein Plagiat

Die Plattform Plagipedi widmet sich der Untersuchung von Disserationen prominenter Menschen, darunter sind viele Politiker. Aus Österreich hat es zunächst einmal EU-Kommissar Johannes Hahn, den Grünen-Abgeordneten Peter Pilz und Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser mit seiner Diplomarbeit erwischt. Ihre Werke wurden zur Untersuchung vrgeschlagen. Während sich die Medien – wie immer – auf Grasser konzentrieren und die Vorwürfe gegen Hahn ohnehin schon altbekannt sind, war Pilz schnell aus den Schlagzeilen und geht in seiner Haus-Postille “Österreich” weiterhin ungestört seiner Tätigkeit als “Aufdecker” nach – in einem Artikel über auf Unzensuriert.at längst berichtete Kampusch-Ungereimtheiten und pikanterweise in einem Bericht über die Grasser-Arbeit wird ihm die lobende Bezeichnung zuteil.

Also opfern wir uns und sehen uns Pilz’ Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades “Doctor rerum socialum oeconomiaruque” zum Thema “Ökonomische Bedeutung der Einführung neuer Medien in Österreich” an – mit aller gebotenen Vorsicht, denn der Grün-Politiker ließ gleich ausrichten, dass er recht unangenehm werden könne:  “Sollte jemand auch nur ansatzweise einen Plagiatsvorwurf erheben, hat er am nächsten Tag eine zivilrechtliche Klage am Hals.” Die Arbeit sei nämlich ein ordentlicher Aufwand gewesen, sagt Pilz. Aber welche Arbeit war das schnell noch mal? In der Presse, die zahlreiche heimische Politiker nach den Themen ihrer Arbeit und der Dauer ihrer Studien befragt hat, steht bei Pilz das Dissertationsthema: “Rüstungskonversion (Umstellung von militärischer auf zivile Produktion)”. Dort, wo das korrekte Thema angegeben war, hatten die Journalisten die Information teilweise nicht von Peter Pilz, sondern aus anderen Quellen.

Was war noch schnell der Titel der Arbeit?

Aber was soll’s? Es sei ihm nachgesehen, dass er sich an die 1983 verfasste Arbeit nicht mehr so genau erinnern kann, denn so spektakulär ist sie wirklich nicht. Nicht um Pilz’ Klagsdrohungen zu entgehen, sondern als Ergebnis einer kurzen Überprüfung stellen wir fest: Die Arbeit ist mit größter Wahrscheinlichkeit kein Plagiat, denn so viel steht da gar nicht drinnen, dass sich der Verdacht aufdrängen würde, Pilz habe von dem Wenigen auch noch etwas unzitiert abgeschrieben.

Die technischen Daten: 184 locker bedruckte Seiten inklusive Literatur- und Abkürzungsverzeichnis, davor vier mit römischen Ziffern bezeichnete Seiten “Einleitung und Thesen” und das Inhaltsverzeichnis. Etwa 60 Seiten füllen Tabellen, teilweise mit Quellenangabe aus Büchern und Heften kopiert, zum überwiegenden Teil mit größtmöglichem Platzverbrauch selbst erstellt, meist auf Basis eigener Schätzungen oder Berechnungen, vermischt mit vorhandenem Zahlenmaterial. Dazu gibt es mehr als 50 handgefertigte Diagramme (sie tragen keine Seitenzahl), denen man den ordentlichen Aufwand tatsächlich ansieht, zumal Pilz mit teils schon recht zittriger Hand die Linien gezeichnet hat.

Farbfernsehermarkt trocknet laut Pilz aus

Inhaltlich dreht sich die Arbeit um die damals neuen Medien BTX, Satelliten- und Kabelfernsehen. Recht originell ist Pilz’ Schätzung, was den Absatz von Farbfernsehgeräten betrifft. Nach jährlichen Verkaufszahlen von 264.00 im Jahr 1978 prognostiziert er einen Rückgang auf rund 61.000 im Jahr 1990. Zusammenfassend stellt Pilz fest: “Angesichts der zu erwartenden wirtschaftlichen Entwicklung in den 80er-Jahren erscheint es als zweifelhaft, daß sich die behandelten neuen Medien in dem von ihren Betreibern erhofften Ausmaß durchsetzen werden können. [.] Wenn sich heute eine Flaute im Geschäft mit den neuen Medien abzeichnet, wenn man getrost feststellen kann, daß sich die Bedürfnisse nach mehr Fernsehen via Kabel und Satellit und nach BTX in doch eher engen Grenzen halte, stellt sich die Frage, warum weiter an einer baldigen Einführung bzw. an einem weiteren Ausbau dieser Medien gearbeitet wird.” Für Pilz ist dabei klar: “Der Konsument kommt in den Konzepten nur in einer Rolle vor: Er soll aquiriert werden, er soll ein Geschäft sein. Und um dieses Geschäft zu machen, sind einige Unternehmen noch bereit, ihr Kapital zu riskieren.”

Plagiate haben auch ihre Vorzüge

Wenn schon die Prognosen in den folgenden Jahrzehnten eindrucksvoll widerlegt wurden, so konnte Doktorvater Alexander van der Bellen anhand dieses Satzes gewiss feststellen, dass Pilz die Gesetzmäßigkeiten der Wirtschaft verstanden hatte.

Zwei Dinge sind uns beim Studium der Pilz’schen Arbeit klar geworden:

  1. Ein Plagiat hat auch positive Aspekte. Es legt den Schluss nahe, dass sein Verfasser zwar keine gescheiten Dinge geschrieben, diese aber immerhin gelesen hat.
  2. Die Einsetzung Alexander van der Bellens als Hochschulbeauftragter der Stadt Wien ist ein wirksamer Versuch, die Akademikerquote massiv und nachhaltig zu heben.

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