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1. Juni 2011 / 11:14 Uhr

Neu-Positionierung der Türken in Österreich

BildDemnächst wird Österreich einen neuen Botschafter bekommen, dessen Bestellung vor allem Israel treffen soll. Das passiert zeitgleich mit der türkischen Machtübernahme in der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) und steht auch in Verhältnis zueinander. Vernetzung und Vormarsch der türkischen Regierung in Österreich gehen weiter.

Die Abberufung des türkischen Botschafters Kadri Tezcan, der sich wie ein Kamel im Porzellanladen benommen hatte, schien längst fällig. Türkei-Kennern war jedoch klar, dass Mannes- und Türkenstolz eine gewisse zeitliche Distanz benötigen würden, um sich nicht als Unterlegene fühlen zu müssen. So nützte man den ersten Jahrestag des tödlichen Zwischenfalls zwischen israelischen Soldaten und einer islamistischen Besatzung eines türkischen Schiffes vor der Küste des Gaza-Streifens, um Israel zu brüskieren.
Anstatt wie geplant Kerim Uras als Botschafter nach Tel Aviv zu entsenden, wird dieser ersatzlos nach Wien „umgeleitet“. Vermutlich wird Israel auch seinen Noch-Botschafter in Ankara, Gaby Levy, nicht mehr ersetzen. Diese diplomatische Eiszeit kreist Israel weiter ein und bringt der neo-osmanischen Führung der Türkei viel Beifall aus der arabischen Welt.

Türken übernehmen Kommando in der Glaubensgemeinschaft

Der neue Botschafter Kerim Uras kommt rechtzeitig zum Regimewechsel in der IGGiÖ nach Wien. Jahrelang hatte Präsident Anas Schakfeh eine Neuwahl samt Verfassungsänderung angekündigt. Schakfeh stammt aus Syrien und arbeitete parallel zu seinem Amt in der Kulturabteilung der saudi-arabischen Botschaft. Im wahabitischen Saudi-Arabien herrscht bekanntlich religiöse Apartheid – Nichtmuslimen ist der Zutritt zu Mekka verwehrt und sie müssen sogar eigene für sie gekennzeichnete Autobahnspuren verwenden.

 

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Die Türken geben nicht nur auf der Straße (hier bei einer Demo gegen Israel)
den Ton an, sondern nun auch in der Islamischen Glaubensgemeinschaft.
Foto: Jonas_Reis / flickr / (CC BY-NC-SA 2.0)

Nach monatelangen Wahlen in allen Bundesländern steht nun fest: Die Araber konnten zwar mehr Mandate als die zahlreicheren Balkanmoslems auf sich vereinigen, aber gegen die deutlich häufigeren Türken und deren Organisationen hatten sie keine Chance. 154 der 209 Delegierten stellt nun der „türkische Block“, der die arabische Muslim-Bruderschaft ablöst, während diese derzeit in Ägypten und anderen Unruhestaaten nach der Macht greift. Am stärksten wurde die Islamische Föderation (IF), Österreich-Ableger der radikalen Milli Görüs mit 70 Mandaten, gefolgt von ATIB mit 40, eine Minarette bauende Vereinigung, die von der türkischen Botschaft geführt wird und dem Religionsamt in Ankara untersteht. Drittstärkste wurde die UIKZ (Union Islamischer Kulturzentren), die in ihren 39 Moscheezentren einem mystischen Islam huldigt sowie daheim gebliebene Kinder von in die Türkei gereisten Eltern betreut und religiös erzieht. Letztes Wochenende wählte die IF den ATIB-Vize Nihat Koca zum Chef der IGGiÖ-Wien, im Zuge dieser Quasi-Koalition wird Fuat Sanaç von der IF Ende Juni zum IGGiÖ-Präsidenten gewählt.

Islamisch oder ohne Bekenntnis?

Unklar bleiben die Zahlen: 400.000-600.000 Moslems soll es in Österreich geben. Weil 40 Euro Kultusumlage zu zahlen sind, registrierten sich nur 27.000 in der IGGiÖ, wovon sich knapp 10.000 an der Wahl beteiligten. Wenn jemand in Österreich aus einer christlichen Gemeinschaft austritt – und sei es, weil er einfach nicht zahlen will/kann – und ansonsten trotzdem christliche Traditionen pflegt, gilt er ungeachtet dessen nur mehr als „ohne Bekenntnis“. Die IGGiÖ wird in Messung zweierlei Maß wohl weiterhin als Vertreterin von „hunderttausenden Muslimen“ gelten.

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