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11. Juni 2011 / 09:49 Uhr

Presserat distanziert sich von sich selbst

Der Österreichische Presserat ist zum Krenreiben. Das hat einmal ein bekannter Journalist gesagt. Der Geschäftsführer dieses Presserates, Mag. Alexander Warzilek, liefert jetzt einen weiteren Beweis für diese Journalisten-Meinung: Er verlangt vom Online-Medium Unzensuriert.at, für das der Presserat laut eigener Aussage von Warzilek gar nicht zuständig sei, eine Richtigstellung in Zusammenhang mit dem Artikel über den Pressesprecher der Wiener Linien, Mag. Answer Lang. Nämlich: dass sich der Presserat von Herrn Lang nicht distanziere und dass die Äußerungen von Herrn Lang beim Presserat nicht auf Unverständnis stießen. Eine Distanzierung von der Distanzierung bzw. von sich selbst also.

Answer Lang, der Kommunikationschef der Wiener Linien, scheint aufgrund seiner Äußerungen beim Arbeitgeber wohl unter Druck geraten zu sein und hat deshalb vielleicht sogar selbst Druck beim Presserat ausgeübt. Anders ist es nicht zu erklären, warum sich Geschäftsführer Warzilek erst eine Woche nach Erscheinen des Artikels bei Unzensuriert.at meldet und auf eine Richtigstellung pocht. Wir zitieren wörtlich:
Mit großem Befremden habe ich festgestellt, dass Sie auf der Homepage unzensuriert.at berichtet haben, dass sich der Presserat von Herrn Mag. Answer Lang distanziert. Dies entspricht nicht den Tatsachen. Ich habe Ihnen lediglich mitgeteilt, dass Herr Lang bei uns keine Funktion ausübt, es ihm aber selbstverständlich freisteht, Berichte dahingehend zu bewerten, ob sie seiner Meinung nach mit dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserats in Einklang stehen. Ich habe Ihnen auch nicht mitgeteilt, die Äußerungen von Herrn Lang würden bei uns auf Unverständnis stoßen, sondern kein Werturteil hinsichtlich des Verhaltens von Herrn Lang abgegeben.

Dass sich der Presserat von Herrn Lang distanziert, ist tatsächlich eine Formulierung von uns. Aber, wie wir meinen, journalistisch durchaus vertretbar, nachdem Answer Lang mit seinen Aussagen den Eindruck vermittelte, Mitglied des Presserates und Hüter des Ehrenkodexes für die österreichische Presse zu sein. Beides hat der Österreichische Presserat auf Anfrage bestritten, weshalb wir diese Formulierung verwendeten.

Des Presserates medienethische Bedenken

Dass der Presserat es mit dem Distanzieren nämlich durchaus hält, beweist Warzilek in seiner Aufforderung an die Redaktion:
Ich persönlich habe auch nicht den Eindruck, dass sich Herr Lang als „Hüter unseres Ehrenkodex“ aufgespielt hat – diese Formulierung stammt von Ihnen.
Vielmehr habe ich das Gefühl, dass es sich um einen Versuch von Ihnen bzw dem Medium „unzensuriert.at“ handelt, den Österreichischen Presserat zu instrumentalisieren und für Ihre eigenen Zwecke zu missbrauchen.
Ich und auch der Österreichische Presserat distanzieren uns aufs Schärfste von einer derartigen Vereinnahmung und Vorgehensweise, die im Übrigen auch medienethisch äußerst bedenklich ist.

Medienethisch bedenklich finden wir eher, wenn der Geschäftsführer des Presserats die eigenen Regeln, nämlich den Ehrenkodex, der Beliebigkeit preisgibt, inderm er schreibt:
Herrn Mag. Lang steht es frei, Ihre Homepage bzw die dort abrufbaren Artikel dahingehend zu bewerten, dass diese mit unserem Ehrenkodex nicht vereinbar sind. Das Recht auf freie Meinungsäußerung gehört zu den wichtigsten Gütern in unserer Demokratie, das hat gerade der Österreichische Presserat entsprechend zu respektieren.

Wirkt geballte Inseratenmacht auch auf den Presserat?

Das ist ja putzig: Die politisch motivierten Attacken eines SPÖ-sozialisierten Pressesprechers auf ein unabhängiges Medium werden mit der Meinungsfreiheit legitimiert. Die nehmen wir uns dann auch einmal und halten fest, dass unserer Meinung nach das Werbebudget der Wiener Linien und des Konglomerats, in das diese Firma eingebettet ist, offenbar icht nur auf die Mitgliedszeitungen des Presserates, sondern auch auf die Organisation selbst wirkt. Anders ist diese künstliche "Neutralität" zwischen einem Medium und einem völlig aus dem Rahmen fallenden Pressesprecher nicht zu erklären.

Schwere Vorwürfe – keine Antworten 

 

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Answer Langs Stellungnahme bleibt ausständig.
Foto: Wiener Linien

Zur Vorgeschichte: Unzensuriert.at bat den Pressesprecher der Wiener Linien, Lang, zu schweren Vorwürfen, die Mitarbeiter der Wiener Linien erhoben (Sexuelle Belästigung und Mobbing), Stellung zu nehmen. Eine normale, routinemäßige Arbeit für einen Journalisten, der so auch dem Beschuldigten die Möglichkeit gibt, seine Sicht darzustellen. Doch so eine Reaktion eines Pressesprechers hatten wir noch nie erlebt:

Bei einer kurzen Recherche zu dem Medium, das Sie beauftragt hat, musste ich feststellen, dass die journalistischen Grundsätze der Objektivität und Unabhängigkeit nicht eingehalten werden und die Berichterstattung auch in mehreren Punkten dem Ehrenkodex des österreichischen Presserats widerspricht. Vielmehr scheint es sich um eine parteiliche Homepage mit rechtsextremen Einschlag zu handeln. Ich ersuche Sie um Verständnis dafür, dass wir uns nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, mit einem derart belasteten Medium zusammenzuarbeiten.

„Mister No Answer“ Lang, wie Unzensuriert-Kommentator ceterum censeo trefflich formulierte, ging auf die Vorwürfe überhaupt nicht ein, was schon einmal ungewöhnlich ist und eigentlich auch Thema eines seriösen und unabhängigen Presserates sein könnte. Unsere Leser jedenfalls zeigten für diese abtenteuerliche und durch nichts begründete Haltung des SPÖ-Mannes kein Verständnis. „Ich erwarte, dass ein Pressesprecher Stellung nimmt. Tut er das nicht, dann spricht das für sich – vor allem gegen ihn. Er hat natürlich ganz offensichtlich weniger Probleme mit dem Medium, als mit den Vorwürfen“, meint Knieriem in seinem Kommentar. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

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