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30. Juni 2011 / 00:09 Uhr

Staatsanwälte küsst man nicht – und mag man nicht

Landesgericht„Staatsanwälte küsst man nicht!“ – Was Robert Redford im Film noch mühelos entkräften konnte, setzt der heimischen Zunft der Anklagevertreter ziemlich zu, denn: Man küsst sie nicht nur nicht, sondern man mag sie auch nicht. Dabei sind es längst nicht nur Kriminelle, was verständlich wäre, die Unbehagen gegenüber der Justiz empfinden, sondern ganz gewöhnliche, unbescholtene Bürger. Ihr Vertrauen in die Justiz ist völlig zerrüttet. Schuld sind die Staatsanwälte.

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Der Ruf der Justit ist ruiniert, sagt eine Umfrage der Anwaltskammer.
Foto: Sebastian Baryli / pixelio.de

Nur noch acht Prozent der Österreicher vertrauen der Justiz voll und ganz, 71 Prozent tun das teilweise, und bereits 21 Prozent eher nicht oder gar nicht. Das ergab eine Umfrage der niederösterreichischen Rechtsanwaltskammer. Unzweifelhaft tragen jene spektakulären Verfahren die Hauptschuld an der schlechten Bewertung, die sich jahrelang hinziehen und dann – sofern sie überhaupt vor Gericht enden – durchaus merkwürdige Ergebnisse bringen. Bis zum Gerichtsverfahren sind nach der letzten Strafprozessreform die Staatsanwälte die Alleinverantwortlichen, denn seit Anfang 2008 sind sie die Herren über die Ermittlungsverfahren, Untersuchungsrichter gibt es nur noch in wenigen Ausnahmefällen.

Die Betroffenen versuchen die Misere auf sie schlechte Presse abzuwälzen. „Wesentlich ist, dass wir im Nachhinein klar machen, warum welche Entscheidung ergangen ist und dass wir die gesetzlichen Möglichkeiten dafür bekommen“, zog sich in der Zeit-im-Bild 2 Werner Pleischl, der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, aus der Affäre. Die detaillierte Begründung in aufsehenerregenden Verfahren soll ab September möglich sein. Ob es tatsächlich nur am schlechten Verkauf liegt, dass das Ansehen der Staatsanwälte und mit dem ihren auch das der Justiz derart angeschlagen ist, darf jedoch bezweifelt werden. Werner Pleischl selbst etwa ist einer jener fünf Staatsanwälte, gegen die Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs laufen. Grund dafür sind die höchst dubiosen Recherchen im Entführungsfall Natascha Kampusch. Die Vorwürfe wurden nicht etwa von sensationslüsternen Journalisten erhoben, sondern vom früheren Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, Johann Rzeszut, der als Mitglied der Evaluierungskommission der Meinung war, die Ermittlungsbehörden hätten eine „langfristige Verzögerung bzw. bis zuletzt gänzliche Unterlassung nachhaltigst indizierter wesentlicher Ermittlungsschritte“ zu verantworten.

Ungleiche Ermittlungen gegen und für Banken

Der Fall Natascha Kampusch ist einer jener, die im Anfang Juli erscheinenden Unzensuriert-Magazin mit dem Schwerpunkt Justiz gründlich beleuchtet werden. Dazu auch große Verfahren gegen (oder für?) Banken. Krasse Unterschiede gibt es etwa in der Verfolgung der mutmaßlichen Straftaten, die zu den Zusammenbrüchen der Hypo Alpe Adria und der Kommunalkredit geführt haben, wenngleich die Höhe des Schadens vergleichbar ist. Während in Kärnten seit Monaten eine Sonderkommission und eine „CSI“ ohne zählbare Ergebnisse tätig sind, scheint das zypriotische Zocker-Desaster der Kommunalkredit (SPÖ-Bildungsministerin Schmied saß für einige Zeit im Vorstand) in der Staatsanwaltschaft kaum Interesse hervorzurufen.

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Ob es bei solchen Affären ausreicht, die getroffenen Entscheidungen zu begründen, ist fraglich – und auch, ob sie sich auf Basis der Gesetze überhaupt begründen lassen.

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