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20. September 2011 / 00:07 Uhr

Inseraten-Affäre: Der Abwehrkampf von Werner Faymann

ZeitungswerbungDer Kurier hat als erste Zeitung Bundeskanzler Werner Faymann und Staatssekretär Josef Ostermayer (beide SPÖ) wegen der Inseraten-Affäre an den Pranger gestellt. Dass dies nicht ohne Folgen bleiben kann, war Politik-Insidern klar. Schneller als gedacht, ließ Wolfgang Fellner (Tageszeitung Österreich) seine Barracuda-Journalisten auf Kurier-Chefredakteur Helmut Brandstätter los. 

Kann das Zufall sein? Mitten in der Auseinandersetzung um Inseratenschaltungen, die Faymann als Infrastrukturminister und Ostermayer als Kabinettchef bei den ÖBB und bei der ASFINAG für Boulevardmedien bestellt haben soll, erscheint in der Tageszeitung Österreich eine Geschichte über Kurier-Chefredakteur Helmut Brandstätter. Dieser soll den Österreichischen Bundesbahnen ein Angebot für Lobbying gemacht haben. Und zwar vor seiner Bestellung als Chefredakteur des Kurier, über seine damalige Firma „Brandstätter Business Communications“. In einer Presseaussendung warf Brandstätter Österreich vor, „bewusst die Unwahrheit“ zu schreiben. 

100 Millionen für Inserate, nur 12,8 für Presseförderung

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Die großen Profiteure der Inseratenflut:
Kronen Zeitung, Österreich und Heute.
Foto: Unzensuriert.at

Der Angriff auf Brandstätter erfolgte einen Tag, nachdem der Kurier in seiner Sonntagsausgabe nochmals über die 500.000-Euro-Medienkooperation mit der Kronen Zeitung aus dem Jahr 2007, aber auch über eine 1,5-Millionen-Euro-Medienkooperation berichtete, bei der zum Großteil die Tageszeitung Österreich und die Gratiszeitung Heute profitiert haben sollen. Wie viel Geld aus allen öffentlichen Institutionen für PR und Anzeigen an Zeitungen fließen, kann nur geschätzt werden, jährlich sollen das an die 100 Millionen Euro sein. Die offizielle Presseförderung machte 2010 nur rund 12,8 Millionen Euro aus. Das öffentliche Bild, dass jene Medien, die unkritisch über Faymann berichten, mehr Inserate bekommen, untermauert eine Erhebung des Verbandes der Österreichischen Zeitungen (VÖZ), wonach Anzeigen von Politik und staatsnahen Betrieben bei Heute und Österreich einen besonders hohen Anteil am Gesamtaufkommen ausmachen. 

Im Zuge der Kurier-Berichterstattung über ÖBB-Inserate kam auch der SPÖ-nahe Echo-Verlag wieder einmal in die Schlagzeilen. Ein Ex-ÖBB-Manager behauptete, dass der Echo-Verlag massiv Druck ausgeübt habe, um zu Inseraten für das Bezirksblatt oder das VOR-Magazin zu kommen. Via ORF.at wies Echo-Geschäftsführer Christian Pöttler die Vorwürfe aufs Schärfste zurück, stellte juristische Konsequenzen in Aussicht. 

Wie heiß das Thema „Inserate“ ist, zeigt auch der verzweifelte Versuch von Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ), Bundeskanzler Faymann zu verteidigen. Mehr als ein Ablenkungsmanöver wurde es aber nicht: Bures stellte sich lediglich öffentlich die Frage, welche Rolle Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) bei den Schaltungen von Betrieben im Einfluss der Staatsholding ÖIAG spiele. Fekter ist Eigentümervertreterin für Staatsanteile von Telekom Austria, Post AG und OMV. Was das mit der Inseraten-Affäre, die Faymann und Ostermayer betrifft, zu tun hat, weiß wahrscheinlich nur Bures. Eigentlich sagte sie damit ja nur: „Schaut her, die ÖVP macht das ja auch!“

Anklage wegen Nötigung und Erpressung? 

Jedenfalls ist es mutigen Ex-ÖBB-Managern und dem Kurier zu verdanken, dass die Sache ins Rollen gebracht wurde. Schließlich auch dem FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky, der die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingebracht hat. Mit „Unsinn und längst erledigt“ kann Faymann die Affäre nicht mehr abtun, denn wie der frühere Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler im Sonntag-Kurier sagte, seien theoretisch folgende rechtlichen Folgen möglich: „Wenn das so stimmt, was ja bestritten wird, dann wäre das ein Eingriff in die Autarkie des Vorstandes. Faymann als damaliger Eigentümervertreter hätte niemals dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat derartige Weisungen erteilen dürfen. Auf der anderen Seite hätte auch der Vorstand eine solche Weisung, so es sie gab, ignorieren müssen. Wenn es tatsächlich so war, dann könnte es sich um Untreue der Vorstandsmitglieder handeln – sowie der Regierungsmitglieder, die als Beitragstäter infrage kämen.“ Sollte unverhohlen Druck auf den Vorstand ausgeübt worden sein, könnte die Anklagen gegen Faymann und Ostermayer bis hin zu Nötigung und Erpressung gehen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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