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14. Dezember 2011 / 09:31 Uhr

Rote Spekulanten vernichteten verstaatlichte Industrie

BildDie österreichische verstaatlichte Industrie war seit ihren Anfängen nach dem Zweiten Weltkrieg in den Fängen der Parteipolitik. SPÖ und ÖVP versuchten in diesem Industriesektor, zu dem auch die öffentlichen Energieversorger als Stromlieferanten zählten, ihre Ideologie von Parteibuchwirtschaft und Proporz bedingungslos durchzusetzen. Personifiziert wurde diese Ideologie in den Jahren 1949 bis 1962 etwa durch SPÖ-Bundesminister Karl Waldbrunner. Dieser war in der Großen Koalition1949 bis 1956 Bundesminister für Verkehr und verstaatlichte Betriebe und 1956 bis 1962 Bundesminister für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft. Damals machte das Schlagwort vom „Königreich Waldbrunner“ in den österreichischen Medien die Runde. Aber auch unter der ÖVP-Alleinregierung unter Josef Klaus kam es zu keinen vernünftigen wirtschaftspolitischen Korrekturen. Zu stark waren beide politischen Lager in das vorgegebene Korsett eingebettet.

Die Verstaatlichte als wirtschafts- und personalpolitischen Exerzierfeld

Ferdinand Lacina

Ferdinand Lacina

Ferdinand Lacina überstand die Intertrading-Affäre
unbeschadet, wurde sogar noch Finanzminister.
Foto: EFB Österreich/APA-OTS/Preiss

Nach der Regierungsübernahme durch SPÖ-Bundeskanzler Bruno Kreisky wurde die verstaatlichte Industrie zum wirtschafts- und personalpolitischen Exerzierfeld. Die SPÖ – in den Jahren der Großen Koalition gezwungen, mit der ÖVP einen industriepolitischen Konsens zu finden – hatte nun freie Hand. Der ÖIAG-Vorstandsvorsitzende Franz Geist, immerhin ein gestandener Montanistiker und 1971 bis 1978 oberster Manager der Verstaatlichten, musste erkennen, dass unter Kreisky und Androsch das Primat der Politik auch in der Industrie unbedingten Vorrang hatte. Dies wurde noch verschärft, als der Arbeiterkammerexperte Oskar Grünwald 1978 bis 1986 die Geschicke der ÖIAG übernahm. Unter Anleitung seines ehemaligen Mitarbeiters Ferdinand Lacina, der 1980 bis 1982 als Kreiskys Kabinettschef, dann 1982 bis 1984 als Staatssekretär und schlussendlich bis 1986 als Verstaatlichtenminister für diesen Bereich zuständig war, musste dieser einen strammen SPÖ-Kurs in der ÖIAG fahren, der sich jenseits der wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten bewegte.

Intertrading als Spekulations-Experiment

In diesen Zeitraum fällt auch der Aufstieg und Fall der Firma Intertrading. Die Intertrading war ursprünglich als Handelstochter der verstaatlichten VOEST zur Verwertung von Produkten gegründet worden, die aus Kompensationsgeschäften mit Ländern des kommunistischen Warschauer Pakts, vor allem der Sowjetunion stammten. Im Laufe der Zeit hatte das Management den Aktionsradius der Intertrading jedoch völlig umgekrempelt und war als Akteur auf den internationalen Rohstoffspekulationsmärkten aktiv. Von 1977 bis 1984 trieb das Management rund um den SPÖ-Vorstand Gernot Preschern das VOEST-Handelshaus Intertrading von umgerechnet gut fünf Millionen auf rund 14 Milliarden Euro Umsatz hoch. Die Ausweitung des Handelsvolumens und die immer risikoreicheren Investments auf den Rohstoffmärkten führten schlussendlich Mitte der achtziger Jahre zur Katastrophe. Und diese trug auch direkt zum anhaltenden Niedergang der verstaatlichten Industrie mit gigantischen Verlusten bei.

Preschern und Co. verspekulierten 400 Millionen Euro

Im November 1985 platzte die politische Bombe. VOEST-Generaldirektor Heribert Apfalter musste bei einer Sitzung der ÖIAG bekennen, dass sein Handelshaus Intertrading nicht weniger als 414 Millionen Euro, damals rund 5,7 Milliarden Schilling an Verlusten bei hoch spekulativen Rohstoffgeschäften eingefahren hatte. SPÖ-Verstaatlichtenminister Ferdinand Lacina, der jahrelang die schützende Hand über ÖIAG, VOEST und Intertrading gehalten hatte, zwang den VOEST-Vorstand zum Rücktritt. Mit diesem Skandal waren nicht nur die Tage von Heribert Apfalter, sondern auch die von Oskar Grünwald als ÖIAG Chef gezählt. Während Apfalter im Zuge der Affäre Noricum auf mysteriöse Weise zu Tode kam, musste Grünwald dem Manager Hugo Michael Sekyra weichen.

Preschern musste ins Gefängnis, Lacina wurde Finanzminister

Die Spekulationsaffäre hatte ein juristisches Nachspiel. Manager Gernot Preschern wurde entlassen und es kam zur Anklage wegen fahrlässiger Krida und Untreue. Schlussendlich wurde er zu zu insgesamt sieben Jahren Haft verurteilt. Neben undurchsichtigen Provisionszahlungen an das Management kamen auch Briefkastenfirmen in Liechtenstein ans Tageslicht. Während Preschern bis 1994 im Gefängnis saß, musste auch der zuständige Verstaatlichtenminister Ferdinand Lacina seinen Sessel räumen. Er musste aber nicht ins Gefängnis, sondern wurde von Bundeskanzler Franz Vranitzky 1986 zum SPÖ Finanzminister gemacht und übte dieses Amt bis 1995 aus.

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