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Mit einer AK-47 Kalaschnikow (Symbolbild) will der Angeklagte in Syrien nur “friedliche Menschen verteidigt” haben.

27. Juni 2019 / 18:06 Uhr

Ex-Islamisten-Kämpfer lebte unter falschem Namen von Sozialhilfe in Wiener Gemeindbau

Ein 29-jähriger Kasache ist am Donnerstag Nachmittag von einem Schwurgericht am Straflandesgericht Wien-Josfstadt zu zwölf Jahren Haft wegen terroristischer Straftaten verurteilt worden. Der Mann soll bei Kampfhandlungen in Syrien für die tschetschenische Islamistengruppe “Emirat Kaukasus” gekämpft und dabei auch mit einer Kalaschnikow auf syrische Soldaten geschossen haben. Das wurde als mehrfach versuchter Mord gewertet.

Erschwerend wurde beim Urteil das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen gewertet. Mildernd waren der bisherige ordentliche Lebenswandel und dass es bei den Tötungsdelikten beim Versuch geblieben ist. Massiv mildernd wurde das volle und reumütige Geständnis gewertet.

Angeklagter Mordversuch nicht nachweisbar

Denn die Anklage fußte auf die Angaben, die der Kasache bei der Polizei gemacht hat. Ohne diesen Aussagen “hätte man den Mordversuch nicht nachweisen können”, sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung. Deshalb sei man mit den zwölf Jahren Haft deutlich im unteren Bereich des Strafrahmens wegen Mordes von zehn bis 20 Jahren oder lebenslange Haft geblieben.

Angeklagter wollte “nur der Zivilbevölkerung helfen”

Bei der Befragung durch den Richter relativierte der Beschuldigte seine Handlungen in Syrien. “Ich wollte nur helfen”, sagte er. Er habe sich in Syrien einer Gruppierung anschließen wollen, um die zivile Bevölkerung zu unterstützen. “Ich habe gewusst, dass es dort russischsprachige Gruppierungen gibt”, meinte er. In Atmeh angekommen, seien Männer auf ihn zugekommen und hätten gemeint: “Schließt euch uns an.” Somit sei er in das Ausbildungscamp von Emirat Kaukasus gekommen. Auch die Al-Nusra-Front, der syrische Al-Kaida-Ableger, sei im Gespräch gewesen.

“Leibesübungen” in Terror-Ausbildungslager

Der Kasache bezeichnete die Trainings in dem Camp, wo neben Religion auch Kampftechniken gelehrt wurden, als “Leibesübungen”. Der Richter zeigte sich bei diesen Äußerungen verwundert und meinte, das dies eher kein “Sommerlager für junge Männer” gewesen sein könne. Durchaus gab der Beschuldigte zu, auch Nahkampftechnik und Handhabung an der Waffe – wie etwa am Sturmgewehr AK47 – trainiert zu haben.

“Keine Kampfeinsätze, nur Verteidigung”

Achtmal soll er danach aktiv an Kampfhandlungen teilgenommen haben. Die Kalaschnikow habe er erstmals im Herbst 2013 eingesetzt, um die Region rund um die Stadt Haritan sowie das nahe gelegene Aleppo zu verteidigen. 15 Schuss soll er dabei abgegeben haben. “Das waren keine Kampfeinsätze, sondern Einsätze zur Verteidigung des Territoriums”, sagte der 29-Jährige. “Welches Territorium?”, fragte der Richter. “Das Territorium, wo friedliche Menschen gelebt haben.” Im Jänner 2015 kam es erneut zum Waffeneinsatz, der Angeklagte will aber “nur so in die Nacht geschossen haben.”

Kämpfer gab sich in Österreich als “religiös Verfolgter” aus

Der Prozess findet deshalb in Österreich statt, weil der Mann seit Dezember 2015 in Wien unter falscher Identität gelebt hat. Er gab bei den österreichischen Behörden an, Russe zu sein und aufgrund seiner religiösen Minderheitsangehörigkeit in Russland verfolgt zu werden. Damit stellte er Antrag auf internationalen Schutz. Er lebte jahrelang in der Donaustadt, ging keiner Beschäftigung nach und kassierte monatlich Sozialhilfe.

Kasachen deckten Schwindel auf und informierten Behörden

Im März 2017 allerdings informierten die kasachischen Sicherheitsbehörden das österreichische Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) über den Aufenthalt des ehemaligen Kämpfers in Wien. Mittels Fingerabdrücken und Lichtbildern wurde der Mann, der sich mit falscher Geburtsurkunde und falschem russischen Führerschein auswies, als der gesuchte Kasache identifiziert.

Österreich liefert aus humanitären Gründen nicht nach Kasachstan aus

Die Behörden in Kasachstan beantragten die Auslieferung. Das Wiener Straflandesgericht erklärte das jedoch für unzulässig, da in seiner Heimat ein Strafverfahren nicht den Grundsätzen der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten entsprechen würde. Somit fand der Prozess am Wiener Straflandesgericht statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Quelle: orf.at

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