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30. Juni 2012 / 17:30 Uhr

Wie Medien die Syrien-Berichterstattung manipulieren

Die syrischen Aufständischen werden von den USA und ihren Verbündeten massiv mit Geld und Waffen unterstützt. Auch an der Medienfront erhalten sie Unterstützung, denn die meisten westlichen Massenmedien wie die BBC ergreifen durch eine einseitige, manipulative Berichterstattung Partei für die Rebellen. Dies wird etwa bei den Berichten über das Massaker von Hula deutlich.

Am 25. Mai wurden in Hula, genauer im Vorort Taldau, 108 Menschen, davon beinahe die Hälfte Kinder, bestialisch ermordet. Für viele Massenmedien war sofort klar, dass Assads Truppen dafür verantwortlich waren. Tatsächlich ist dies jedoch keineswegs bewiesen, da es ebenso glaubhafte Berichte gibt, wonach die Rebellen das Blutbad angerichtet hätten. Diese Stimmen wurden jedoch ausgeblendet, womöglich, weil sie nicht in das Bild „Rebellen gut, Assad böse“ passen, das den Lesern vermittelt werden soll.

Altes Irak-Foto für Hula-Massaker verwendet

Die krasseste Manipulation lieferte die BBC, indem sie ein Foto von einer großen Zahl aufgereiht liegender Leichen publizierte und für ein Bild der Opfer von Hula ausgab. Tatsächlich aber entstand dieses Foto 2003 im Irak. Erst nachdem sich der Fotograf beschwert hatte, gestand die BBC den „Fehler“ ein. Doch der Journalist Keith Snow glaubt nicht daran, das bei der BBC solche Fehler passieren können und spricht von absichtlicher Täuschung.

Die britische Zeitung Telegraph berichtete wie die meisten anderen Medien, die regimetreue Schabiha-Miliz habe das Massaker durchgeführt. Angeblich hätten die Täter „jedem die Kehle durchgeschnitten, der ihnen über den Weg gelaufen ist.“ Es wird ein Überlebender zitiert, der behauptet, er habe an den weißen Turnschuhen der Mörder erkannt, dass es sich um Angehörige der Schabiha gehandelt habe. Dieses Argument mutet seltsam an, da weiße Turnschuhe sehr verbreitet sind und auch von Rebellen getragen werden, wie auf Videoaufnahmen zu sehen ist. Wie ungesichert die Informationen der Medien sind, zeigt auch, dass die Methoden der Mörder in den Berichten variieren. Bei The Independant heißt es, die Opfer seien durch Gewehrfeuer umgekommen, während ein UN-Beamter vor Ort über Reuters von Messerstichen als Todesursache sprach. Einer der wenigen Journalisten in Hula, Alexander Thompson von CNN, berichtete, die Gegend sei verlassen, es sei unmöglich, das wahre Geschehen aufzuklären.

Dschihadisten als wahre Täter vermutet

Rainer Hermann, Syrien-Korrespondent der Frankfurter Allgemeine Zeitung, beruft sich in seinem Artikel auf Berichte von Oppositionellen, die sich wiederum auf Informationen von Augenzeugen stützen. Diesen zufolge seien die Kämpfe bei Hula ausgebrochen, weil Aufständische Kontrollpunkte der Regierungstruppen angegriffen hatte, die zum Schutz der umliegenden alawitischen Dörfer errichtet worden waren. Während der Kämpfe fielen die Rebellen über die Alawiten und Schiiten von Hula her. Die meisten der 108 Opfer gehörten drei Großfamilien an, die beinahe völlig ausgelöscht wurden. Von einer Familie überlebte nur ein elfjähriger Bub, der aussagte, die Täter seien kahlgeschoren gewesen und hätten lange Bärte gehabt. Hermann zufolge spricht dieses Aussehen für Dschihadisten, nicht für die Schabiha-Miliz. Außerdem wurden die Angehörigen eines regimetreuen Parlamentsabgeordneten abgeschlachtet. Danach hätten die Rebellen die Toten gefilmt, das Material ins Internet gestellt und als Opfer von Assads Schlägertrupps ausgegeben. 

Auch die Presse am Sonntag vom 24. Juni schreibt, dass die Tat vermutlich von Rebellen begangen wurde. Presse-Journalist Alfred Hackensberger ist nach Hula gereist und hat Augenzeugen getroffen, die ihm dies berichteten. Er hat den Ort des Massakers besucht, der wie schon vor einem Monat von den Aufständischen kontrolliert wird. Schon aus diesem Grund scheint es ihm unwahrscheinlich, dass die Schabiha die Täter waren. Wenn nicht einmal die Armee den Ort zurückerobern kann, wie hätte dies den schlechter bewaffneten Milizen gelingen sollen? Im Gegensatz zu Hermann von der FAZ sagt Hackensbergers Augenzeuge aber, dass die Opfer ausschließlich Familien von Sunniten waren, die sich geweigert hatten, mit den Rebellen zusammenzuarbeiten. Fragt man nach dem "Cui bono", ist eine Täterschaft der Rebellen plausibel, denn Assad hätte keinerlei Vorteil aus der Abschlachtung von Frauen und Kindern. Die Aufständischen hingegen haben einen Nutzen daraus, nämlich eine größere Isolierung Assads.

Massaker als Rechtfertigung weiterer Schritte gegen Assad

Trotz der unklaren Täterschaft nahmen die USA das Massaker schon am 28. Mai zum Anlass, den syrischen Botschafter auszuweisen. Deutschland, Frankreich, England und andere europäische Staaten folgten einen Tag später. Auch Amnesty International war schnell mit einer Vorverurteilung Assads zur Stelle. Die Schuld wurde den Regierungstruppen zugeschoben, ohne einen einzigen Beweis anzuführen. Die Befangenheit von Amnesty International kommt auch in einer Presseaussendung vom 14. Juni zum Ausdruck. Darin wird aus einem UN-Bericht zitiert, der Assads Truppen vorwirft, Kinder zu verhaften, zu foltern und zu töten. Im selben Bericht, sogar im selben Paragraphen, werden die Rebellen verdächtigt, Kindersoldaten zu rekrutieren, was Amnesty keine Erwähnung wert ist. Die Menschenrechtsorganisation fordert außerdem ein Waffenembargo für die syrische Regierung, keineswegs aber für die Rebellen. Dieses Agieren im Sinne amerikanischer Interessen erinnert an 1991, als Amnesty am Vorabend des Zweiten Golfkrieges die „Brutkastenlüge“ aufgriff und verbreitete.

UN-Kommissar beleuchtet Verbrechen beider Seiten

Neutraler ist der Bericht des UN-Kommissars für Menschenrechte, der nicht nur die grausamen Verbrechen von Assads Einheiten, sondern auch die der Rebellen anführt. Den Aufständischen werden Exekutionen von Regierungssoldaten, verdächtigten Spionen und Kallaborateuren ohne Prozess vorgeworfen, weiters die Verwendung von Landminen und Nagelbomben, Folter durch Knochenbrechen und den Einsatz von Kindern als Kuriere und Schmuggler. Der schon genannte Journalist Alex Thompson hat die Kaltblütigkeit der Rebellen selbst erfahren: Er wurde von ihnen ins Schussfeld der Regierungstruppen geführt, damit diese ihn erschießen würden. „Tote Journalisten sind schlecht für Damaskus“, erklärt sich Thompson den Vorfall. Sowohl Rainer Hermann als auch Alfred Hackensberger berichten in ihren Artikeln auch von brutaler Gewalt der Rebellen gegen Andersgläubige. Religiöse Toleranz sei ihnen fremd, sie wollen ein rein sunnitisches Syrien und versuchen dieses Ziel durch Terror zu erreichen. Aus der Stadt Koser seien 12 000 Christen vertrieben worden. Dort, wo die Aufständischen herrschen, sind Christen und Alawiten ihres Lebens nicht mehr sicher, es gibt zahlreiche Berichte über grausame Morde und Hinrichtungen.

Auch die Arabische Liga beteiligt sich übrigens am Medienkrieg gegen Assad: Sie hat die Satellitenbetreiber Arabsat und Nilesat gebeten, das staatliche syrische Fernsehen stillzulegen.

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