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19. Juli 2012 / 13:38 Uhr

Russisches Gericht verbietet Verbreitung islamischer Schriften

Ein Gericht in der südrussischen Stadt Orenburg hat eine Liste verbotenen Schrifttums von mehr als 65 islamischen Büchern festgelegt, deren Vertrieb künftig auf russischen Boden untersagt ist. Das Urteil sorgte für große Empörung bei der russisch-moslemischen Gemeinde. Das Gericht stufte die islamischen Publikationen als „extremistisch“ ein. In Orenburg hat eine Minderheit ein muslimisches Glaubensbekenntnis, bis 1925 war der gesamte Bezirk Teil der kasachischen Sowjetrepublik. Orenburg liegt heute unweit der Grenze von Kasachstan, wo mehr als 70 Prozent der Bevölkerung Moslems sind.

Zu der als gefährlichen eingestuften islamischen Literatur zählen die bekannten Hadith-Sammlungen von al-Bukhari und al-Muslim wie auch die Bücher über das Leben des Propheten Mohammed (Sirah) und die 40 Hadithe des Imam An-Nawawi. Ein urteilsbegründendes Textbeispiel aus dem Hadith Sahih lautet:

Wenn der Gesandte Allahs (Friede sei mit ihm) jemanden mit dem Befehl einer Armee oder eines Bataillons beauftragte, ermahnte er ihn, Allah zu fürchten und gut zu den ihm untergebenen Gläubigen zu sein. Der Prophet sagte: "Kämpfe im Namen Allahs und auf Allahs Weg. Bekämpfe diejenigen, die nicht an Allah glauben. Führe einen heiligen Krieg gegen sie, mache reiche Beute unter ihnen und lasse nicht nach in deinem Bemühen […] Wenn sie sich weigern, den Islam anzunehmen, verlange die Dschisija (Steuer für Ungläubige, Anm.). Wenn sie diese bezahlen, nimm die Zahlung entgegen und stelle den Kampf ein. Wenn sie jedoch keine Steuer bezahlen, dann suche Allahs Hilfe und vernichte sie." (Sahih Muslim 19:4294)

Islamische Einrichtungen wollen berufen

Das Verbot sorgte für blankes Entsetzten bei der moslemischen Gemeinschaft in Russland. Der Rat der Muftis von Russland, das Zentralbüro islamischen Religionsgemeinschaft, das moslemische Koordinationszentrum für den Kaukasus und weitere islamische Einrichtungen verurteilten die Entscheidung des Gerichts in aller Schärfe. Die Verbände wollen gegen das Orenburger Gerichtsurteil Berufung einlegen. Sollte die gerichtliche Entscheidung bestätigt werden, könnte dies zu einer Verstimmung in der moslemischen Gemeinde und darüber hinaus zu Unruhen führen. Russlands Ombudsmann für Menschenrechte, Vladimir Lukin, erklärte: „Der Kampf gegen den Terrorismus ist ein Kampf gegen die reale Planung von Terrorakten und den Aufbau von Gruppen und nicht gegen die Auslegung alter heiliger Bücher, egal welcher Glaubensrichtung“. Da es bei den untersagten Schriften um solche des klassischen Islam handle, würde ein Verbot auf eine Schließung aller moslemischen Büchereien hinauslaufen.

Auch andere heilige Schriften im Visier der Justiz

Die Entscheidung ist nicht die erste, die sich religiöser Literatur annimmt. Zuvor wurden in Russland bereits 68 Publikationen der Zeugen Jehovas und 15 Werke des verstorbenen islamischen Theologen Said Nursi als gefährlich eingestuft und auf die Bundesliste extremistischer Materialien gesetzt, wodurch es illegal ist, sie zu verbreiten oder zur Verbreitung zu lagern. Die Blockierung der Webseite der Zeugen Jehovas wurde seit November 2011 intensiviert. Im Dezember 2011 entschuldigte sich der russische Botschafter in Indien für den Versuch, das Buch „Die Bhagavad-Gita wie sie ist“ in Russland als extremistisch zu verbieten. Es ist für Anhänger der Hare-Krishna-Bewegung von zentraler Bedeutung. „Es ist nicht normal, religiöse Bücher zur Überprüfung durch Ignoranten zu senden“, fügte der Botschafter hinzu und übte damit heftige Kritik an Gutachtern der Universität Tomsk in Sibirien, die das Buch als extremistisch eingestuft hatten.

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