Am Dienstag klickten für die beiden Drahtzieher eines nigerianischen Mädchenhandelsringes die Handschellen. Die Festnahmen konnten nach umfangreichen Ermittlungen des Landeskriminalamtes Niederösterreich und auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien durchgeführt werden. Die Verdächtigen befinden sich in Untersuchungshaft.
Das in Wien wohnhafte nigerianische Pärchen, eine 34-jährige Frau und ein 32-jähriger, offiziell arbeitsloser Mann, hatten junge Frauen aus ihrem Heimatland angeworben und in Österreich an diverse Bordelle vermittelt, wie Polizei-Pressesprecher Kontrollinspektor Johann Baumschlager gegenüber dem ORF Niederösterreich berichtet.
Mit Voodoo Zauber gefügig gemacht
Mit tatkräftiger Unterstützung der Schwester der Verhafteten, die in Nigeria als „Herbalist“ (Voodoo Priesterin) für Nachschub an jungen Mädchen gesorgt hatte, wurde das lukrative Geschäft in Österreich aufgezogen. Schon in der Heimat wurden die Mädchen durch Djudju, einer aus der westafrikanischen Volksgruppe der Yoruba stammenden Form des Voodoo, gefügig gemacht.
Dabei werden die Opfer mit einem Zauber belegt, der bei Zuwiderhandeln gegen vorgegebene Anweisungen dann die „Verzauberten“ selbst in unterschiedlichsten Formen heimsuchen kann. Der Glaube an derlei „Zauberei“ ist vor allem im westafrikanischen, speziell im Yoruba-Gebiet, tief in den Menschen verwurzelt.
Die „Priesterin“ hatte die jungen Frauen mit dem Versprechen, in Europa als traditionelle afrikanische Friseurinnen tätig werden zu können, vorerst nach Italien gelockt. Die „Mittelsfrau“ konnte nicht gefasst werden, da sie sich noch in Nigeria aufhält.
Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen angeworben
Die jungen Frauen stammen großteils aus sehr ärmlichen Verhältnissen, vermutlich auch aus ländlichen Gegenden. Im Zuge dieser Djuju-Rituale werden sie gefügig gemacht, eingeschüchtert und oftmals auch körperlich misshandelt. Zwangsläufig gehen mit der „Zauberei“ auch Todesdrohungen gegen die Opfer einher, falls sie den Anweisungen der nigerianischen Organisation nicht Folge leisten.
Reisekosten nach Europa müssen „abgearbeitet“ werden
Kaum in Europa angekommen, werden die jungen Frauen von der Verhafteten, die sich mit "Madame" (was im Yoruba-Raum als Ehrenbezeichnung gilt) ansprechen lässt, in Empfang genommen. Von der ehrenwerten Madame wird den Mädchen auch gleich klar gemacht, dass sie die „Reisekosten“ nach Europa in Höhe von 50.000 Euro mit Prostitution abzustottern haben, ansonsten würde ihnen der schmerzhafte Djudju drohen.
Bei den Einvernahmen der Opfer, die österreichweit über Bordelle „verteilt“ wurden, traten enorme psychische und physische Belastungen zu Tage.
Belastungsmaterial bei Hausdurchsuchung sichergestellt
Den Verhafteten werden diverse Straftaten zur Last gelegt. Von Bildung einer kriminellen Vereinigung und Schlepperei über Zuhälterei, Menschenhandel bis hin zu grenzüberschreitender Prostitution reicht da die Palette. Die Opferzahl beläuft sich derzeit auf zehn Frauen, es wird allerdings davon ausgegangen, dass sich diese Zahl noch drastisch erhöhen könnte.
Nach Angaben von Polizeisprecher Baumschlager lassen die sichergestellten Beweismittel darauf schließen, dass es noch zahlreiche weitere Opfer geben könnte. Auch würde von Seiten der Polizei gegen die „zaubernde“ nigerianische Vermittlerin und Schwester der Verhafteten ermittelt, die sich derzeit noch in Nigeria aufhalten dürfte. Allerdings gibt es derzeit kein gültiges Auslieferungsabkommen Österreichs mit der Bundesrepublik Nigeria.
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