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12. Juni 2010 / 17:03 Uhr

Belgien: Ein Fall fur zwei

In der letzten Woche vor den Wahlen sind die Nerven bei manchen belgischen Politikern zum Zerreißen gespannt. Die Prognosen stellen den sogenannten V-Parteien (V für Vlaanderen) – den beiden Rechtsparteien NVA und Vlaams Belang (VB) sowie der liberalen LDD – insgesamt ungefähr 45 Prozent der Stimmen in Aussicht. Die ebenfalls flämischen B-Parteien (B für Belgien) – die CD&V des zurückgetretenen Regierungschefs Yves Leterme, die liberale Open VLD, die sozialdemokratische SP.A und die Grünen – erwartet ein großer Verlust.

Gastkommentar von Erland Pison

Die wachsende Popularität des NVA-Vorsitzenden Bart Dewever ist ein wahrer Alptraum für viele andere flämische Parteien, vor allem aber für die französisch-sprachigen Wallonen. Obwohl die NVA ausdrücklich festhält, nach dieser Wahl nicht das Ende von Belgien herbeiführen zu wollen, sagt sie gleichzeitig, das Endziel müsse eine gute Wirkung des Landes sein – man lese: die Unabhängigkeit Flanderns. Dieses Ziel hat bisher der Vlaams Belang als einzige Partei konsequent verfolgt, für viele Wähler war jedoch der radikale Stil von Filip Dewinter eine Spur zu hart. Bart Dewever scheint für diese Zentrumswähler akzeptabler zu sein.

Wenn die NVA gewinnt, ist es nicht ausgeschlossen, dass der VB und die LDD sie unterstützen, vielleicht auch aus der Opposition nach dänischem Beispiel. Extrem nervös ist man indessen in Wallonien und in der Hauptstadt Brüssel. Dort drohen manche Politiker mit dem Anschluss von flämischen Gemeinden, um so einen Korridor zwischen Wallonien und Brüssel zu schaffen. Unter diesen Umständen ist es leicht nachvollziehbar, dass die Bildung einer nationalen Regierung für zwei völlig unterschiedliche Völker nie eine leichte Sache sein kann.

Deswegen häufen sich in den letzten Tagen die Warnungen und Angriffe der B-Parteien sowie von Künstlern, Industriellen und Ökonomen. Bart Dewever wird mittlerweile sogar schon die Schuld an der schlechten Kreditwürdigkeit Belgiens zugeschoben. Als ob die jahrelange staatliche Krise und die stets wachsenden Staatsschulden nichts damit zu tun hätten! So hat der wallonische Minister Daerden – über die Grenzen Belgiens hinaus bekannt durch seine Fernsehauftritte in betrunkenem Zustand – unlängst „beruhigt“, dass die Betriebsrenten noch mindestens bis 2015 bezahlt werden können… Mit Recht machen sich viele Belgier mehr Sorgen über ihre persönliche Zukunft als über staatliche Reformen, doch wann die Strukturen nicht funktionieren, ist es unumgänglich, diese Strukturen zu ändern.

Die Tschechische Republik und die Slowakei haben vorgezeigt, dass eine Trennung ohne großen Streit und mit gutem Erfolg für beide Beteiligten vonstatten gehen kann. Wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass in diesem Fall keine territorialen Ansprüche gestellt wurden. Vielleicht ist das eine gute Lektion für die Französischsprachigen, die vom Grundgesetz garantierten Grenzen anzuerkennen. Für die V-Parteien sollte es klar sein das Belgien ein „Fall für zwei“ ist, – hoffentlich aber kein Krimi, sondern eine tragbare Lösung für zwei wichtige Länder: Flandern und Wallonien.

Erland Pison ist Rechtsanwalt und ehemaliger Parlamentsabgeordneter für den Vlaams Belang.

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