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27. Juni 2010 / 10:10 Uhr

Grüner Putsch in Mariahilf endet im Chaos

Die Streitereien der Grünen im Vorfeld der Wiener Wahl reißen nicht ab. Nachdem der Bezirksvorsteher der Josefstadt nach heftigen Disputen über die weitere Ausrichtung der Partei nicht mehr zum Spitzenkandidaten gekürt worden war, spalteten sich jetzt die Mariahilfer Grünen.

Landespartei bringt Bezirksgruppe auf Linie

Mit Susanne Jerusalem hat sich in Mariahilf eindeutig die Kandidatin der Wiener Landesgruppe durchgesetzt; als Reaktion darauf gründeten grüne Dissidenten jetzt eine eigene Liste – „Echt Grün die Mariahilfer Alternative“.

Jerusalem, die bis Frühjahr 2010 noch als Aktivistin der Penzinger Grünen geführt wurde, musste erst ihren Wohnsitz nach Mariahilf verlegen, um dort für den Parteivorsitz kandidieren zu können. Richard Weihs, selbst seit vielen Jahren Bezirksrat für die Grünen im 6. Bezirk, kritisierte, dass vor der Abstimmung kurzfristig mehrere neue Mitglieder als „Stimmvieh“ bei den Mariahilfer Grünen angemeldet worden seien, um die autarke Bezirksgruppe zu zerschlagen. Manfred Rakousky, der Gründer der neuen Liste, wies darauf hin, dass die Bezirksgruppe vor einem Jahr noch „wunderbar vereint“ gewesen sei, jetzt allerdings habe ein Putsch stattgefunden.

Jerusalem hält dem entgegen, dass sie „dem Bezirk schon seit langem eng verbunden“ sei; Maria Vassilakou, die Grüne Spitzenkandidatin, sieht die Mariahilfer Bezirksgruppe als stabiles Team an.

„Grünes Kipferl“ in weiter Ferne

Der Plan der Wiener Grünen, die Bezirksvorsteher in den Bezirken 4 bis 9 zu erobern und so auf der Wiener Landkarte ein „Grünes Kipferl“ zu formen, scheint nach den verschiedenen internen Querelen in weite Ferne gerückt. Außerdem ist die von oben organisierte Wahl Jerusalems ein eindeutiges Zeichen an die Wähler: Die Grünen in Wien haben sich noch weiter nach links bewegt.

Susanne Jerusalem ist in dieser Hinsicht keine Unbekannte. Gemeinsam mit linksextremen Organisationen wie der Linkswende und der Antiimperialitischen Koordination unterzeichnete sie 2001 einen Brief, in dem die Israelitische Kultusgemeinde heftig kritisiert wurde, oder nahm 2000 an den „Sozialistischen Widerstandstagen“ als Referentin teil. Am „Kongress Antikapitalismus 2001“ nahmen neben Jerusalem auch ein Aktivist der Linkswende, der damalige Vorsitzende der KPÖ sowie ein wegen Geldwäscherei verurteilter Krimineller teil.

Van der Bellen als Lockvogel für Bürgerliche

Um den Karren aus dem Dreck zu ziehen, bietet Vassilakou jetzt den wohl bekanntesten Grünen auf – Alexander van der Bellen. Es scheint, als ob dieser die bürgerlichen Wähler, die sich durch Jerusalem und Co. von den Grünen abgeschreckt fühlen könnten, ansprechen soll. Ohne ihre Stimmen ist der Plan des „Grünen Kipferl“ von vornherein zum Scheitern verurteilt. Ob Van der Bellens Ziel – eine rot-grüne Landesregierung – für bürgerliche Wähler ansprechend sein kann, ist genauso zweifelhaft wie sein Einzug in den Landtag, immerhin kandidiert er nur auf dem 29. Listenplatz. So scheint sich der Traum vom grünen Kipferl in grüne Brösel aufzulösen.

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