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28. Juli 2010 / 00:19 Uhr

Interview: “Ohne männliche Eigenschaften funktioniert Militär nicht”

Mehr als die Hälfte der seit 1998 im Bundesheer aufgenommen Frauen hat den Wehrdienst mittlerweile wieder quittiert. Das ergibt eine aktuelle Studie der Technischen Universität Wien. Diese hat unter anderem auch eine breitgefächerte Diskussion über die Beibehaltung der Wehrpflicht in der Gesellschaft entfacht. Der ehemalige FPÖ-Nationalratsabgeordnete Dr. Reinhard Eugen Bösch aus Vorarlberg spricht im Interview mit Unzensuriert.at über die besagte Studie und seine Einstellung zur allgemeinen Wehrpflicht in Österreich. Bösch ist Oberst und Ersatzmitglied in der Bundesheer-Beschwerdekommission.

Unzensuriert: Eine aktuelle Mobbing-Studie besagt, dass jede zweite Frau im Heer das Handtuch wirft, weil sie aggressivem Verhalten ihrer männlichen Kollegen gegenübersteht. Haben Sie von derartigen Fällen gehört?

Bösch: Mir sind solche Fälle nicht bekannt.

Unzensuriert: Die Studie meint weiters, dass große Teile im Militär von „hypermaskulinen Subkulturen“ geprägt sind. Wie erklären Sie dem Laien eine solche Situation im Heer?

Bösch: Beim Militär handelt es sich um eine streng hierarchische, auf Befehl und Gehorsam aufgebaute Organisation, welche in der Lage sein muss, auftragsgemäß auch militärische Gewalt einzusetzen. Grundlage dazu sind traditionelle männliche Eigenschaften wie Gruppenbildung, Kameradschaft und Mut zur Auseinandersetzung. Ohne diese Elemente funktioniert „Militär“ nicht.

Heer ist mit ausreichenden Mitteln "selbstverständlich einsatzfähig"

Unzensuriert: Je weniger eine akute Bedrohung des Staatswesens vorliegt, desto lauter wird der Ruf nach Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht. Wie schätzen Sie die Bedrohungslage ein? Ist Österreichs Bundesheer in seiner Fassung angesichts der neuen europäischen und weltweiten Bedrohungsszenarien überhaupt in der Lage, landesverteidigend zu wirken?

Bösch: Reinhard BöschDie kontinentale Bedrohung unseres Landes ist in der Tat heute als sehr gering einzustufen. Dennoch sind wir gut beraten, Strukturen zu erhalten, aus denen heraus der Aufwuchs zu einer Verteidigung möglich bleibt. Dazu wird es notwendig sein, die Aufbietung von Soldaten und das Reaktivieren von stillgelegtem militärischem Gerät sicherzustellen. Da es unmöglich sein wird, die dazu notwendigen Berufsstrukturen zu organisieren und zu finanzieren, sollten wir die allgemeine Wehrpflicht beibehalten. Wenn dem Bundesheer ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden, ist es selbstverständlich einsatzfähig.

Unzensuriert: Eine wesentliche Aufgabe des Bundesheers ist unbestritten der Katastrophen- und Zivilschutz. Könnte das nicht auch über ein Berufs- oder Freiwilligenheer erfolgen?

Bösch: Hauptaufgabe des Heeres ist die Landesverteidigung, als zweite Befähigung die Assistenzleistung im Katastrophenfall und die sicherheitspolizeiliche Unterstützung, und erst als drittes, wenn die beiden anderen Prioritäten ausfallen oder sichergestellt sind, die Auslandseinsätze. Wenn wir diese Prioritätenreihung einhalten, werden wir auch die Unterstützung der Bevölkerung sicherstellen können.

Umweltkatastrophen und Terrorabwehr sprechen für die Wehrpflicht

Unzensuriert: In Deutschland existiert eine eigene Katastrophenschutzorganisation des Bundes, das Technische Hilfswerk. Wäre ein Berufsheer in Verbindung mit einer solchen Institution auch in Österreich denkbar?

Bösch: Selbstverständlich könnten alle militärischen und zivilschützerischen Tätigkeiten von Berufsstrukturen erledigt werden, allerdings halte ich die Finanzierung für unmöglich. Eine kleine Berufsarmee für ausschließlich Auslandseinsätze ist politisch nicht wünschenswert. Die Stärke einer Wehrpflichtarmee ist eindeutig die Fähigkeit, innerhalb kürzester Zeit eine große Anzahl an organisierten Personen einsetzen zu können. Die immer häufiger auftretenden Umweltkatastrophen und die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus, was Sicherungsmaßnahem für zahlreiche zivile Infrastrukturen notwendig machen kann, sollten uns weiter auf diese Stärke bauen lassen.

Foto: © Foto Winsauer

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