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14. August 2010 / 10:28 Uhr

Horror im Gemeindebau – Wenn Hausbesorger ihre Mieter denunzieren

Der "Wiener Gemeindebau", einst Synonym für sozialen Wohnbau, erlebt in vielerlei Hinsicht einen rasanten Niedergang. Vom Grundgedanken der Bereitstellung von erschwinglichem Wohnraum ist man mittlerweile weit entfernt. Und auch zwischenmenschlich geht es in vielen Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien drunter und drüber. Konflikte sind an der Tagesordnung.

Vordergründig wird das Fehlen von Hausbesorgern für die unhaltbaren Zustände verantwortlich gemacht. Die wahre Schuld ist allerdings bei Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) und der Hausverwaltung der Gemeinde Wien – "Wiener Wohnen" – zu suchen, die es so weit kommen ließen, und gelegentlich sind es gerade die Hausmeister, die sich als Wurzel allen Übels herausstellen.

Am Fall von Herrn und Frau Weber (Bild), der in die unrühmliche Ära des damaligen Wohnbaustadtrates Werner Faymann zurück reicht, lässt sich die ganze Dimension unmenschlichen Verhaltens dokumentieren.

Familie WeberMaria Weber, kriegsinvalide und mittlerweile 98 Jahre alt, und ihr sie pflegender Sohn lebten 42 Jahre konfliktfrei in einem unsanierten Altbau und bekamen im Jahr 1984 eine Gemeindewohnung in der Spohrstraße zugesprochen. Doch hätten sie damals gewusst, was für ein Martyrium auf sie zukommt, sie hätten sich, so berichtet der Sohn dem Redakteur von Unzensuriert.at, nie für diesen Gemeindebau entschieden. Es folgte eine Odyssee, die Aufklärungsbedarf hat.

In der Spohrstraße führt eine cholerische Hausbesorgerin ihr besonderes Regime. Diverse Mieter soll sie als „Sau“ oder „Drecksau“ titulieren. Eine über 80jährige Zeugin, die nicht namentlich genannt werden will, bestätige jedenfalls, dass sich die Hausbesorgerin „ihre Freunde aussucht“. Fakt ist, dass aus zwei Schreiben von „Wiener Wohnen“ hervorgeht, dass es Beschwerden gegen die Hausbesorgerin gab, weil sie ihre Pflichten (was vor allem die Reinigung der Anlage betrifft) wohl vernachlässigt hat. Auch lässt sich herauslesen, dass sie 16 Unterschriften diverserer Mieter gesammelt hatte. Angeblich, so heißt es, weil „Wiener Wohnen“ sich ihrer entledigen wollte. Die Hausbesorgerin sollte delogiert werden und hätte innerhalb von drei Tagen ohne Ersatz auf eine andere Wohnung ausziehen müssen. Aus unklaren Gründen wurde sie von "Wiener Wohnen" jedoch pardoniert, oder es genügten die paar Unterschriften für den Verbleib. Somit konnte sie weiterhin ihr Unwesen treiben.

„Die Webers bekommen wir schon raus!“ – Beste Kontakte ins Rathaus

Auch die Webers standen im Visier der Hausbesorgerin. Es kam immer wieder zu Auseinandersetzungen. Und irgendwann benötigte die Hausbesorgerin eine Wohnung für ihre Tochter und hat wohl jene von Frau Weber auserkoren. Vermutlich in Zusammenarbeit mit einer anderen Mieterin, die über angeblich gute Beziehungen zur Gemeinde Wien verfügte, versuchte die Hausmeisterin seither, die Webers aus ihrer Wohnung hinaus zu intrigieren. Herr Weber wurde zufällig Ohrenzeuge eines Gespräches im Stiegenhaus. Die Hausbesorgerin beschwerte sich lautstark bei jener Mieterin. Die meinte darauf gelassen: „Machen Sie sich keine Sorgen, die Webers bekommen wir schon raus. Ich habe beste Kontakte zu Magistrat und Rathaus!“

Herr Weber befürchtete das Schlimmste, und es trat auch wenige Tage darauf ein. So erhielt er einen Brief von „Wiener Wohnen“, wonach er angeblich diversen Mietern wieder durch „Beschimpfen“ und „Bedrohen“ das Zusammenleben verleiden würde. Er wurde aufgefordert, dies abzustellen. Andernfalls gäbe es Konsequenzen. Pikante Details am Rande: Das Wort „wieder“ stand in Fettdruck, als hätte Herr Weber schon zuvor Mieter belästigt. Er wurde aber nie informiert. Es wurde von Tatsachenbehauptungen ausgegangen, für die es theoretisch eine Freiheitsstrafe geben könnte. Und überhaupt hätte Herr Weber den Brief nicht bekommen dürfen, da er nicht als Mieter, sondern nur Mitbewohner gemeldet war. Folglich hätte der Brief an die Hauptmieterin gehen müssen. „Wiener Wohnen“ erteilte auf Anfrage der Webers über die Anschuldigungen keine Auskunft und berief sich auf die Verschwiegenheitspflicht.

Die Webers ließen sich nicht beirren und blieben in der Wohnung. Doch es kamen die nächsten Schikanen. Schon seit einiger Zeit, so erzählten die Webers, trat der Mann der Hausbesorgerin im volltrunkenen Zustand in den Nachtstunden regelmäßig gegen die Haustür der Webers und beschimpfte sie. Um ein Haar wären die Webers beim Überqueren der Straße überfahren worden. Es folgten Steinwürfe auf die Fenster der Wohnung von Frau Weber. Im weiteren Verlauf versuchte die Hausbesorgerin, mit einer Anzeige Herrn Weber zu diffamieren. Es folgte allerdings die Gegenanzeige, was dazu führte, dass die Hausbesorgerin zu einer hohen Geldstrafe verurteilt wurde.

Die Webers ließen nicht locker. Doch eines Tages, so berichtete Herr Weber, kam der Mann der Hausbesorgerin wieder einmal in einem volltrunkenen Zustand Herrn Weber entgegen. Er packte ihm am Kragen und drohte ihm mit den Worten „I mach di Maier“, also ihn umzubringen. Mangels Zeugen erstattet Herr Weber keine Anzeige. Seine Mutter hielt diese Drohung allerdings nicht aus und gab die Wohnung „unfreiwillig freiwillig“ auf. Sie forderte von „Wiener Wohnen“ allerdings eine gleichwertige Ersatzwohnung.

Doch offenbar scheint bei „Wiener Wohnen“ Herr Weber der Böse zu sein. Immerhin hätte er doch Mieter beschimpft und bedroht. Beweisen musste „Wiener Wohnen“ dies bis heute nicht. Bis heute wurde den Webers trotz mehrerer Anträge keine Wohnung zugesprochen, da sie angeblich „die Voraussetzungen nicht erfüllen“ würden. Herr Weber vermutet einen Zusammenhang, nämlich, dass er zu Unrecht als schwarzes Schaf abgestempelt wurde, welches Mieter bedroht haben soll und deswegen links liegen gelassen wird. Eine Aufklärung der Vorwürfe wurde bis dato abgeblockt. Herr Weber fühlt sich als Opfer eines Verbrechens. Hinzu kommt, dass ihm jene Mieterin, welche scheinbar mit der Hausbesorgerin unter einer Decke steckt, im Zuge eines Schreianfalls gesagt haben soll, dass sie mit ihren Methoden schon mehrmals Mieter entsorgen konnte. Sie gab zu, dass es sich bei den Webers um keinen Einzelfall handelt.

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Ein Umzug, der fast an die Existenzgrenzen ging

Die Wohnung von Frau Weber ging, laut Aussage von Herrn Weber, übrigens an die Tochter der Hausbesorgerin, die sie jedoch wieder aufgeben musste. Für die Webers gab es kein Ende des Martyriums. Sie mussten mehrmals umziehen, wohnten entweder in überteuerten Wohnungen oder waren sogar obdachlos. Eine Wohnung, wie jene in der Spohrstraße (welche ihnen bis auf die Hausbesorgerin und ihrer „Komplizin“ zusagte), fanden sie nicht.

Stattdessen mussten sie eine wahre Odyssee antreten und fristen derzeit ihre Tage in einer überteuerten Wohnung im 14. Wiener Gemeindebezirk. Herr Weber fordert von "Wiener Wohnen" Wiedergutmachung für den Schaden, den er und seine Mutter erlitten haben sowie eine gleichwertige Ersatzwohnung.

Herr Weber wandte sich an zahlreiche Medien. Politiker fast aller Parteien wurden auf ihn aufmerksam. Auch an die Volksanwaltschaft und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wandte er sich. Trotz zahlreicher kleiner Erfolge gelang ihm nicht, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu entkräften. „Wiener Wohnen“ sitzt bis dato am längeren Arm und musste sich dank der gesetzlichen Lage auch kaum zu Wehr setzen. Die Situation gleicht einem Don Quichote, der gegen die Windmühlen von „Wiener Wohnen“ ankämpft. Webers Hartnäckigkeit führte sicherlich dazu, dass er für gewisse Leute ein rotes Tuch geworden ist. Allein schon deshalb will ihm nicht mehr jeder helfen.

Traurig ist die Sache insofern, dass nun eine kriegsinvalide 98-jährige Frau und ihr bald 70jähriger Sohn mehr als zehn Jahre offenbar zu Unrecht die Hölle durchleben mussten und keine Lösung in Sicht ist. Und all das, weil „Wiener Wohnen“ unbewiesenen Anschuldigungen Glauben schenkte.

"Wiener Wohnen" wurde erneut mit dem Sachverhalt und vielen sich daraus ergebenden Fragen konfrontiert. Trotz Einräumung einer rund zweiwöchigen Frist zur Stellungahme fühlt man sich dort offenbar nicht bemüßigt, die skandalösen Vorgänge zu kommentieren, geschweige denn aufzuklären.

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