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USA

2. September 2010 / 09:35 Uhr

Die USA auf dem Rückzug – nicht zum ersten Mal

Wenn US-Präsident Barack Obama den vollständigen Rückzug der amerikanischen Kampftruppen aus dem Irak – 50 000 Mann bleiben als Berater der neuen irakischen Armee im Land – verkündete, so erinnert dieses Vorgehen an die von Richard Nixon und Henry Kissinger betriebene „Vietnamisierung“ des Vietnamkrieges. Auch damals sollten nach steigenden Verlusten der „boys“ die einheimischen Verbündeten dem Kampf fortführen, damit die GIs nach Hause konnten. 1975 war Südvietnam am Ende, und die Amerikaner mussten Hals über Kopf die Flucht ergreifen. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass sich im Irak ein ähnliches Szenario entwickelt. Dass die Mission des Aufbaus eines stabilen, demokratischen Staates an Euphrat und Tigris wirklich erfolgreich abgeschlossen ist, wie dies George W. Bush 2003 verkündete, glaubt inzwischen noch kaum jemand.

Der Rückzug der US-Amerikaner aus Vietnam war nicht der einzige in der jüngeren Geschichte. Immer wieder mussten die USA sich nach Niederlagen zurückziehen, stürzten ihre Verbündeten. Eine kleine Chronologie amerikanischer Rückzüge im 20. Jahrhundert:

1916 Mexiko
Pancho VillaNach einem Überfall des mexikanischen Revolutionärs Pancho Villa (Bild) auf die Kleinstadt Columbus in New Mexico wird eine Strafexpedition nach Mexiko entsandt. Nachdem es General John Pershing nicht gelingt, Villa zu fangen, ziehen sich die Amerikaner im April 1917 zurück.

1918 – 1920 Russland
Neben britischen, französischen und japanischen Truppen intervenieren auch die USA im russischen Bürgerkrieg. Im Sommer 1918 landen US-Truppen in Archangelsk am Weißen Meer und bei Wladiwostok, um die „Weißen“ gegen die Bolschewiki zu unterstützen. Bis 1920 sind alle amerikanischen Soldaten wieder aus Russland abgezogen. Der Anführer der Weißen Armee in Sibirien, Admiral Alexander Koltschak, wird im April 1920 von den Bolschewiki exekutiert.

1949 China
Nachdem der nationalchinesische Führer Chiang Kai-shek 1945 unter amerikanischem Druck einen Waffenstillstand mit den Kommunisten schließen und 1,5 Millionen Soldaten demobilisieren muss, flammt der chinesische Bürgerkrieg bereits 1946 wieder auf. Trotz massiver US- Unterstützung unterliegen die Nationalchinesen und müssen mit ihren US-Beratern nach Taiwan fliehen.

1959 Kuba
Nach einer Großoffensive ziehen die Rebellen um Fidel Castro zur Jahreswende 1958/59 in Havanna ein. Der von den USA unterstützte Diktator Fulgencio Batista muss fliehen. Die von den USA organisierte Landung von Exilkubanern in der Schweinebucht im April 1961 scheitert kläglich.

1975 Kambodscha
Nachdem die USA 1970 einen Putsch gegen den neutralistischen Prinz Norodom Sihanouk unterstützt haben, unterliegt die von ihnen gestützte Regierung von General Lon Nol im Bürgerkrieg gegen die Roten Khmer. Am 12. April 1975 wird die US-Botschaft in Phnom Pen mit Hubschraubern evakuiert. Die Schreckensherrschaft der Roten Khmer beginnt. In den 1980er Jahren unterstützen die USA die Roten Khmer gegen die Vietnamesen.

1975 Vietnam

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Operation Frequent Wien – Evakuierung aus Saigon 1975

Im März 1975 überschreiten nordvietnamesische Truppen die Grenze zu Südvietnam, das militärisch schnell zusammenbricht. Bereits Ende April stehen die Nordvietnamesen vor Saigon. Mit Hubschraubern fliehen am 29. und 30. April US-Amerikaner und mit ihnen verbündete Vietnamesen völlig planlos auf Flugzeugträger vor der Küste. Die Bilder der Flucht sind für die USA eine große Demütigung.

1975 Laos
Als letzter Staat des ehemaligen Französisch – Indochina fällt Laos im Dezember 1975 an die Kommunisten. CIA-Mitarbeiter, die eine Privatarmee zur Bekämpfung des kommunistischen Pathet Lao aufgestellt haben, fliehen aus dem Land.

In Kambodscha, Vietnam und Laos bleiben hunderttausende Einheimische zurück, die mit den Amerikanern zusammengearbeitet haben. Sie sind oftmals brutalen Repressionen ausgesetzt.

1979 Nicaragua
Im Juli 1979 wird der Diktator Anastasio Somoza, der großzügige US-Militärhilfe erhält und von Militärberatern unterstützt wird, von den linken Sandinisten gestürzt. Die USA finanzieren daraufhin die Rebellenarmee der Contras.

1979 Iran
Im Januar 1979 muss Schah Reza Pahlavi, bis zu diesem Zeitpunkt engster Verbündeter der USA im Nahen Osten, aus dem Iran fliehen. Am 4. November 1979 besetzen Studenten die US-Botschaft und nehmen das Personal als Geiseln. Nach einer missglückten Rettungsaktion kommen die Geiseln erst im Januar 1981 frei.

1994 Somalia

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US-Soldat in Somalia.

Im Dezember 1992 gehen US-Marines als Teil von UN-Streitkräften medienwirksam in Somalia an Land. Sie sollen den Bürgerkrieg beenden, die hungernde Bevölkerung versorgen und das wichtige Horn von Afrika sichern. Während der Schlacht von Mogadischu gehen Bilder um die Welt, in denen die nackten Leichen amerikanischer Soldaten durch die Stadt geschleift werden. Bis 1994 ziehen die USA ihre Truppen ab. Der Staat Somalia ist heute de facto nicht existent.

Fotos: Library of Congress / Department of Defense / John Martinez Pavliga

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