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DDR

26. September 2010 / 22:12 Uhr

Blessing bei der Euro-Konferenz: Das Ende der Geschichte?

Die Konferenz „Der Euro vor dem Zusammenbruch“ führte in Berlin Euro-Kritiker aus ganz unterschiedlichen ideologischen Lagern zusammen. Konservative Professoren wie Hankel oder Schachtschneider standen Leuten vom Schlage eines Klaus Blessing gegenüber, ehemals Staatssekretär im Wirtschaftsministerium der Deutschen Demokratischen Republik. Der näherte sich des Pudels Kern von einer ganz anderen Seite. Sein Lösungsansatz läuft auf „Vergesellschaftung“ hinaus. Dem real existierenden Sozialismus und seinen dialektischen Dogmen hat Blessing zwar den Rücken gekehrt, doch Marx und Engels haben ihre Spuren hinterlassen. „Ist sozialistischer Kapitalismus möglich?“ lautet der Titel eines von ihm verfassten Buches und die Frage, um die sich Blessings Vortrag drehte.

Klaus Blessing auf der Euro-Aktionskonferenz in BerlinDie Einigkeit, mit der weltweit unzählige Regierungen dem Steuerzahler Haftungen für den Finanzsektor aufbürdeten, kommentiert er bissig aber treffend: „Wo alle das Gleiche denken, denkt keiner besonders viel.“ Er sieht im Euro und den künstlich zusammengeschweißten ungleichen Wirtschaftsräumen das Symptom grundsätzlich falscher Prämissen. Allerdings nähert er sich der Wirtschaft nicht aus fachlicher, sondern gesellschaftpolitischer Hinsicht. Dafür kann Blessing (Bild) sogar eine Passage der Landesverfassung Hessens ins Treffen führen. Diese lautet: „Kapitalbildung ist nicht Selbstzweck, sondern Mittel zur Entfaltung der Volkswirtschaft.“ Die Wirtschaftstheorie gibt ihm in diesem Punkt recht. Einseitige Allokation von Kapital führt zu ineffizienter Verwendung und schadet der Ökonomie. Der ehemalige Staatssekretär fordert deshalb, Kapital zu nationalisieren. Die Politik habe im Lauf der gegenwärtigen Krise bewiesen, grenzüberschreitenden Geldströmen nicht gewachsen zu sein. Damit liegt er zweifellos richtig.

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Blessing stellt die angebliche moralische Neutralität von Gewinnmaximierung in Frage und betont, dass – folgt man dem preußischen Staatsgedanken – aus Eigentum auch eine Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl resultiert. Die Politik Margret Thatchers, Jelzins und der Brüsseler Bürokratie hat das Kapital und seine Eigner von dieser gesellschaftlichen Maxime entbunden. Doch jede Form von Macht braucht Moral. Der Staatssekretär a.D. hält eine Symbiose der beiden Gegensätze Sozialismus und Kapitalismus für möglich, räumt aber ein, dass erst massive staatliche Machtmittel eingesetzt werden müssten, um diese Vermögensumschichtung zu verwirklichen. Mit unserer westlichen Demokratie wären derartige Repressalien und Eingriffe wohl nicht zu vereinbaren.

Liberalismus lässt keinen Platz für alternative Konzepte

Doch in einem liegt der Kenner beider Systeme richtig. Der Sozialismus ging an mangelnder Anpassungsfähigkeit und den von Dialektik geprägten Scheuklappen seines Führungskaders zugrunde. Die Elite der Arbeiterparadiese bewegte sich immer weiter von den Problemen der Menschen weg. Die gegenwärtige Entwicklung weist einige Parallelen auf. Neoliberale Ideologen machten nicht maßloses Gewinnstreben, sondern den Staat und dessen regulierendes Wirken für die Krise verantwortlich. Für neue Ideen und alternative Lösungen ist in akademischen, genau wie in politischen Diskussionen kein Platz mehr. Im Liberalismus wurde angeblich der Stein der Weisen gefunden, das Ende der Geschichte scheint gekommen. Doch Vorsicht! Das dachte Honecker auch.

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