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2. November 2010 / 22:16 Uhr

Berufsarmeen setzen auf Einwanderer und Häftlinge

Indem er eine Debatte über die Wehrpflicht in Österreich lostrat, versuchte Michael Häupl das Ruder im Wiener Wahlkampf doch noch herumzureißen. Auch wenn die Rechnung des roten Landesfürsten nicht aufging, so ist das Thema einer Berufsarmee doch weiter aktuell – Anlass genug, um einen Blick auf die Armeen anderer westlicher Staaten zu werfen.

Mehrheit der EU- und NATO-Staaten setzt auf Berufssoldaten

Das Ende des Kalten Krieges brachte für die Mehrheit der europäischen Staaten auch ein Ende der Wehrpflicht. Inzwischen setzen 21 von 27 EU-Staaten und 23 von 28 NATO-Mitgliedsstaaten auf eine Freiwilligenarmee. Noch 1990 war Großbritannien das einzige EU-Land ohne Wehrpflicht. Die USA sind ein Sonderfall, da sie zwar eine Berufsarmee unterhalten, die Wehrpflicht seit 1973 aber nur ausgesetzt ist.

Von Österreichs Nachbarländern halten nur noch Deutschland und die Schweiz an der Wehrpflicht fest, wobei auch in Deutschland laut über ein Freiwilligenheer nachgedacht wird. Die Gründe liegen auf der Hand: Mit dem Zerfall des Ostblocks war die Gefahr eines Konfliktes zweier großer Blöcke in Europa gebannt und die Aufgabe der nationalen Streitkräfte änderten sich dementsprechend. „Friedensschaffende und -erhaltende“ Einsätze in allen Teilen der Erde traten an die Stelle der klassischen Landesverteidigung. Freiwillige schienen für diese neuen Aufgaben im Ausland besser geeignet als Wehrpflichtige.

Probleme bei der Rekrutierung

Die Berufsarmeen setzen sich aus Berufssoldaten, die in der Regel ihr ganzes Leben in der Armee verbringen, und Zeitsoldaten, die sich nur für mehrere Jahre verpflichten und danach meist eine Reserve für die stehende Armee bilden. In der NATO wird nicht von Berufsarmeen sondern von Freiwilligenarmeen gesprochen.

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Offiziere und Unteroffiziere gehören größtenteils zur Gruppe der Berufssoldaten, während die Mannschaften von Zeitsoldaten gestellt werden. Doch gerade in diesem Bereich haben viele Berufsarmeen mit akuten Rekrutierungsproblemen zu kämpfen. Vor allem besser ausgebildete junge Männer und teilweise auch Frauen wollen immer seltener Soldaten werden. Das Phänomen betrifft große Streitkräfte wie die der USA und Großbritanniens ebenso wie kleinere, wie die Beispiele der Niederlande, der Slowakei und Schwedens zeigen.

Häftlinge und Immigranten

Spanische Soldaten in AfghanistanUm diesem Problem zu begegnen haben die Rekrutierer ihren Wirkungsbereich inzwischen stark ausgeweitet. In Großbritannien und den USA werden inzwischen vermehrt ehemalige Häftlinge in die Streitkräfte aufgenommen. Von 2004 bis 2007 stieg der Anteil Vorbestrafter in den US-Streitkräften um 65 %, in Großbritannien können Häftlinge direkt zur Armee, bei guter Führung wird ihnen der Rest der Haftstrafe erlassen.

Doch auch eine andere Gruppe haben die Berufsarmeen inzwischen für sich entdeckt: Ausländer, die so schneller die Staatsbürgerschaft erlangen können. Spanien (im Bild oben Soldaten in Afghanistan) wirbt Soldaten in seinen ehemaligen Kolonien in Südamerika und Afrika an – ein Rekrutierungsfeld, das sich die Spanier mit der US-Armee teilen müssen. Der erste 2003 im Irakkrieg gefallene US-Soldat war Staatsbürger Guatemalas und erhielt die US-Staatsbürgerschaft erst posthum. Zehntausende dieser sogenannten „Green Card Soldiers“ dienen in den US-Streitkräften.

US-Soldaten im Irak

Bei weitem nicht alle US-Soldaten im Irak sind amerikanische Staatsbürger. der erste Gefallene kam aus Guatemala.

Ähnlich Spanien sind auch für Großbritannien die ehemaligen Kolonien weltweites Rekrutierungsfeld. Neben den legendären Ghurkas aus Nepal stammen die britischen Soldaten aus Ghana, den Fiji-Inseln, Jamaica und unzähligen anderen englischsprachigen Ländern, so dass die Times bereits 2005 von der britischen Armee als Fremdenlegion schrieb.

Sinkende Anforderungen

Auch die Voraussetzungen, um Dienst an der Waffe tun zu dürfen, wurden in den angesprochenen Ländern immer weiter gesenkt. Fast schon 40% der US-Soldaten sind funktionelle Analphabeten. In Spanien mussten der geforderte Intelligenzquotient und die Mindestgröße mehrmals gesenkt werden, in Großbritannien wurde der zulässige maximale Bodymassindex auf 32 erhöht, ab 30 ist man krankhaft fettleibig.

Fotos: ISAF Headquarters Public Affairs Office / US Navy (beide Wikimedia)

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