Von März 1998 bis August 2006 wurde Natascha Kampusch von Peiniger Wolfgang Priklopil in dessen Haus in Wien-Strasshof gefangen gehalten.
Im schalldichten und fensterlosen Kellerverlies konnte das Mädchen naturgemäß keinen Kontakt zur Außenwelt herstellen, auch wenn sie mit fortgeschrittenem Alter gelegentlich zum Duschen in das Haus des Entführers durfte. Wenige Monate vor der Flucht soll sie laut Medienberichten dann sogar bei einem Skiausflug am Hochkar gesichtet worden sein. Diese Umstände sind maßgeblich für die behördliche Aufklärungsarbeit und das kompromisslose Festhalten der Staatsanwaltschaft an der Einzeltäter-Theorie.
In einem Schreiben hat sich der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofes und Mitglied der sogenannten „Kampusch-Evaluierungskommission“, Dr. Johann Rzeszut, an die fünf Klubobleute im Nationalrat gewandt. Darin schildert Rzeszut sachlich nicht nachvollziehbare Vorgangsweisen der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Entführungs- und Abgängigkeitsfall. Unter anderem soll das Haus des Peinigers noch während der polizeilichen Untersuchung zur „teilweisen, unkontrollierten Räumung“ durch den Freund und Geschäftspartner des Peinigers freigegeben worden sein.
Eine wieder andere Ungereimtheit im Kampusch-Fall wurde jetzt durch die FPÖ bekannt gemacht. Wie aus Unterlagen des Adress- und Risikomanagementunternehmens „Deltavista Data & Decision Engineers“ hervorgeht, das Auskünfte über Privatpersonen hinsichtlich deren Bonität für Geschäftsabschlüsse anbietet, wurde Natascha Kampusch in einer Datenbank des Unternehmens am 1. April 2004 erstmalig erfasst. Zu einem Zeitpunkt, zu dem Natascha Kampusch eigentlich noch in der Gewalt ihres Peinigers hätte stehen müssen.
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Selbst unter der Annahme, dass derartige Datenbankeinträge oftmals fehlerhaft sein können, wäre es äußerst unwahrscheinlich anzunehmen, dass sich der zuständige Sachbearbeiter beim Erfassen des Datensatzes im damals aktuellen Datum geirrt hätte.
Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Werner Neubauer will jetzt in einer parlamentarischen Anfrage an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) wissen, warum Natascha Kampusch im Jahr 2004, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sie bereits jahrelang als vermisst galt, in eine Datenbank eingetragen wurde, in die man normalerweise nur bei Auftreten eines Geschäftsvorgangs, der zu einer Bonitätsmeldung führt, eingetragen wird.
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