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12. November 2010 / 16:46 Uhr

Bundesheer wird zum Spiegelbild des Versagens der Politiker

FPÖ-Wehrsprecher Peter Fichtenbauer und Organisator Elmar Podgorschek

Am 9. November veranstaltete der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Elmar Podgorschek, Mitglied des Landesverteidigungsauschusses, eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion zum Thema "Wehrpflicht Quo vadis?" in seiner Heimatgemeinde Ried im Innkreis. Unter seiner Leitung diskutierten Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer, Wehrsprecher der FPÖ und Obmann des Landesverteidigungsausschusses, Ing. Norbert Kapeller, Wehrsprecher der ÖVP und Obmannstellvertreter des Landesverteidigungsauschusses, Dr. Michael Schaffer, Präsident der Bundesvereinigung der Milizverbände, und Josef Paul Puntigam, ehemaliger Kommandant der Jägerschule über die Zukunft der allgemeinen Wehrpflicht in Österreich.

Einleitend stellte Elmar Podgorschek fest, dass die Wehrpflicht und die Sicherheit unseres Landes allgemein ein zu wichtiges Thema für politisches Kleingeld seien. Das Bundesheer solle aus der Tagespolitik herausgehalten werden; die Wehrpflicht sei auch kein Thema für Wahlen.

FPÖ-Wehrsprecher Peter Fichtenbauer und Organisator Elmar PodgorschekFichtenbauer (im Bild links mit Podgorschek) vertrat die Ansicht, dass der Umstieg auf ein Berufsheer längerfristig in die Abschaffung des Bundesheeres münden würde und auch von den Personalkosten her bei entsprechender Größe kaum finanzierbar wäre. Leider sei seit 1955 das Heer nur als Instrument der Neutralitätspolitik gesehen worden; ein wirklich kampffähiges Heer war nie gewünscht. Dementsprechend wurden immer wieder Wahlkampfgeschenke auf Kosten des Heeres verteilt. Die Wehrpflicht als Dienst am Staat und der Gemeinschaft stehe nicht zur Disposition. Wehrdienst auch für Frauen lehnte Fichtenbauer ab.

FPÖ und ÖVP sehen keine Alternative zur Wehrpflicht

Auch Kapeller sah derzeit keine Alternative zur Wehrpflicht, die er als wichtigen Solidarbeitrag junger Männer für die Gesellschaft wertete. Der ÖVP-Wehrsprecher forderte außerdem mehr Wehrgerechtigkeit durch veränderte Tauglichkeitskriterien. Durch Verweise auf den Mehrwert des Wehrdienstes für das Zivilleben sollte das Heer wieder attraktiver gemacht werden.

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Scharfe Kritik am bisherigen Vorgehen der Politik in Wehrfragen kam von Puntigam und Schaffer. Beide waren sich einig, dass das Bundesheer aus Desinteresse der Politik über Jahrzehnte kaputtgespart worden war. Puntigam wies auf die Maßnahmen von Minister Darabos hin, der gerade bei den beiden exzellenten Nachrichtendiensten des Heeres den Rotstift angesetzt hatte. Puntigam trat für ein Berufsheer im Rahmen der Wehrpflicht ein; während Berufssoldaten den Kern stellen sollten, wäre der Raumschutz die Aufgabe der Miliz – eine Aufgabe, die inzwischen nicht mehr erfüllt werden könne. Auch Puntigam sprach die fehlende Wehrgerechtigkeit durch die momentane Tauglichkeitseinstufung an; auch viele derzeit Untaugliche könnten im Bundesheer durchaus Verwendung finden und so ihren Dienst am Vaterland leisten.

Michael Schaffer, Präsident der Bundesvereinigung der MilizverbändeSchaffer (Bild rechts) konkretisierte die drei Aufgabenbereiche des Bundesheeres: Erhaltung des notwendigen Know Hows in allen Waffengattungen, Katastrophenschutz und die Auslandseinsätze. Für ein Berufsheer sei Österreich zu klein, außerdem hätten andere vergleichbare Staaten bereits schlechte Erfahrungen gemacht, insbesondere was die Qualität der Rekruten beträfe. Ein weiterer Kritikpunkt Schaffers war die mangelnde Fachkompetenz der Verteidigungsminister und ihr fehlender Zugang zu der Materie seit Mitte der 1980er Jahre. Das Militär sei inzwischen ein Spiegelbild des Versagens der Politiker, die beispielsweise Wehrdiener für den Grenzschutz missbräuchten. Seine Vorstellung eines modernen Bundesheeres stellte Schaffer wie folgt dar: gut bezahlte und motivierte Berufssoldaten als Kern, eine schlanke Verwaltung, die nicht 60 Prozent des Wehretats wie momentan verschlingt und eine gut organisierte und ausgebildete Miliz als Verstärkung.

Im Gegensatz zu Fichtenbauer und Kapeller konnten sich Puntigam und Schaffer eine allgemeine Dienstpflicht – nicht nur im Rahmen des Bundesheeres – auch für Frauen vorstellen.

Reges Interesse an der Heeres-DiskussionIm Anschluss kam es zu einer lebhaften Diskussion mit dem Publikum, an der unter anderem der ehemalige Nationalrat Lutz Weinzinger und Oberstleutnant Bogenreiter, Kommandant des Panzergrenadierbataillon 13 in Ried, teilnahmen. Allen aus der Seele sprach dabei Brigadier a.D. Puntigam mit einem Satz, der nicht nur im Bereich der Sicherheitspolitik gültig ist: "Die Politik soll den Menschen sagen, was sie wissen müssen, nicht was sie hören wollen."

Organisator Podgorschek zog am Schluss der sehr inhaltsvollen Diskussion das Fazit, dass seit Jahren am Bundesheer „herumgedoktert“ werde und sich die Situation für die Landesverteidigung immer mehr verschlechtert habe. “Der größte Hemmschuh für jede Neuaufstellung des Österreichischen Bundesheeres ist das vorhandene Dienstrecht. Bevor nicht ein neues, modernes Militärdienstrecht eingeführt wird, sind alle Ansätze zu Sanierung des Bundesheeres reine Makulatur.”

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