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Transparent im Parlament

Weil Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka ein ÖVP-Transparent länger ausgerollt ließ als bei anderen Fraktionen, warf ihm die Opposition Ungleichbehandlung vor.

10. Dezember 2020 / 17:59 Uhr

ÖVP rollte im Parlament Transparent aus: Sobotka ließ seine Leute gewähren

Wirbel im Parlament, weil ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka ein Transparent seiner Fraktion länger im Plenum ausgerollt ließ, als er es bei anderen Parteien üblicherweise zulässt. Dafür musste er sich den Vorwurf der Ungleichbehandlung gefallen lassen.

Alles sind gleich – nur die eigene Partei ist gleicher

Es passierte bei der Rede der ÖVP-Abgeordneten Claudia Plakom, als plötzlich ÖVP-Parlamentarier ein Transparent mit der Aufschrift „NEIN zu rot-pinker Atomkraft! Ja zum Klimaschutz!“ ausrollten. Zu sehen in der ORF-TVthek ab Minute 04:33.

Sobotka, sonst sehr penibel bei solchen Dingen, ließ die Präsentation eine Minute lang zu, was die Abgeordneten der Oppositionsparteien zur Weißglut brachte. Nikolaus Scherak von den Neos meldete sich daraufhin zur Geschäftsordnung zu Wort:

Ich hätte nur eine Bitte an Sie. Nachdem Sie sonst, wenn wo Transparente ausgerollt werden, sehr rasch sind, um zu bitten, sie herunterzunehmen, oder bei etwaigen Taferln, wäre es auch wichtig, das im eigenen Parlamentsklub zu machen und rascher zu reagieren.

Sobotka meinte daraufhin:

Herr Abgeordneter Scherak, das war nicht einmal 30 Sekunden, und ich habe beim letzten Mal 40 Sekunden gewartet. Ich weise das zurück, dass ich in irgendeiner Form ungleich behandle.

Lebt Sobotka in eigener Zeitrechnung?

Dafür erntete der Nationalratspräsident höhnisches Gelächter der Abgeordneten, die nicht, wie Sobotka behauptete, 30 Sekunden für die Präsentation des Transparentes stoppten, sondern eine ganze Minute. Ein Zwischenrufer meinte, Sobotka würde in einer eigenen Zeitrechnung leben.

Hintergrund der ÖVP-Aktion war ein Interview von Hannes Androsch (SPÖ) und der Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger im trend, in dem beide Sympathie für Atomstrom bekundeten.

Abrechnung mit türkis-grüner Energiepolitik

Androsch rechnete in dem Interview mit der türkis-grünen Energiepolitik ab:

Wir haben beim Klimaschutz außer Ankündigungen nichts erreicht. Wir sind, im Unterschied zur Schweiz, ein Klimasünder mit dem doppelten CO2-Ausstoß pro Kopf.

Androsch sagte im trend, “dass die Schweiz um so viel besser dasteht, ist auch auf ihre fünf Atomkraftwerke zurückzuführen. Neue Atomkraft-Technologien könnten mit dazu beitragen, den Planeten vor dem Umkippen zu schützen“.

Atom-Ausstieg in Deutschland war Fehler

Meinl-Reisinger widersprach nicht und legte sogar nach:

Ich habe den sehr raschen Atom-Ausstieg in Deutschland für einen Fehler gehalten. Weil der Ersatz ohne fossile Energien unklar ist. Jedenfalls bin ich dagegen, auch Forschung und Entwicklung in diesem Bereich zu unterbinden. Wir sind in Österreich – im Gegensatz zu vielen anderen – aber in der glücklichen Lage, auf erneuerbare Energien ganz ohne Atomkraft umstellen zu können.

Dass die ÖVP nun ein Transparent mit der Aufschrift „Nein zu Atomstrom“ ausrollte, werden Aktivisten wohl als reinen Aktionismus ohne Hintergrund sehen. Denn in einer Aussendung vom Dezember 2019 bemerkten Gabriele Schweizer und Roland Egger von „atomstopp_oberösterreich“:

(…) Eine schriftlich festgehaltene Erwähnung von Atomkraft als legitimes Mittel zur Erreichung der Klimaziele – die steht im Ergebnis der letzten EU-Gipfelkonferenz. Für ein Übereinkommen im Zeichen eines Green Deals ist das inakzeptabel. (…) Ausgerechnet die beiden potenziell neuen Koalitionspartner ÖVP und GRÜNE schweigen sich zum Thema aus, das ist ernüchternd. Stumm blieben auch die NEOS.

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