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Familie Fritz

Sigrid K., Werner Fritz und Gudrun E. mit dem Bild ihres Vaters beziehungsweise Bruders Herbert Fritz, für dessen Befreiung sie kämpfen.

19. November 2023 / 14:55 Uhr

Von Taliban verschleppt: Töchter kämpfen um Befreiung der politischen Geisel

Der 84-jährige Herbert Fritz wurde am 19. Mai von Schergen des Taliban-Regimes in Kabul, Afghanistan, entführt und in ein Geheimdienst-Gefängnis verschleppt. Österreichs Außenministerium gelang es bis dato nicht, über die Befreiung des Entführungsopfers zu verhandeln.

Die Töchter des Mannes, Sigrid K. und Gudrun E., sowie der Bruder, Werner Fritz, haben lange Zeit die Öffentlichkeit gemieden, um mögliche „konsularische Interventionen“ nicht zu stören, doch jetzt haben sie das Vertrauen in die Bemühungen des Außenministeriums verloren und machen auf die brisante Situation ihres Vaters, Bruders und Großvaters aufmerksam.

Ohne Anklage, ohne Verfahren, ohne Verurteilung im Gefängnis

Herbert Fritz sitzt nämlich schon seit fast sieben Monaten unschuldig, ohne Anklage, ohne Verfahren, ohne Verurteilung im Gefängnis des Außengeheimdienstes „Reyast 40“ – in einer Zelle ohne Tageslicht, auf Matratzen, kaltem Boden und ohne Decken. Zuletzt, am 24. September, konnte seine Tochter, Sigrid K., mit ihm kurz telefonieren. Sie musste feststellen: Hilfslieferungen wie dringend notwendige Medikamente zur Blutverdünnung kommen nicht an, das Hörgerät ist kaputt – ohne Hörgerät könnte er bald taub sein.

Herbert Fritz reiste sehr oft in islamische Länder, um Recherchen für seine Bücher über das Selbstbestimmungsrecht der Völker zu machen. Foto: Z.V.g.

“What a lovely Gentlemen”

Ein Mithäftling von Herbert Fritz, der Brite Kevin Cornwell, der für die NGO Iqarus die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung in Krisengebieten sicherstellen sollte und ebenfalls verschleppt und eingesperrt wurde, war vor einigen Wochen – nach Verhandlungen seiner Regierung – freigelassen worden. Er bestätigte gegenüber unzensuriert die unmenschlichen Haftbedingungen für „What a lovely Gentlemen“ (Was für ein liebenswürdiger Herr). Von ihm war auch zu erfahren, wie Herbert Fritz ins Gefängnis kam: Männer mit Kalaschnikow-Maschinengewehren hätten ihm auf der Straße einen Sack über den Kopf gestülpt und entführt.

Gemeinsames Foto mit Oppositionsführer im “Bruno Kreisky Forum”

Die Verwandten nehmen an, dass Dr. Fritz vom afghanischen Geheimdienst bereits erwartet wurde. Mutmaßlich werden ihm Spionage beziehungsweise staatsfeindliche Aktivitäten vorgeworfen. Genaues weiß man nicht.

Zum Verhängnis dürfte dem Autor und Islam-Kenner Fritz, der zu Recherchezwecken für ein neues Buch nach Afghanistan reiste, die Teilnahme am „2. Wiener Intra-Afghanistan-Treffen“ am 26. April im „Bruno Kreisky Forum“ geworden sein, wo sich afghanische Oppositionskräfte über das politische Vorgehen in ihrem Land unterhielten. Bei dieser Gelegenheit hatte Herbert Fritz ein gemeinsames Foto mit Oppositionsführer Ahmad Schah Massoud gemacht. Dieses Foto auf Fritz‘ Mobiltelefon dürfte bei einer Anhaltung und Überprüfung entdeckt worden sein, was dann zu diesem Martyrium geführt haben könnte.

Verhandlungen statt konsularische Interventionen

„Wir haben dem Außenministerium lange vertraut und auf Freilassung gehofft“, sagten die beiden Töchter von Herbert Fritz gegenüber unzensuriert. Jetzt aber würden sie sich an die Öffentlichkeit wenden, weil sie das Gefühl hätten, dass ihr Vater von der österreichischen Regierung nicht wie ein politischer Gefangener behandelt würde, obwohl er in Afghanistan als solcher anerkannt werde. Man wolle nun öffentlichen Druck auf die politisch Verantwortlichen in Österreich ausüben, sodass diese den afghanischen Behörden statt konsularische Interventionen endlich Verhandlungen anbieten.

Petition und Mahnwache vor der Hofburg

Dazu gibt es nun eine Petition für die Befreiung von Herbert Fritz unter dem Link: https://www.openpetition.eu/at/petition/online/freiheit-fuer-herbert-fritz. Diese kann jeder unterschreiben. Zudem findet am Donnerstag, 23. November, von 15 bis 17 Uhr, vor dem Sitz des Bundespräsidenten auf dem Ballhausplatz eine Mahnwache statt.

Morgen, Montag, lesen Sie: “So wurde ein 27-jähriger Wiener Student zur politischen Geisel im Iran

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