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Bozen: 1988 vertrat die Südtiroler Volkspartei noch 90 Prozent der Südtiroler Stimmen, 2013 nur noch 52 Prozent. Ein weiterer Absturz bei der Wahl im Herbst ist wahrscheinlich.

4. Feber 2018 / 14:12 Uhr

Erste Basiswahlen im Südtiroler Bauernbund: Signal für Landtagswahlen im Herbst

Südtirols Bauern gelten als letzter, treuester Stand der Südtiroler Volkspartei (SVP). Doch der Schein trügt. Nicht die Bauern, sondern der Südtiroler Bauernbund (SBB) steht geschlossen hinter der SVP. Der Bauernbund als Monopolverband wird seit Jahrzehnten von der SVP als Vorfeldorganisation der Partei geführt. Daher unterstützte der Landesbauernrat seit Kriegsende nur SVP-Kandidaten bei den Landtagswahlen.

Berufsverbände sollen überparteilich sein

Bauern, die auf anderen Südtiroler Listen kandidierten, verweigerte man seitens des  Bauernbundes jede Unterstützung. Darüber wurde der Unmut in den vergangenen Jahren immer lauter. Vor allem Südtirols Freiheitliche fordern mit Nachdruck die Überparteilichkeit der Berufsverbände.

Im Frühjahr 2018 wählt Nordtirol einen neuen Landtag, im Herbst folgt Südtirol. Der erhöhte Druck der Basis zwang die SVP-gelenkte Bauernbundführung nun doch zum Einlenken.

Erstmals Basiswahlen zur Ermittlung der Kandidaten

Erstmals wurden Basiswahlen durchgeführt, um die traditionell vier Landtagskandidaten zu ermitteln, die vom Bauernbund offiziell unterstützt werden.

Der SVP-gelenkte Landesbauernrat dachte sich jedoch Spielregeln aus, dass trotz Basiswahl eine Veränderung unrealistisch war. Jeder Bewerber musste 500 Unterstützungsunterschriften von Bauernbundmitgliedern erbringen. Das sind bei 20.000 bewirtschafteten Bauernhöfen ganze 2,5 Prozent. Das galt aber nur für die Opposition. Die SVP-Bewerber mussten keine Unterschriften erbringen. Für sie genügte die Nominierung durch den Landesbauernrat oder eine Teilorganisation des Bauernbundes.

25 Prozent der Bauern wählten den freiheitlichen Landesobmann

Dennoch nahmen neben acht SVP-Vertretern auch zwei Oppositionelle die Bewerbungshürden, was bereits eine kleine Sensation war. Die 500 Unterstützungsunterschriften konnten der freiheitliche Landesparteiobmann Andreas Leiter-Reber und Christoph Mitterhofer, Gemeinderat der Süd-Tiroler Freiheit in Meran, beide Weinbauern im Burggrafenamt, beibringen. Die Grünen scheiterten hingegen schon im Vorfeld.

Die Haupttücke lag jedoch im Wahlrecht. Da jeder Wahlberechtigte bis zu vier Kandidaten eine Stimme geben konnte, hatte die Mehrheit die Möglichkeit zum Durchmarsch und damit leichtes Spiel. Dementsprechend fiel auch das Ergebnis aus. Alle vier Bauernbund-Kandidaten für die kommende Landtagswahl gehören trotz Basiswahl der SVP an. Zwei, Maria Hochgruber-Kuenzer und Sepp Noggler, sind bereits Landtagsabgeordnete. Mit den beiden Bürgermeistern Franz Locher (Sarntal) und Joachim Reinalter (Percha) kommen zwei Neulinge dazu.

Dennoch ist die Basiswahl zu einem wichtigen Signal geworden. Erstmals wurde sichtbar, dass es auch unter Südtirols Bauern unterschiedliche Meinungen gibt. Mit 4.216 Stimmen erhielt der freiheitliche Landesobmann Andreas Leiter-Reber 25 Prozent der Stimmen. Jeder vierte Bauer will ihn im Landtag sehen.

Süd-Tiroler Freiheit erringt mit 15,2 Prozent deutlichen Achtungserfolg

Auch Christoph Mitterhofer, Enkel des Südtiroler Freiheitskämpfers Sepp Mitterhofer, erzielte, mit 2.584 Stimmen oder 15,2 Prozent einen Achtungserfolg für die Süd-Tiroler Freiheit. Sowohl Südtiroler Freiheitliche als auch die Süd-Tiroler Freiheit treten für die Lostrennung Südtirols von Italien und die Wiedervereinigung Tirols ein.

Volkspartei im freien Fall

1988 vertrat die Südtiroler Volkspartei noch 90 Prozent der Südtiroler Stimmen, die Selbstbestimmungsparteien erst fünf Prozent. Bei den Landtagswahlen 2013 wählten nur noch 52 Prozent die SVP, dafür aber bereits 37 Prozent der Südtiroler die Unabhängigkeitsparteien.

Die Basiswahl des Südtiroler Bauernbundes zeigt, dass sich auch im “treuesten” SVP-Stand die Zeiten ändern.

Vortrag über Südtirol am 7. Februar in Wien

Wer mehr über die Geschichte Südtirols und die aktuellen politischen Entwicklungen erfahren möchte, hat am Mittwoch, 7. Februar 2018, Gelegenheit: Um 19.00 Uhr spricht der ehemalige Generalsekretär der Südtiroler Freiheitlichen, Michael Demanega, zum Thema “Südtirol quo vadis?” im Schulvereinshaus, Fuhrmannsgasse 18a, 1080 Wien.

 

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