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Die letzte Ruhestaette von Sepp Kerschbaumer in Frangart, Suedtirol.

20. Dezember 2014 / 14:00 Uhr

Sepp Kerschbaumer kämpfte und starb für sein Heimatland

Als der Südtiroler Freiheitskämpfer Sepp Kerschbaumer vor 50 Jahren im Kerker in Verona an den Folgen der brutalen Folter italienischer Carabinieri starb und sein Begräbnis in seinem Heimatort Frangart zu einer Volkskundgebung mit 40.000 Teilnehmern wurde, schickte die damalige SPÖ wenigstens noch einen Kranz. Heute wollen die Roten, aber auch die Schwarzen in der Koalition, mit der Autonomie Südtirols am liebsten nichts mehr zu tun haben. So war es auch nicht überraschend, dass zu den Feierlichkeiten anlässlich des 50. Todestages von Sepp Kerschbaumer ein einziger Vertreter des österreichischen Parlaments anreiste: Der Südtirolsprecher der Freiheitlichen, Werner Neubauer.

Der Frangarter Kaufmann Sepp Kerschbaumer war der Gründer des "Befreiungsausschusses Südtirol" (BAS). Seine Organisation war entschlossen, notfalls auch durch demonstrative Anschläge die internationale Öffentlichkeit auf den Betrug mit dem Autonomiestatut von 1948 aufmerksam zu machen.

Bruch des Pariser Vertrages

Im Jahre 1948 war den Südtirolern eine Regionalautonomie für die Region „Trentino-Alto Adige“ mit völlig unzureichenden Befugnissen für Südtirol (Provinz Bozen) aufgezwungen worden, obwohl im „Pariser Vertrag“ von 1946 eine eigene Landesautonomie für Südtirol zugesichert worden war. Im Regionalrat waren die Südtiroler einer italienischen Zweidrittelmehrheit ausgeliefert, unter deren Regie das alte faschistische Italienisierungsprogramm ungebremst weiter lief. Das Ziel der italienischen Politik war nach wie vor, in Südtirol eine italienische Mehrheit zu schaffen und die Südtiroler auf allen Gebieten zu entrechten.

Junge Südtiroler zur Abwanderung gezwungen

Seit Kriegsende zielte die Politik aller römischen Regierungen darauf ab, die italienische Volksgruppe zahlenmäßig über die 50 Prozent-Marke zu heben. Erreicht werden sollte dieses Ziel über eine geförderte Zuwanderung von Italienern bei gleichzeitiger Diskriminierung der Südtiroler bei Arbeits- und Wohnungsvergaben. So wurden junge Südtiroler zur Abwanderung ins Ausland gezwungen.

Ausbürgerungsgesetz im römischen Parlament

Am 6. Februar 1961 wurde im italienischen Senat von christdemokratischen Senatoren ein Ausbürgerungsgesetz unter dem Titel „Zur Ausbürgerung italienischer Staatsbürger, die sich der Republik gegenüber untreu verhalten“ eingebracht. Das Gesetz sollte den willkürlichen Entzug der Staatsbürgerschaft von ehemaligen Optanten auf dem Verwaltungsweg ermöglichen und somit den überwiegenden Teil der erwachsenen Bevölkerung betreffen, die seinerzeit zu rund 86 Prozent für Deutschland gestimmt hatte. Verhandlungen mit dem damaligen österreichischen Außenminister Bruno Kreisky (SPÖ), der dieses Gesetz als "fruchtbar gefährlich" bezeichnete, scheiterten in Klagenfurt. Und der damalige Landeshauptmann von Südtirol, Silvius Magnago, sah Handlungsbedarf: „Bevor das Gesetz in die Kammer geht, muss von uns aus eine Aktion gestartet werden.“

Der große Schlag der Feuernacht

Das Verhalten der italienischen Regierung machte deutlich, dass die Zeit gekommen war, um die Weltöffentlichkeit auf das Unhaltbare der Situation aufmerksam zu machen. Die "Aktion" startete aber nicht Magnago, sondern Sepp Kerschbaumer und seine Kameraden der BAS, die vor allem Anschläge auf staatliche Symbole der Italiener verübten. Der 11. Juni 1961 ging als "Feuernacht" in die Geschichte ein. Bruno Kreisky war von den Taten informiert worden, bezeugt ist folgende Äußerung von ihm: "Auf ein paar Masten mehr oder weniger soll es nicht ankommen."

Terror und Folter

Die "Feuernacht" löste eine Reihe von Ereignissen aus: Rom reagierte auf die Anschläge mit Härte und mit unglaublichen Methoden des Terrors und der Folter. Bald wurden erste Nachrichten über die Folterungen wehrloser politischer Häftlinge bekannt. Parallel zu den Repressionsmaßnahmen machte Rom – auch auf Druck der westlichen Welt – ein direktes Autonomie-Verhandlungsangebot an die Südtiroler Volkspartei. Schließlich landete das Ausbürgerungsgesetz auf der Müllhalde der Geschichte. Allerdings: Ohne den Freiheitskampf wäre ein formalrechtlich gedecktes Terror-Regime über Südtirol hereingebrochen. Die staatlich gelenkte Zuwanderung von Italienern hätte bei ungestörtem weiteren Verlauf zu einer italienischen Mehrheit etwa im Jahre 1971 geführt. Dies lässt sich aus den statistischen Daten lesen.

Das Leiden des Sepp Kerschbaumer

Der Freiheitskampf forderte aber viele Opfer, die nach einer Verhaftungswelle schwerer Folter ausgesetzt waren. Am 15. Juli 1961 wurde auch Sepp Kerschbaumer gefasst. Er berichtete am 1. September 1961 in einem Brief an den Südtiroler Landeshauptmann Magnago, dass er mit Faustschlägen traktiert worden sei und bis zu 16 Stunden mit erhobenen Händen habe stehen müssen. Was er bei anderen Kameraden gesehen habe, sei einfach furchtbar gewesen. Drei von ihnen habe er gar nicht mehr erkannt. Sepp Kerschbaumer wurde zu 15 Jahren und elf Monaten Kerker verurteilt und nach Verona gebracht. Dort verstarb er an Herzlähmung. Sein Gesundheitszustand war seit den schweren Misshandlungen durch die Carabinieri ein sehr schlechter gewesen. Als dritter politischer Südtirol-Häftling gab er im Gefängnis sein Leben für die Heimat.

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