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21. September 2013 / 10:20 Uhr

FPÖ-Steuerexperte Fuchs: Steuern senken heißt Arbeitsplätze schaffen!

Die wichtigste Wahl des Jahres steht kurz bevor und bietet auch die Chance auf frischen Wind im Parlament. Der Steuerexperte DDr. Hubert Fuchs hat sehr gute Chancen, für die FPÖ in den Nationalrat einzuziehen. Als  erfolgreicher Jurist und langjähriges Mitglied in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder erkennt Fuchs in Österreich viele Missstände und auch Potentiale. In den vergangenen Jahren sind einige falsche Richtungen eingeschlagen worden und Verbesserungen ausgeblieben. Im Unzensuriert-Interview präsentiert Hubert Fuchs seine Vorstellungen zur Steuerpolitik und spart dabei nicht mit Kritik an SPÖ und ÖVP.

Herr DDr. Fuchs, wie sehen Sie als Steuerexperte die Situation Österreichs?
Fuchs: Ich möchte einmal grob die Gesamtsituation aufzeigen. Laut Zahlen aus dem Finanzministerium gibt es ca. 2,6 Millionen Personen, die weniger als 11.000 Euro pro Jahr verdienen und daher keine Einkommensteuer zahlen. 2,5 Millionen haben ein steuerpflichtiges Einkommen von bis zu 25.000 Euro pro Jahr und zahlen 36,5 Prozent Einkommensteuer. Dann gibt es 1,3 Millionen Personen, die bis zu 60.000 Euro pro Jahr verdienen und 43,21 Prozent Einkommensteuer zahlen müssen. Und jene 200.000 Personen, die mehr als 60.000 Euro pro Jahr verdienen, zahlen 50 Prozent Einkommensteuer. 39 Prozent der Steuerpflichtigen verdienen demnach so wenig, dass sie keine Einkommensteuer zahlen müssen. Summa summarum gibt es also sehr viele einkommensschwache Menschen in Österreich und jene Menschen, die Einkommensteuer zahlen, zahlen immens viel!
Durch die Gruppenbesteuerung, Förderung der Spekulationsbanken und Sozialisierung der Spekulationsverluste der Banken hat Rot-Schwarz wesentlich zur Umverteilung, allerdings in die falsche Richtung, beigetragen.

Wo würden Sie bei der Einkommensteuer ansetzen?
Fuchs: Der Eingangssteuersatz von 36,5 Prozent ist viel zu hoch und sollte auf 25 Prozent gesenkt werden; der Höchststeuersatz sollte nicht schon bei 60.000 Euro, sondern erst bei 80.000 Euro oder 100.000 Euro Jahreseinkommen angewendet werden; auch bei den anderen Tarifsätzen bzw. Progressionsstufen besteht ein Anpassungsbedarf. Zur Vermeidung der kalten Progression sollten die Progressionsstufen laufend entsprechend der Inflation erhöht werden. Mehr Netto vom Brutto lautet die Devise! Durch diese steuerlichen Maßnahmen würde man nicht nur die Lohnsteuerzahler, sondern auch die fleißigen heimischen Kleingewerbetreibenden und mittelständische Unternehmen entlasten, welche das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft bilden. Wichtig ist auch eine steuerliche Entlastung der Familien durch ein neues Familienbesteuerungsmodell, dem sogenannten “Familiensplitting”. Hier wird das gesamte Familieneinkommen addiert und formell auf alle Familienangehörigen aufgeteilt (“gesplittet”); die Steuer wird dann von diesen (kleineren) Teileinkommen berechnet. Einen massiven Reformbedarf gibt es auch bei den Pendlern. Hier sollte es Verbesserungen bei der Pendlerpauschale für jene geben, die beruflich auf das Auto angewiesen sind.

SPÖ und ÖVP werden dazu wohl eher sagen, dass der Staat durch so ein Modell weniger Steuern erhält, folglich das Sozialsystem in Gefahr wäre.
Fuchs: Unsinn. Durch weniger Steuern wird die Kaufkraft gestärkt. Wenn die Menschen mehr Geld zum Ausgeben haben, kaufen sie mehr, die Binnennachfrage steigt. Dadurch werden Arbeitsplätze geschaffen. Der Staat muss weniger ins Sozialsystem buttern, bekommt außerdem mehr Einkommensteuer und – vor allem wegen des höheren Konsums – auch mehr Umsatzsteuer. Außerdem ist es höchste Zeit, den derzeit existierenden Steuerdschungel zu durchforsten.

Kommen wir zur Gruppenbesteuerung. Diese ist seit langem umstritten. Wie denken Sie darüber?
Fuchs: Erst einmal zur Erklärung: Seit 2005 gilt in Österreich – ohne europarechtliche Vorgaben – das System der Gruppenbesteuerung. In einer Unternehmensgruppe können seither finanziell verbundene Unternehmen – auch ausländische Körperschaften ohne regionale Einschränkung – ihre Gewinne mit den Verlusten gegenrechnen und damit die Steuerlast mindern. Im Vergleich zu jenen EU-Mitgliedstaaten, die Gruppenbesteuerungssysteme anwenden, ist die österreichische Gruppenbesteuerung sehr weiträumig und zu großzügig gestaltet. Hier muss regulierend eingegriffen werden, weil der Republik Österreich dadurch sehr viele Steuern entgehen! Beispielsweise würde ich Unternehmensgruppen nur mehr mit Körperschaften, deren Sitz sich in der EU/EWR befindet, zulassen; Körperschaften aus Drittstaaten sollten nicht mehr in eine Unternehmensgruppe einbezogen werden können. Hinsichtlich der Nachversteuerungspflicht der im Inland geltend gemachten ausländischen Verluste stelle ich mir einen Zeitraum von drei, maximal fünf Jahren vor; derzeit gibt es keine zeitliche Beschränkung, weshalb die Nachversteuerungspflicht in der Regel nicht greift! Die Gruppenbesteuerung ermöglicht übrigens den international agierenden Finanzinstituten ihre ausländischen Verluste im Inland zu verwerten. Dies hilft wiederum den Großbanken ihre Ertragsteuerbelastung massiv zu reduzieren. Demgegenüber profitieren beispielsweise Sparkassen – die verhältnismäßig regional agieren und so einen wertvollen Beitrag zum Wirtschaftsgeschehen leisten – von der derzeitigen Gesetzeslage relativ wenig.

Was heißt das konkret an einem Beispiel?
Fuchs: Ich nenne Ihnen zwei: Laut Medienberichten erzielte eine Wiener Großbank im Jahr 2009 einen Gewinn von 1,15 Milliarden Euro und führte für dieses Jahr keinerlei Gewinnsteuer an die Republik Österreich ab; dies entspricht einem Steuerbonus von 287,5 Millionen Euro. Doch allen voran zeigt ein anderer Bankenkonzern, welche grotesken Blüten die Gruppenbesteuerung im Finanzsektor mit sich bringt. Im Zeitraum von 2006 bis 2008 erwirtschaftete dieser Bankenkonzern einen kumulierten Gewinn von 1,9 Milliarden Euro. An die Republik Österreich wurden dabei Gewinnsteuern im Umfang von 19 Millionen Euro entrichtet, was einem Steuersatz von 1 Prozent entspricht! Ausgehend von einem 25-prozentigen Körperschaftsteuersatz zeigt sich, dass dieser Bankenkonzern auf Grund der Gruppenbesteuerung einen Steuerbonus von 475 Millionen Euro erhalten hat. Allein diese Zahlen belegen, dass die von der Bundesministerin für Finanzen in zahlreichen Anfragebeantwortungen angegebenen Kosten der Gruppenbesteuerung viel zu niedrig sind; ebenso scheinen die diesbezüglichen Angaben der Bundesregierung in den Förderungsberichten nicht den Tatsachen zu entsprechen. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Österreich für manche Banken eine “Steueroase” darstellt.

Gibt es Steuern, die Sie sofort abschaffen würden?
Fuchs: Beispielsweise könnten die meisten Bestimmungen im Gebührengesetz – wie die Mietvertragsgebühr – abgeschafft werden. Generell ist der Steuerdschungel nach Bagatellsteuern zu durchforsten, deren Abgabenaufkommen in keinem Verhältnis zu den Kosten der Einhebung durch die Beamten steht. Diese Steuern gehören ersatzlos gestrichen! Die Streichung dieser Bagatellsteuern entlastet die Bevölkerung und hilft Kosten in der Verwaltung zu sparen; also ein doppelt positiver Effekt. Die sehr gut ausgebildeten Finanzbeamten sollten nicht in der Verwaltung von Bagatellsteuern eingesetzt werden; diese “Verwaltung” wünsche ich mir eher zur Betrugsbekämpfung und zur Bekämpfung der Schwarzarbeit.
Auch die Gesellschaftsteuer, welche insbesondere bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) oder bei einer Kapitalerhöhung fällig wird, gehört abgeschafft, da durch diese Steuer nicht nur die Unternehmensgründung verteuert wird, sondern auch die Zufuhr von Eigenkapital benachteiligt wird! Die Kredit- und Darlehensgebühren für Fremdkapital wurden bereits abgeschafft, und das ist auch gut so; die Zufuhr von Eigenkapital wird aber immer noch mit einer 1%igen Gesellschaftsteuer bestraft!

Kommen wir noch einmal zur Einkommensteuer zurück. Sie wollen diese senken. Allerdings hilft das denen, die ohnehin keine oder wenig Steuern zahlen und daher arm sind, nicht wirklich.
Fuchs: Auch für jenes Drittel der Steuerpflichtigen, das keine Einkommensteuer zahlt, gibt es ein Konzept, insbesondere für jene, die als “working poor” gelten. Das sind Menschen, die Tag für Tag arbeiten gehen – also vollbeschäftigt sind -, aber unter der Armutsgrenze leben müssen und sich das Leben nicht mehr leisten können; bedauerlicherweise gibt es in Österreich ca. 200.000 solcher Menschen. Menschen arbeiten, um zu leben und leben nicht nur um zu arbeiten! Darüber hinaus sind über eine Million Österreicher armutsgefährdet. Unsere Forderung: Ein (gesetzlicher) Mindestlohn von 1.600 Euro. Das wäre ca. das Doppelte der gesetzlichen Mindestsicherung und somit auch ein Anreiz, arbeiten zu gehen. Im Übrigen ist es ein Skandal, dass zahlreiche Kollektivverträge noch immer Mindestlöhne zwischen 1.000 Euro und 1.200 Euro vorsehen, also Mindestlöhne unterhalb der Schwelle für die Armutsgefährdung. Hier haben die Sozialpartner versagt.
Wir müssen Österreich wieder gerechter machen, indem wir die steuerlichen Ungerechtigkeiten beseitigen. Hauptziel muss es sein, den fleißigen Mittelstand und die Familien steuerlich zu entlasten. Leistung muss sich wieder auszahlen!

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