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11. Juli 2013 / 07:30 Uhr

250.000 Euro Spende für Kirche, die es noch gar nicht gibt

Der Wiener Stadterweiterungsfonds wurde vor mehr als 150 Jahren von Kaiser Franz Josef I. zur Finanzierung von Monumentalbauten an der Ringstraße eingerichtet. Der Rechnungshof (RH) empfahl schon 1961 die Auflösung dieses Fonds. Doch er besteht nach wie vor und entwickelte sich zum Bedienungsladen für Menschen und Organisationen, die im Dunstkreis der Politik agieren.  Besonders skurril: Der Fonds soll laut RH für eine Kirche 250.000 Euro gespendet haben, für die es noch nicht einmal einen Plan gibt.

Das Geld erhielt die Erzdiözese Wien 2008 für einen Kirchenbau in der Seestadt Aspern, doch bis heute gibt es weder Plan noch Bauplatz. Der RH überprüfte 2012 die Gebarung des Fonds über den Zeitraum 2005 bis 2011 und damit auch mehrere Liegenschaftsverkäufe in der Wiener Innenstadt. Dabei kam auch heraus, dass die lutherische Stadtkirche 2008 die Summe von 50.000 Euro überwiesen bekam. Sie wollte mit dem Geld ein Kirchencafé einrichten. Das Kaffeehaus gibt es bis heute nicht, dafür wolle man das Geld für die Renovierung der Orgel sparen, verriet man dem ORF Report. Zuletzt stand der Fonds in der Kritik, weil ein Grundstück an der Wiener Mölker Bastei 2008 um 15.000 Euro an den Sohn der früheren ÖVP-Nationalratsabgeordneten Edeltraud Lentsch, Michael, der – wie er in einer Stellungnahme betont –  nur Treuhänder des Immobilien-Deals gewesen sein will, verkauft wurde. Ein vom Fonds beauftragtes Gutachten wies aber einen Verkehrswert von 670.000 Euro aus.

Grundstücksdeal am Heumarkt

Ein Verkauf betraf auch die Liegenschaft des Wiener Eislaufvereins am Heumarkt, wo Anbote bis neun Millionen Euro vorlagen. Verkauft wurde allerdings für “vergleichsweise geringe” 4,2 Millionen Euro. Der Rechnungshof moniert: “Das Erlöspotenzial wurde nicht ausgeschöpft, das Vergabeverfahren hätte gestoppt werden sollen.” Unzensuriert.at hat sich diesen Grundstücksdeal, in dem die Tochter einer gemeinnützigen roten Genossenschaft und mit dem SPÖ-Nationalratsabgeordneten Peter Wittmann auch ein prominenter Roter verwickelt sind, vor einigen Monaten schon genauer angeschaut.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Offenbar musste aber mehr an die Öffentlichkeit dringen, bis die Staatsanwaltschaft endlich Ermittlungen in Gang setzte. Vor allem die Spenden ins Ausland könnten noch Folgen haben. So flossen 330.000 Euro ans Ausland, darunter an eine katholische Universität in Rom.

“Der Vorwurf lautet Untreue relevanten Verhaltens. Er richtet sich gegen Organe des Wiener Stadterweiterungsfonds. Der Vorwurf bezieht sich darauf, dass hier satzungswidrig Spendentätigkeit vorgenommen worden wäre”, sagte der Sprecher der Generalprokuratur, Martin Ulrich, gegenüber dem Report. Der Akt geht an die Staatsanwaltschaft Wien, die jetzt mit ihrer Arbeit beginnt. Entschieden ist noch nichts, für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

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