Wird das Liebesduett “Mann und Weib, und Weib und Mann” aus Mozarts “Zauberflöte” ebenso bald verstummen wie “Der Zigeunerbaron” von Strauß? Auch Shakespeares “Othello, der Mohr von Venedig” wird wohl bald ohne Titelheld auskommen müssen. Treibt die politische Korrektheit weiterhin so seltsame Blüten und verstellen Redeverbote und Tabus in den Medien den Blick auf die Realität, werden in der halben abendländischen Kunst und Literatur Löcher klaffen.
“Eine Gesellschaft, die abweichende Meinungen mit Sanktionen bedroht und die Schere selbst an harmlose Kinderbücher ansetzt, beweist die Souveränität eines Sklaven”, schreibt Philipp Gut, stellvertretender Chefredakteur der Schweizer Weltwoche, im Leitartikel der aktuellen Ausgabe der Berliner Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT (JF).
“Kollektiver Wächterrat” verkennt Ironie des Phänomens
So sei es “Humbug”, einem konservativen Katholiken wie Martin Lohmann vorzuwerfen, dass er konservativ-katholische Werte vertrete. Den Vogel habe aber jüngst der Verleger Klaus Willberg vom Stuttgarter Thienemann-Verlag abgeschossen, der historische Ausdrücke wie “Negerlein” aus seinen Kinderbüchern streichen wolle. Dieser eifere dem Hamburger Verlag Friedrich Oetinger nach, der zuvor “Pippi Langstrumpf” von “Negern und Zigeunern” gesäubert habe.
Alles, was diesem “neuen Jakobinertum” der politischen Korrektheit widerspreche, werde umgehend geahndet. Dabei verkenne der “kollektive Wächterrat” die “Ironie des Phänomens: Zum Vorschein kommt die Intoleranz der Toleranten”, schreibt Gut. Die “Progressiven, Linken, Netten” würden sich vor den Augen der staunenden Zeitgenossen in “Karikaturen repressiver Machtapparate” verwandeln.
Aus den Augen von Claudia Roth blitzte blanker Hass
Gut habe dies kürzlich selbst in der ARD-Sendung “Menschen bei Maischberger” erlebt: Nachdem er über “die Fakten des steigenden Kriminaltourismus von professionellen Roma-Diebesbanden” gesprochen hatte, “verweigerte Grünen-Chefin Claudia Roth Handschlag und Gruß. Aus ihren Augen blitzte blanker Hass.” – “Was nicht sein soll, gibt es nicht. Redeverbote und Tabus verstellen die Sicht auf die Realität”, so Gut.
In seinem Kommentar plädiert der Schweizer Journalist, der sich als einer der wenigen seiner Zunft nicht dem Diktat der Political Correctness beugt, für mehr Gelassenheit und den Geist echter Freiheit. Sonst würden die aufgeklärten westlichen Staaten und Gesellschaften hinter ihre eigenen Maßstäbe zurückfallen. “Denkbar wäre ja auch, dass man sich hart streitet, ohne unliebsame Positionen mit Tabus und Sprechverboten zu belegen”, meint Gut, der als Gegengift empfiehlt: “Mehr Sportlichkeit, mehr Widerspruchsgeist, mehr Humor.”
Artikel teilen