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1. Dezember 2012 / 12:45 Uhr

“Fall Gustl” erschüttert bayrisches System aus Banken, Politik und Justiz

Die Presse spricht schon von einem handfesten Justizskandal. Tatsächlich sorgt der „Fall Gustl“ seit Tagen für Unruhe in Bayern. Denn plötzlich kommen starke Zweifel auf, ob der heute 56-jährige Gustl Mollath zurecht in eine geschlossene psychiatrische Abteilung weggesperrt wurde. Der gelernte Maschinenschlosser hatte seinerzeit eine große deutsche Bank schmutziger Geschäfte beschuldigt. Viele vermuten nun, dass dies der Grund sei, warum Mollath seit sieben Jahren in der Psychiatrie sitzt.

Mollath war früher mit einer Vermögensberaterin der deutschen HypoVereinsbank (HVB) in Nürnberg verheiratet und hatte seinerzeit behauptet, dass diese für reiche Kunden in großem Stil Schwarzgeld in die Schweiz transferiere.  Anfangs habe er selbst dabei geholfen, erzählte er. Doch keiner glaubte ihm. Mollath hatte Briefe an die Staatsanwaltschaft und sogar an den damaligen bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) geschrieben. Nachdem ihn seine Frau beschuldigt hatte, sie geschlagen zu haben, wurde Mollath von Gutachtern eine psychische Krankheit attestiert. Er lebe in einer paranoiden Wahrwelt, sei gewalttätig und gefährlich, hieß es. Dazu zeige er „keine Krankeneinsicht“.

"Weggeräumt und stillgelegt"

Jetzt aber wird die Liste derer, die glauben, dass in dem Fall nicht alles sauber gelaufen ist, länger. Die bayrische Justiz habe Mollath „weggeräumt und stillgelegt“, titelte der Spiegel. Sie habe Mollaths Belege nicht ernst genommen „und ließ ihn in eine geschlossene Klinik sperren. Dort lebt er bis heute – obwohl ein interner Prüfbericht der Bank seinen Verdacht teilweise bestätigt“. Das Nachrichtenmagazin schreibt von „Nachlässigkeit und Überheblichkeit des Justizapparats“ und stellt die Frage: „Was stimmt hier nicht?“

Justizministerin erst untergetaucht, jetzt für neue Prüfung

Die Süddeutsche Zeitung sieht die „Festung“ des Münchner Justizpalastes bröckeln. Justizministerin Beate Merk (CSU) sei in der Defensive, habe sich „regelrecht verschanzt“. Was die Arbeit der Justiz bisher zu Tage gefördert habe, „muss noch nicht die Wahrheit sein. Aber Zweifel, ob der Mann so wirr ist, wie die Gerichte behaupteten, sie sind mehr als angebracht. Es gab zumindest das Schwarzgeldsystem, dafür gibt es Belege“. Die Richter hätten wohl seinerzeit „gewaltig geirrt“ schreibt die Bild-Zeitung, „denn jetzt kam heraus: Die Hypo Vereinsbank hatte im Jahr 2003, nach Mollaths ersten Anschuldigungen gegen seine Ex-Frau, interne Ermittlungen eingeleitet. Die Prüfer kamen zu dem Ergebnis, dass Mollath im Wesentlichen recht hatte!“

Mittlerweile gibt es Indizien, dass die Justiz sich nicht bloß geirrt haben könnte. Es steht der Vorwurf gegen den zuständigen Richter im Raum, er habe auf die Steuerfahndung eingewirkt, dem von Mollath geäußerten Schwarzgeld-Verdacht nicht weiter nachzugehen. Seit Bekanntwerden dieser unglaublichen Anschuldigung vollzieht auch Justizministerin Merk einen Wandel in ihrer Position. Sie hat nun eine Überprüfung des gesamten Verfahrens angeordnet.

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