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15. August 2012 / 04:00 Uhr

Kowarik zu Wiener Wahlrecht: “Offensichtlich Intention, FPÖ zu schwächen!”

Das Wiener Wahlrecht sorgt einmal mehr für Diskussionen. Die drei vor den Wahlen 2010 in Opposition befindlichen Parteien FPÖ, ÖVP und Grüne hatten sich per Notariatsakt verpflichtet, das Wahlrecht zu ändern und die daraus resultierende überproportionale Dominanz der stärksten Fraktion abzustellen. Doch die Änderungsvorschläge, die nun von der SPÖ präsentiert und von den von der Opposition in die Regierung übergetretenen Grünen unterstützt werden, gehen in eine ganz andere Richtung. Unzensuriert.at sprach darüber mit dem Verfassungssprecher der FPÖ im Wiener Gemeinderat und Landtag, Mag. Dietbert Kowarik.

Wie steht die FPÖ grundsätzlich zu einer Reform des Wiener Wahlrechts?
Kowarik: Die FPÖ Wien fordert seit Jahren eine Reform der Wiener Gemeindewahlordnung. Tatsache ist, dass durch die aktuelle Regelung größere Parteien profitieren und überproportional bei der Mandatszuzählung berücksichtigt werden. Inzwischen hat auch bald die FPÖ eine Stärke erreicht, die sie bei der Ermittlung der Mandate profitieren lassen würde. Trotzdem setzen wir uns auf Grund unseres demokratischen Selbstverständnisses vehement für ein modernes Verhältniswahlrecht ein. Es gibt aber auch noch andere Punkte, die einer Reform bedürfen.

Welche Initiativen hat die Wiener FPÖ in Sachen Wahlrecht bisher gesetzt?
Kowarik: Ich habe in der letzten Landtagssitzung vor der Sommerpause einen Initiativantrag eingebracht, der im zuständigen Ausschuss behandelt werden muss. Spätestens dort wird sich zeigen, ob die Grünen noch ernst zu nehmen sind oder sich gänzlich der SPÖ verkauft haben. Natürlich gehört auch die Briefwahl radikal geändert. Noch im Frühjahr 2010 hat die SPÖ in Wien gegen alle Bedenken der Opposition und namhafter Verfassungsrechtler rechtzeitig vor der Wien-Wahl die Änderung der Gemeinderatswahlordnung hinsichtlich der Briefwahl durchgepeitscht. Dabei wurden tiefgreifende Einschnitte in die Prinzipien des gleichen, geheimen, persönlichen und freien Wahlrechtes bewusst in Kauf genommen. Das gehört dringend saniert. Hier besteht die Hoffnung auf parteiübergreifenden Konsens. Was für die Freiheitlichen nicht in Frage kommt, ist die weitere Öffnung des Wahlrechtes für Ausländer. Dafür sind wir nicht zu haben. Wahlen zu gesetzgebenden Körperschaften und dem Wiener Gemeinderat sollen Staatsbürgern vorbehalten bleiben.

Diskussion um Fünf-Prozent-Hürde ist reines Ablenkungsmanöver

Wie steht die FPÖ zum Thema Einführung einer 5-Prozent Hürde auf Bezirksebene?
Kowarik: Die Stadtregierung blockiert beim wichtigsten Reformthema, dafür macht sie sich Sorgen um klare Entscheidungsstrukturen und fünf Prozent-Hürden in den Bezirken – vollkommen lächerlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es zur Zeit in ganz Wien sechs Bezirksräte von insgesamt 1.112 gibt – das sind 0,54 Prozent -, die mit einer fünf Prozent-Hürde nicht gewählt worden wären. SPÖ und Grüne möchten also den Kommunisten ihre 3 Bezirksräte in Wien streitig machen, das hat fast schon amüsante Züge.

Will sich mit dieser Fünf- Prozent Hürde Rot-Grün oppositionelle Kleingruppen vom Leib schaffen?
Kowarik: In Wirklichkeit soll damit vom eigentlichen Thema abgelenkt werden!

Opposition soll durch Abschaffung von Ämtern Kontrollrechte einbüßen

Wie steht die FPÖ zum Thema Abschaffung der „oppositionellen“ 2. Bezirksvorsteherstellvertreter?
Kowarik: Ich halte diesen Vorschlag für einen entscheidenden Einschnitt in die Rechte der Opposition. Wenn man einen Bezirksvorsteherstellvertreter einsparen will, dann sollte man den verbleibenden der jeweiligen zweitstärksten Partei zuerkennen. Da wäre auch eine gewisse Kontrolle bzw. eine zur Verfügungsstellung von entsprechender Infrastruktur gewährleistet.

Will die SPÖ damit eine „Lex FPÖ“ schaffen, um freiheitliche Bezirksvorsteherstellvertreter zu verhindern?
Kowarik: Es schaut ganz so aus, als wolle die SPÖ die Freiheitlichen hier ihrer Möglichkeiten berauben – das spricht für unsere aktiven Bezirksvorsteherstellvertreter, die der SPÖ offenbar ein Dorn im Auge sind. Dass sich allerdings auch die Grünen dafür hergeben, ist bezeichnend.

Wie steht die FPÖ zum Thema Abschaffung der nicht amtsführenden Stadträte?
Kowarik: Eine ersatzlose Streichung der nicht amtsführenden Stadträte wäre ein weiterer, entscheidender Einschnitt der Oppositionsrechte. Die Opposition wäre dann von wesentlichen Informationen und Beschlussfassungen in der Stadtregierung ausgeschlossen. Eigentlich ein demokratiepolitischer Wahnsinn!

Will man damit die Rathausopposition, vor allem die FPÖ schwächen?
Kowarik:  Ganz offensichtlich ist das die Intention.

Kaum noch Hoffnung auf Pakttreue der Grünen

Haben Sie noch Hoffnung, dass die ursprünglich vereinbarte Änderung der Wahlordnung kommt?
Kowarik: Tatsache ist, dass die Oppositionsparteien – also Grüne, ÖVP und FPÖ – vor der letzten Wahl eine gemeinsame Erklärung vor einem Notar unterzeichnet haben, worin die Verpflichtung zur Änderung des Wahlrechtes im Hinblick auf eine faire Mandatsverteilung – unabhängig vom Ausgang der Wahlen – festgehalten wurde. Das ist den Grünen und insbesondere ihrer Vorsitzenden Vassilakou inzwischen mehr als peinlich. Sie können oder wollen sich nicht an die Vereinbarung halten, sondern gefallen lieber dem Koalitionspartner. Man sieht, was die Unterschrift einer Grünen Parteivorsitzenden wert ist – nicht viel!

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