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16. Juli 2012 / 17:05 Uhr

Refco-Vergleich: Justizministerium widerspricht sich selbst

Neben dem für die Finanzmarktaufsicht politisch zuständigen Finanzministerium scheint auch das Justizministerium bisher kein gesteigertes Interesse an den durch Wolfgang Flöttl verspekulierten BAWAG-Milliarden zu haben. Dies geht aus einer Anfragebeantwortung an FPÖ-Klubobmann HC Strache durch Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) hervor. Karl gibt sich bezüglich wenig auskunftsfreudig und stützt sich auf Strafprozessordnung und Amtsverschwiegenheit. Der Oberste Gerichtshof (OGH) lässt allerdings durch seine Feststellungen aufhorchen. Fest steht, dass ÖVP-geführte Ressorts offensichtlich kein gesteigertes Interesse an einer Aufklärung der Spekulationsverluste und am Inhalt des Refco-Vergleichs haben.

OGH bestätigt schlampige Arbeit der von Bandion-Ortner

Schlampige Arbeit bestätigt der OGH der ersten Instanz im seinerzeitigen BAWAG-Prozess und geht damit mit der ehemaligen Justizministerin Claudia Bandion-Orntner scharf ins Gericht. Karl verweist auf das im Dezember 2010 ergangene Urteil:

Der Oberste Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 23. Dezember 2010, 14 Os 143/09z, im Zusammenhang mit der Aufhebung des Schuldspruchs gegen H. E.(Helmut Elsner, Anm. ) wegen schweren Betrugs ausgeführt, dass der Vorwurf einer Täuschung zufolge des Verschweigens von Verlusten eine zuverlässige Klärung erfordert hätte, ob diese Verluste im Täuschungszeitpunkt tatsächlich eingetreten waren. Hiefür wäre die Aufnahme von Beweisen zur Frage des Verbleibs der – Dr. F.(Flöttl, Anm.) oder seinen Gesellschaften zur Verfügung gestellten – Gelder erforderlich gewesen.

Neues Verfahren soll Licht ins BAWAG-Dunkel bringen

Dass bisher vieles im BAWAG-Verfahren nicht in Ordnung war, belegt der Verweis von Justizministerin Karl auf das derzeitige Verfahren vor dem Straflandesgericht Wien, das mittels einer Subsidiarklage der BAWAG/PSK klären soll, wo das Geld geblieben ist:

Das nunmehrige Verfahren gegen H. E. auf Grund der Subsidiaranklage der BAWAG PSK (AZ 122 Hv 31/07h des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) hat damit wesentliche Teile der Anfrage, nämlich den Verbleib der dem Angeklagten Dr. F. zur Verfügung gestellten Vermögenswerte, zum Gegenstand.

Bei der Bestätigung der Schuldsprüche gegen H. E. wegen Untreue führte das Höchstgericht aus, dass es zur Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit der Befugnismissbräuche des Machthabers keiner Feststellungen über das weitere Schicksal der veranlagten Gelder (insbesondere nicht zu allfälligen, den jeweils zur Last gelegten Geldflüssen folgenden Spekulationsgewinnen oder -verlusten) bedurft habe, weil der Schaden bei der Untreue ausschließlich im Vermögensnachteil des Treugebers (hier der BAWAG) liege.

Refco-Vergleich ist bei Justiz weiter unter Verschluss

Vollkommen bedeckt hält sich die Justizministerin als oberste Chefin der Anklagebehörde zum Refco-Vergleich und dessen aufklärungsbedürftigen Umständen. Vorausgegangen war eine Kreditauszahlung der BAWAG an die US-Investmentfirma Refco in der Höhe von 350 Millionen Euro. Wenige Tage später war das Unternehmen insolvent und wurde dessen Vorstand wegen Bilanzfälschung verhaftet. Die US-amerikanischen Refco-Gläubiger drohten der Bank mit Klage und erzielten letztlich einen Vergleich, der die BAWAG rund eine Milliarde Euro kostete. In der Beantwortung der Fragen zu diesem Vorgang widerspricht sich Justizministerin Karl selbst: Einerseits will sie den Stand der Ermittlungen zur Causa Refco nicht bekannt geben, andererseits wird die Einstellung eines diesbezüglichen Verfahrens preisgegeben. Über den Inhalt des für eine vollständige Aufklärung zentralen Refco-Vergleiches sind die Justizbehörden – im Unterschied zu den Finanzbehörden – allerdings informiert:

Diese Fragen zielen auf die Bekanntgabe von Umständen ab, die auch im anhängigen Ermittlungsverfahren zur Causa REFCO zu berücksichtigen sind. Ich ersuche um Verständnis, dass im Hinblick auf § 12 StPO eine Beantwortung unterbleiben muss, weil durch die Bekanntgabe dieser Informationen der Ermittlungszweck gefährdet und berechtigte Interessen von Verfahrensbeteiligten tangiert werden könnten.

Der Verdacht strafbarer Handlungen im Zusammenhang mit dem Vergleichsabschluss in den USA wurde bereits in den Verfahren 63 St 31/06x und 602 St 10/09a (jeweils der Staatsanwaltschaft Wien) einer Prüfung unterzogen. Einem gegen die Einstellung des Verfahrens 602 St 10/09a erhobenen Antrag auf Fortführung hat das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Beschluss vom 16. Februar 2010 keine Folge gegeben.

Nach dem Bericht der Staatsanwaltschaft Wien ist das Non-Prosecution-Agreement unter anderem auch Bestandteil des Aktes 122 Hv 31/07h des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, weshalb ich insoweit wiederum auf die Bestimmungen der Strafprozessordnung über die Akteneinsicht verweisen muss.

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