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29. Juni 2012 / 16:01 Uhr

Paraguay: Landbesetzer schossen hinterrücks auf Polizei

Paraguay ist nach dem überraschenden Präsidentenwechsel in den Fokus internationaler Berichterstatter gerückt. Vorausgegangen war ein Blutbad im Nordosten des Landes. Das Gefecht zwischen Landbesetzern und Polizei, in dem 16 Menschen starben, war Ausgangspunkt des weltweiten medialen Interesses. Der darauf folgende politische Coup – Fernando Lugo wurde vom Parlament abgesetzt und sein Vize Federico Franco als neuer Staatspräsident angelobt – brachte zusätzliche Dramatik in die Geschichten der Blätter und Fernsehsender.

„Vieles wird extrem und falsch dargestellt“, sagt Walter Haasler. Der Wiener Lehrer, der die ersten 14 Jahre seines Lebens in Paraguay aufwuchs und seitdem beste Kontakte zu den Menschen unterhält, hat mit Freunden gesprochen und bekam die Vorkommnisse so geschildert: Aufständische sollen schwer bewaffnet ein Grundstück des Großgrundbesitzers Ricardo Riquelme besetzt haben. Dieser verständigte daraufhin die Polizei. Als die Sicherheitskräfte anrückten, seien sie aus dem Hinterhalt beschossen worden. Nach Auskunft eines Freundes von Haasler, der in der Nähe des betroffenen Landgutes in Curaguaty lebt, seien beim anschließenden Gefecht insgesamt 16 Menschen getötet worden, davon zehn Polizisten und sechs Aufständische. Die Medien berichten stets von 17 Toten.

Putschberichte für Experten Unsinn

Der Innenminister und der Polizeichef sind nach diesem Massaker zurückgetreten. Fernando Lugo, dem indirekt die Schuld an diesen Ereignissen gegeben wird, weil er – so Haasler – in Reden immer wieder davon spreche, dass sich die landlosen Bauern nehmen sollten, was sie brauchen, ging nicht selbst, sondern wurde vom Parlament abgesetzt. Internationale Medien berichteten von einem Staatsstreich. „Das ist völliger Unsinn“, sagt Haasler. Das wäre so, als ob bei uns Präsident Heinz Fischer abgesetzt werden würde und Parlamentspräsidentin Barbara Prammer das Amt vorübergehend bis zur nächsten Wahl übernehmen müsste. In Paraguay sei es eben so geregelt, dass der Vizepräsident die Geschäfte weiterführt. Legitimiert durch ein demokratisch gewähltes Parlament.

Präsidentenwechsel verfassungskonform und legitim 

Diese Feststellung teilt übrigens auch der deutsche Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel (FDP), der gleich im Anschluss an den Rio+20-Gipfel nach Asuncion reiste, um sich ein Bild über die aktuelle politische Situation zu machen. Niebel versicherte gegenüber der Deutschen Presseagentur, dass der Präsidentenwechsel verfassungskonform und legitim war. „Ich bin kein Verfassungsexperte des Landes, aber als Politiker weiß ich, dass diese Abstimmung im Abgeordnetenhaus eine klare politische Nachricht ist“, sagte Niebel in einer Pressekonferenz.

Davon unbeeindruckt wird der neue Präsident Federico Franco von den Nachbarstaaten unter Druck gesetzt. Am Wochenende soll in Argentinien darüber beraten werden, Paraguay aus der Mercosur-Zone – dem gemeinsamen Markt Südamerikas, dem Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela angehören – auszuschließen. Ein großer Befürworter eines Ausschlusses ist Venezuelas Hugo Chavez, der kürzlich sogar das Parlament in Paraguay als „illegal“ bezeichnete, obwohl die Parteien vom Volk demokratisch gewählt wurden. Während der frühere Präsident Paraguays, ein Priester, als Linkspolitiker galt und daher Chavez besser zu Gesicht stand, wird der neue Staatschef Franco als gemäßigt und liberal bezeichnet. Aufgrund mehrerer Delegationsbesuchen des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf bestehen zu Franco auch gute Kontakte, weshalb dieser Österreich schon bald einen Besuch abstatten könnte. Beim letzten Treffen in Asuncion bezeichnete Franco die FPÖ als Schwesternpartei seiner Liberalen.

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