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USA

29. Feber 2012 / 10:07 Uhr

Jolies Regiedebut stempelt Serben zu Verbrechervolk

Ein Aufschrei und eine Welle der Empörung: so könnte man die Reaktionen auf dem Balkan auf den neuen Film von Angelina Jolie "Land of Blood and Honey" ("Liebe in Zeiten des Krieges") zusammenfassen. In höchst parteiischer und einseitiger Weise beschäftigt sich dieser Film mit Gewalt gegen Frauen während des Bosnienkrieges, wobei die Rolle des Bösen ausschließlich durch Serben verkörpert wird.

Angelina Jolie

Angelina Jolie

Das Regiedebut von Angelina Jolie geriet zur antiserbischen Propaganda.
Foto: Gage Skidmore / Wikimedia (CC BY-SA 3.0)

In Serbien hat sich als Reaktion darauf eine Gruppe nach dem Beispiel der angelsächsischen "grassroots movements" ("Basisbewegungen") gebildet, welche die Reaktion der neuen Generation zum Ausdruck bringen will, einer Generation, die zur Zeit des Krieges und des Milosević-Regimes noch in den Kinderschuhen steckte, doch mittlerweile erwachsen und etabliert, ihre eigene Identität aufgebaut hat und nunmehr ihre eigenen Werte verteidigt. Da man in den Konflikten der jüngeren Vergangenheit auch das Fundament der Zukunft erblickt, vertreten diese Aktivisten die Meinung, dass ein völliges Ignorieren der serbischen Opfer der beste Garant für anhaltende politische Instabilität sei: Denn der international herrschende Konsens, dass die Serben niemals Opfer und immer nur Täter seien, hindert ihrer Ansicht nach alle Konfliktparteien daran, die Vergangenheit zu bewältigen. Wir geben im Folgenden einen Text wieder, der ursprünglich auf der Website antisrbizam.com veröffentlicht wurde.

Angelina Jolies Film ist einseitig antiserbisch

Angelina Jolie hätte kaum ein schwierigeres Sujet für ihr Regiedebüt wählen können. Ihr Film " Liebe in Zeiten des Krieges " beschäftigt sich mit Gewalt, der Frauen in dem noch frisch in Erinnerung befindlichen blutigen Krieg in Bosnien-Herzegowina (1992-1995) zum Opfer gefallen waren. Dieses Thema bedeutet neben einer beruflichen Herausforderung auch eine enorme moralische Verantwortung gegenüber den Opfern.

Die Frage, die sich zunächst stellt, ist die, ob Jolie sich bemüht hat, eine ethnische Voreingenommenheit bei der Darstellung der Opfer zu vermeiden. Unsere Recherche hat klar ergeben, dass dies nicht der Fall ist.

Unsere Gruppe hatte sich spontan zusammengefunden, als in einem Bericht des spanischen staatlichen Fernsehens über das Vernichtungslager Jasenovac die dortigen serbischen Opfer völlig ausgeblendet wurden, was hierzulande zu heftigen Reaktionen führte. Nach diesem ersten Erfolg haben wir beschlossen, uns ständig der Überwachung von Fällen der antiserbischen Hetze und der Voreingenommenheit der Medien zu widmen.

Alle Täter sind Serben, alle Opfer Muslime

Die jüngsten Premieren des Films " Liebe in Zeiten des Krieges" gaben uns die Gelegenheit, eine Analyse anzustellen und dadurch die antiserbische Voreingenommenheit, die dem Film schon vorab bescheinigt worden war, unter Beweis zu stellen.

Mittels der Methode der Inhaltsanalyse haben wir eine Zählung der Personen vorgenommen, die in gewaltbetonten Szenen auftreten; weiters wurden diese Personen nach Geschlecht, nach ihre Rollen in dem bewaffneten Konflikt (Militär oder Zivilisten), ihren Rollen bei Gewalthandlungen (Opfer oder Täter) und nach ihrer ethnischen Zugehörigkeit (Muslime, Serben, Kroaten) kategorisiert. In der Folge haben wir die derart erhaltenen Ziffern mit der amtlichen Statistik verglichen. Eine vollständige Analyse, welche auch Erwähnungen von Gewalt im Text und in den Dialogen sowie weitere Kriterien umfassen soll, soll in der Folge noch veröffentlicht werden. Vorerst erscheinen aber bereits die vorläufigen Ergebnisse aussagekräftig genug zu sein:

  1. Alle Kriegsverbrecher sind Serben.
  2. Die Opfer unter der Zivilbevölkerung sind ausschließlich Nichtserben.
  3. Alle zivilen Opfer sind Muslime.

Zu den Grausamkeiten, die in diesem Film von Serben begangen werden, gehören Anhaltungen in Internierungslagern, der Angriff gegen einen Konvoi des Roten Kreuzes, die Vertreibung von Menschen aus ihren Häusern und die Beschlagnahme ihrer Wohnstätten, die Tötung zufällig anwesender Personen, eine am Rande eines Massengrabes stattfindende Hinrichtungsszene und das Schleudern eines Babys durch ein Gebäudefenster. Die in dem Film vorgetragene Geschichte erzählt das Schicksal von 46 muslimischen Frauen, die in einem serbischen Lager interniert waren, wo sie geschlagen, vergewaltigt und gedemütigt wurden. Alte Frauen werden dabei gezwungen, sich zum Ergötzen der anwesenden Soldaten nackt auszuziehen.
Es war ein Krieg mit Verbrechen aus allen Seiten

Massengrab

Massengrab

Ein Massengrab in Bosnien: Der Krieg forderte Opfer auf allen Seiten.
Foto: Polargeo / Wikimedia (public domain)

Diese Resultate stehen mit den bekannten Fakten nicht in Einklang. Der Bosnienkrieg war ein Bürgerkrieg zwischen allen drei Ethnien, die dieses Land umfasst: Muslime (oder Bosniaken), Serben und Kroaten. Alle drei Konfliktparteien standen untereinander im Krieg und begingen Gräueltaten, darunter auch sexuelle Übergriffe und Gewalt gegen Frauen, und alle drei Ethnien waren Opfer dieser Verbrechen. Serbische Frauen wurden in systematischer Weise von bosniakischen und kroatischen Tätern in Gefangenenlagern in Sarajevo, Odžak, Konjic, Kladanj, Dretelj, Bosanski Brod, Visoko, Čelebići, Tarčin, Mostar und Tuzla vergewaltigt, um nur die wichtigsten Regionen und Orte zu nennen.

Die Gesamtanzahl und die Verhältnisziffern von Opfern aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit sind unbekannt und können nur geschätzt werden. Nach Schätzungen des Forschungs- und Dokumentationszentrum in Sarajevo hat der Bosnienkrieg ca. 100.000 Opfer gefordert, darunter 66% Muslime, 26% Serben und 8% Kroaten. Das Zentrum bezeichnete eine behauptete Anzahl von 20.000 vergewaltigten Frauen als "maßlos übertrieben und manipulativ". Das hindert Jolie jedoch nicht daran, in ihrem Film zu behaupten, dass "an die 50.000 bosnische Frauen vergewaltigt wurden."

Das Ignorieren der serbischen Opfer stellt bereits als solches einen Akt der Diskriminierung und der Missachtung dar. In diesem Film wird dieser Akt jedoch noch durch die Tatsache verstärkt, dass Jolie selbst die serbischen Opfer nicht von der verallgemeinerten serbischen Schuld ausnimmt und andererseits die muslimischen Täter von jeder Verantwortung reinwäscht. Laut Jolie sei es das Ziel des Films, ein Mahnmal für die Opfer zu errichten. Was der Film erreicht, ist hingegen genau das Gegenteil: Die Opfer werden nach ethnischen Kriterien diskriminiert, wegretuschiert, mit Schuld belastet und dadurch nur noch mehr entrechtet.

Schwarz-Weiß-Malerei als Propaganda-Methode

Die Regisseurin und die Schauspieler haben immer die ihnen vorgehaltene antiserbische Einstellung abgestritten und behauptet, dass sie fair und objektiv gehandelt hätten. Die Ergebnisse unserer Recherche zeigen hingegen eindeutig eine antiserbische Haltung auf, und zwar in ganz eklatantem Maße: In dem ganzen Film gibt es kein einziges serbisches Opfer und keinen einzigen nichtserbischen Täter! Verglichen mit der Realität kann eine solche Darstellung nicht einmal bloß als "voreingenommen" bezeichnet werden – sie ist völlig einseitig.

Solche Schwarz-Weiß-Malerei ist eine Propagandamethode mit langer Tradition, und dies durchaus nicht nur in Hollywood. "Dieser Film will kein Dokumentarfilm sein" ist andererseits eine billige Ausrede, die von Jolie und ihrem Team immer wieder vorgebracht wurde.

Die Frage, die sich einem aufdrängt, ist natürlich die, welchem Zweck dieser Film dienen soll. Ist es ein Denkmal für die Opfer des Bürgerkriegs oder eher für eine der Kriegsparteien? Und soll er Respekt oder eher Verachtung für die Opfer bezeugen? Und wie soll man den krassen Gegensatz zwischen Filminhalt und Realität interpretieren? Warum will die Regisseurin den Vorwurf antiserbischer Haltung nicht zugestehen, selbst nachdem man sie eindeutig damit konfrontiert hat? Abgesehen von einem versteckten Vorsatz scheint die einzig mögliche Erklärung sie zu sein, dass antiserbische Hassgefühle derart menschenverachtende Auswirkungen zeigen, dass der Schmerz der serbischen Opfer eben nicht wahrgenommen und eine serbische Alleinschuld als einwandfrei erwiesen betrachtet wird.

Film schadet der Versöhnung der Balkanvölker

In der ergreifenden Schlussszene wiederholt der Serbe Daniel sogar noch einmal: "Ich bin ein Kriegsverbrecher." Er drückt somit aus, was allgemeiner Konsens zu sein ist: Die Serben sind Kriegsverbrecher.

Dieser Film zeigt, wie tief antiserbische Ressentiments eingewurzelt und wie gefährlich sie sein können, wenn sie sogar eine Frauenrechtsaktivistin zur Komplizin einer derartigen Entwürdigung von Vergewaltigungsopfern werden lassen. Der Kampf gegen solche Vorurteile ist eine notwendige Grundvoraussetzung, wenn man die Versöhnung auf dem Balkan anstrebt, denn diese kann nur aufbauen auf der Wahrheit.

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