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3. August 2011 / 22:51 Uhr

Die alte Leier vom Fachkräftemangel

Die Bundesregierung feiert sich einmal mehr selbst. Der Grund: die – auf den ersten Blick – positiven Arbeitsmarktzahlen. Die Reaktionen auf die Veröffentlichungen der Daten waren vorhersehbar, denn sie laufen immer nach dem gleichen Schema ab. Sozialminister Hundstorfer posaunt durch den Blätterwald: Österreich ist „Europameister“ in Sachen Arbeitslosenquote. Wirtschaftsminister Mitterlehner sieht „unsere Unternehmen hervorragend im Aufschwung positioniert“.

Gastkommentar von Barbara Rosenkranz

Vollkommen klar war auch, wie die Reaktion von Wirtschaftskammerpräsident Leitl ausfallen würde. Er warnte in der Presse vor einem „würgendem Mangel an Fachkräften“. Leitl bejammert, dass seit der Arbeitsmarktöffnung nur 13.000 Arbeitskräfte zusätzlich aus den neuen EU-Staaten nach Österreich gekommen seien. „Der prognostizierte Ansturm aus dem Osten ist definitiv ausgeblieben. Nicht einmal ein Lüftchen weht", so der Wirtschaftskammer-Chef.

Wer nun konkret einen „Ansturm aus dem Osten“ prognostiziert haben soll, beantwortet er natürlich nicht. Sowohl ÖGB als auch Wirtschaftskammer erklärten doch im Vorfeld der Arbeitsmarktöffnung, man rechne ohnehin mit kaum Arbeitssuchenden aus dem erweiterten EU-Raum. Leitl wie auch diverse Medien, die nun von einem „Ausbleiben eines erwarteten Ansturmes“ sprechen, wollen auf diese Weise lediglich suggerieren, es herrsche in Österreich eine eklatante Unterversorgung an ausländischen Arbeitskräften. Die Statistik, aus der die Einwanderungslobby diese Behauptung ableiten will, straft sie jedoch Lügen.

Mehr Arbeitlose in den "Mangelbranchen"

Während die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen um 2,8 Prozent gesunken ist, ist sie bei ausländischen Arbeitsfähigen um 8,9 Prozent gestiegen. Ein Bedauern eines ausgeblieben „Ansturmes aus dem Osten“ ist daher vollkommen verfehlt. Insbesondere wenn man den Arbeitsbereich Gesundheits- und Sozialwesen betrachtet, von dem uns die politische Klasse ständig weismachen will, er sei nur durch „Fachkräfte aus dem Ausland“ zu sichern. Hier sind die Arbeitslosenzahlen sogar um 5 Prozent gestiegen. Viele gut ausgebildete Fachkräfte aus Österreich schauen durch die Finger, während Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung weiter billige Arbeitskräfte aus dem Ausland fordern.

Wäre tatsächlich der Fachkräftemangel so eklatant wie dargestellt, so müssten nach dem recht simplen ökonomischen Gesetz von Angebot und Nachfrage die Löhne, zumindest für die Qualifizierten, spürbar steigen. Das ist allerdings nachgewiesenermaßen nicht der Fall. In den meisten Branchen liegt die Lohnsteigerung der letzten 10 Jahre kaum über der Inflationsrate.

Ostöffnung führt zu schleichender Entwertung der Arbeit

Vor der Arbeitsmarktöffnung in Richtung der jungen EU-Staaten habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass natürlich nicht am 2. oder 3. Mai der österreichische Arbeitsmarkt zusammenbrechen wird. Einer schleichenden Entwertung der Arbeit wird aber weiter Vorschub geleistet. Genau das ist eingetreten. Die heimischen Facharbeiter erhalten auch weiterhin keinen angemessenen Lohn, da genügend ausländische Arbeitskräfte auf den Markt kommen, um das Gehaltsniveau niedrig zu halten bzw. um es zu drücken. In manchen Branchen und Betrieben reicht allein der Hinweis auf die „billige Konkurrenz im Osten“, um Lohnsteigerungen im Vorhinein zu unterbinden.

Die von der Bundesregierung großspurig angekündigten Maßnahmen, die Lohn- und Sozialdumping ausschließen sollen greifen nämlich schlicht nicht. Stattdessen werden Angestellte ausländischer Firmen – trotz geltenden österreichischen Kollektivvertrags – mit Löhnen, von denen niemand leben kann abgespeist, wie Der Standard jüngst berichtete. Einfallende „Arbeitslosenheere aus dem Osten“ sind dazu gar nicht nötig. Kein Grund zum Feiern, Herr Sozialminister!

Barbara Rosenkranz schreibt auf www.zurueckzurvernunft.at.

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