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24. Juli 2011 / 11:28 Uhr

Oslo-Attentäter: Ein zweiter Lee Harvey Oswald?

Norwegen-AttentäterUnfassbar sind die Anschläge, die sich am Freitag in der norwegischen Hauptstadt Oslo und auf der Insel Utöya ereignet haben. Die Opferzahlen werden laufend nach oben korrigiert, und aus allen Teilen der Welt treffen in Norwegen Solidaritäts- und Beileidsbekundungen ein. Mit Hochdruck ermittelt die norwegische Polizei an den Tatorten, um Hergang und Hintergrund der Taten vom 22. Juli 2011 aufzuklären. Von offizieller Ermittlungsseite aus Oslo sind die öffentlichen Erklärungen sehr dürftig. Dafür blühen die Spekulationen der Medien und mancher politischer Gruppierungen bei der Zuordnung von Täter und Motiv. Die reichten in den letzten Tagen von islamisch, antiislamisch, rechtsextrem, christlich-fundamentalistisch bis zum linken Biobauern.

Norwegen-Attentäter

Norwegen-Attentäter

Was steckt hinter dem Mann, der Oslo mit Mord und Terror überzogen hat?
Bild: ssoosay / flickr (CC BY 2.0)

Vieles erinnert bei der gegenwärtig gegenüber der medialen Öffentlichkeit präsentierten Person des mutmaßlichen Einzeltäters Anders Behring Breivik an den Kennedy-Attentäter Lee Harvey Oswald. Schon wenige Stunden nach den Attentaten in Oslo und auf Utöya wurde er von den Medien als Einzeltäter präsentiert. Motiv und ideologischer Hintergrund des mutmaßlichen Einzeltäters zog man sich aus Internetblogs und Facebook-Aufritten. Zuletzt wurde auch ein 1500 Seiten umfassenden Manifest aufgespürt, das der 32jährige im Internet veröffentlicht haben soll. Wurde in den ersten Stunden nach dem Attentat reflexartig ein islamistischer Anschlag medial doziert, so schwenkte man binnen Stunden auf einen antiislamistischen Hintergrund über. Warum Islamisten, aber auch Antiislamisten gerade einen sozialdemokratischen Jugendverband und dessen Ferienlager – noch dazu im weltpolitisch unter der Wahrnehmungsgrenze liegenden Norwegen – als Tatort auserkoren haben, bleibt im Dunkeln.

Elektronischer Fingerabdruck: Facebook und ein Manifest

Präsentierte man seinerzeit Lee Harvey Oswald postwendend als Kommunisten sowie Kubafreund und zog daraus vorschnell Motiv und Hintergrund des Präsidenten-Attentates in Dallas, so werden bei Breivik die „elektronischen Fingerabdrucke“ vergangener Facebook-Auftritte und sonstiger Internet-Blogs zur ideologischen Fixierung herangezogen. Vor jeder eingehenden Untersuchung steht für einen Großteil der Medien bereits fest: rechte Szene, christlich-fundamentalistisch. Schon zieht man medial weiter, und spielt auf der schon blechern klingenden Antifa-Klaviatur.

Biobauer und Freimaurer – wie passt das ins Bild?

Fast ein Fremdkörper ist für viele Kommentatoren da das berufliche Umfeld von Breivik, das ihn auch als linken Biobauern darstellen lässt, der sich abgeschieden von der städtischen Zivilisation auf seinen Hof zurückgezogen hat- und sich dort in den letzten Monaten ganz gegen die Ausrichtung seiner Betriebsstätte mit Unmengen von Kunstdünger eingedeckt haben soll. Auch sein Bekenntnis zur Freimaurerei passt nicht ins Bild und wird daher kaum thematisiert, obwohl es im Manifest deutlich hervortritt, das mit "Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels" unterzeichnet ist, dem vollen Name des sogenannten Templerordens, auf dessen Tradition sich einige Freimaurer-Logen berufen.

Bei Lee Harvey Oswald wurde nach seiner eigenen Ermordung zwei Tage nach dem Attentat die weitere Beleuchtung des Kennedy-Attentates schnell abgeschlossen. Was nicht passte, wurde einfach weggelassen. Hoffentlich laufen die Ermittlungen in Oslo anders. Denn die Öffentlichkeit in Norwegen und darüber hinaus hat ein Recht auf ein objektives Ermittlungsergebnis.

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