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21. November 2010 / 19:09 Uhr

Rot-grüne Gefahr für das Lueger-Denkmal

Das Lueger-Denkmal soll nach rechts geneigt werden

Was bei einer rot-grünen Stadtregierung in Wien auf die Bürger alles zukommen kann, zeigt schon nach wenigen Tagen dieses politischen Paktes eine kuriose Idee: Das Lueger-Denkmal auf dem gleichnamigen Platz in der Wiener Innenstadt soll in Schieflage gebracht werden. Weil Karl Lueger, 1897 bis 1910 Bürgermeister in Wien, ein Antisemit gewesen sei, heißt es in der Begründung des Arbeitskreises der Wiener Universität für angewandte Kunst. Nach dessen Vorstellung soll die Statue nach rechts geneigt und so ein Mahnmal gegen Antisemitismus und Rassismus geschaffen werden.

Das Lueger-Denkmal soll nach rechts geneigt werdenDie Diskussion über die Umgestaltung des Lueger-Platzes zieht sich schon einige Jahre. Sie erreicht jetzt aber einen neuen Höhepunkt. So ist auf der Webseite des Arbeitskreises  unter dem Titel "Umgestaltung des Lueger Denkmals steht nichts mehr im Wege" zu lesen: "Der Arbeitskreis zur Umgestaltung des Lueger Denkmals beglückwünscht die neue rot-grüne Stadtregierung und fordert sie auf, aktiv zu werden." Mit dieser Forderung könnte der Arbeitskreis tatsächlich Erfolg haben. Denn sowohl der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath Pokorny (SPÖ) als auch die Grünen hatten das Projekt während des Wahlkampfes befürwortet. Außerdem wird das Vorhaben derzeit auf Videowänden entlang der Wiener U-Bahnen merkwürdigerweise stark beworben.

Öffentliche Gelder für Denkmal-Verunstalter

Starke Indizien dafür, dass die neue Wiener Stadtregierung dem Projekt, das der Universitätslektor Martin Krenn am Institut für Kunstwissenschaften, Kunstpädagogik und Kunstvermittlung mit großzügiger Unterstützung öffentlicher Gelder entwickelte, nicht abgeneigt ist. Der Zeitpunkt sei gekommen, um zu handeln, fordern die Denkmal-Verunstalter Häupl und Vassilakou auf. Sie müssten für die Denkmal-Eigentümerin Stadt Wien beim Bundesdenkmalamt den Antrag stellen, das Vorhaben von Projekt-Sieger Klemens Wihlidal, das eine dauerhafte Schiefstellung des Lueger Denkmals vorsieht, umzusetzen.

Karl Lueger als Wiener Bürgermeister um 1900Nach Meinung des Arbeitskreises sei Karl Lueger (Bild rechts) der erste Politiker Europas gewesen, der den Antisemitismus salonfähig gemacht hätte und deshalb ein großes Vorbild Hitlers geworden wäre. Lueger, dem Gründer der Christlichsozialen Partei, wird der Ausspruch zugeschrieben: "Wer eine Jude ist, bestimme ich!" Hundert Jahre nach seinem Tod, so der Arbeitskreis auf seiner Homepage, könne die Stadt Wien nun endlich ein Zeichen setzen.

Schiefe Fahrbahn auf dem Lueger-Ring?

Da haben Michael Häupl und seine neue Vizebürgermeisterin, Maria Vassilakou, viel vor. Was passiert dann mit dem Dr.-Karl-Lueger-Platz, mit dem Dr.-Karl-Lueger-Ring oder mit der Karl-Lueger-Gedächtniskriche (Bild links) auf dem Zentralfriedhof? Die Verkehrsteilnehmer werden sich schön bedanken, wenn sie in Zukunft auf einer schiefen Fahrbahn am Ring unterwegs sein werden. Folgt die neue Stadtregierung den Gedanken dieser "Künstler", müsste sie z.B. das erst im Jahr 2008 im Wiener Donaupark aufgestellte Denkmal von Che Guevara nach links biegen.

Die Lueger-Gedächtniskirche am ZentralfriedhofGegen willkürliche Veränderungen von Denkmalen spricht sich in diesem Zusammenhang auch der Kultursprecher der Wiener Volkspartei, Franz Ferdinand Wolf, aus: "Wenn wir damit beginnen, Denkmäler nach heutiger Sicht und geschichtlichen Kenntnissen zu verändern, wäre eine Vielzahl davon in Wien betroffen. So war etwa Goethe aus heutiger Sicht betrachtet, als Legationsrat des Erbprinzen Carl August Repräsentant eines totalitären, repressiven, autoritären und undemokratischen Systems." Was sich Wolf aber vorstellen kann: Dass bei Denkmälern der jeweilige geschichtliche Hintergrund dargestellt und so dem Betrachter der historische Kontext erläutert wird. Im Falle von Lueger müsste sich die Erläuterung auch mit dem von ihm politisch instrumentalisierten Antisemitismus auseinandersetzen und klar und eindeutig ablehnen.

Hochquellenwasserleitung unter Lueger gebaut

Auch die Wiener FPÖ-Landesparteiobmann-Stellvertreterin Veronika Matiasek ist gegen eine Umgestaltung des Lueger-Denkmals aus. Zwar könne das Wirken des Dr. Karl Lueger durchaus kritisch hinterfragt werden, das 1926 errichtete kulturhistorisch bedeutsame Werk dürfe jedoch nicht angetastet werden, denn es sei aus seiner Zeit heraus zu verstehen. Ferner hätte Lueger im Zuge seiner Amtszeit als Bürgermeister Wiens auch unglaublich viel für die Bundeshauptstadt geleistet. Dies müsse auch von politisch Andersdenkenden anerkannt werden.

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Luegers Amtszeit ist tatsächlich gekennzeichnet durch zahlreiche (im wesentlichen kreditfinanzierte) kommunale Großprojekte, etwa die II. Wiener Hochquellenwasserleitung, Kommunalisierung der Gas- und Elektrizitätsversorgung sowie der Straßenbahnen, Bau von großen Sozialeinrichtungen wie Krankenhaus Lainz und Psychiatrisches Krankenhaus am Steinhof.

Fotos: Andreas Praefcke, Alois Delug, Arved / alle Wikimedia

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