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29. September 2010 / 09:45 Uhr

66.000 Euro Körberlgeld für die Genossenschaft

Die Betroffenen sprechen von "gesetzlich legalisiertem Diebstahl" und sogar ein Vorstand einer gemeinnützigen Wohnbauvereinigung spricht gegenüber "unzensuriert.at" von einer "Schweinerei sondergleichen". Die Wogen gehen hoch beim Fall der VP-nahen "Neue Eisenstädter Siedlungsgenossenschaft", die 66.000 Euro, die ihre Nutzer zehn Jahre lang für Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten eingezahlt hatten, einfach einkassierte, als die "Mieter" Eigentümer ihrer Wohnungen wurden.

Kaum zu glauben, aber die Genossenschaften dürfen das. Im Gesetz steht, dass bei Eigentumsbildung der Wohnungen der Erhaltungsbeitrag, der nicht verbraucht wird, in den Besitz der Genossenschaft über geht.

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In dieser Genossenschafts-Wohnanlage in Neusiedl/See müssen die Wohnungseigentümer nun selbst für die Reparaturen aufkommen.

Wider dem Hausverstand kommt es dadurch zu großen Überraschungen für die Nutzer. In Neusiedl am See war es nicht anders: 1996 zogen 33 "Mieter" in die Wohnhausanlage der "Neuen Eisenstädter" ein, mit der Option, ihre Wohnungen nach zehn Jahren ins Eigentum übernehmen zu können. Von dieser Möglichkeit machten am 1. Jänner 2007 exakt 17 Nutzer Gebrauch – mit fatalen Folgen. Denn als es 2008 zum ersten großen Schaden in der Anlage kam, zu einem massiven Kanalgebrechen, waren die 66.000 Euro, die die Bewohner zehn Jahre lang für solche Fälle ansparten, plötzlich weg. Nachforschungen ergaben, dass die "Neue Eisenstädter" – gesetzlich völlig legal – das Geld einkassierte, als die 17 Wohnungen 2007 ins Eigentum übergegangen sind. Somit war das Guthaben weg. Und die Überraschung bei den Betroffenen groß.

Guthaben plötzlich weg – Eigentümer wurden nicht informiert

"Wir Eigentümer hatten keine Ahnung davon, und natürlich hat es auch niemanden gegeben, der uns darauf aufmerksam gemacht hat", beschwert sich Helga Doret, eine pensionierte Lehrerin, die ebenfalls bitteres Lehrgeld zahlen musste. Zu einer Klage haben sich die "Geschädigten" aber nicht durchringen können, obwohl da vielleicht ein Präzedenzfall zugunsten der "Mieter" geschaffen hätte werden können.

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Aufgrund dieses Vorfalles in Neusiedl will der freiheitliche Abgeordnete Martin Graf nun im Parlament aktiv werden und eine Gesetzesänderung durchbringen. "Es kann ja nicht sein, dass sich die Genossenschaften wieder einmal zum Nachteil der Nutzer ein fettes Körberlgeld machen." Graf kämpft schon seit Wochen gegen Genossenschaften, die nicht kostendeckend, also nicht gemeinnützig, sondern gewinnorientiert arbeiten. Er kritisiert, dass diese Wohnbauvereinigungen auch nach Beendigung der Darlehensrückzahlung so genannte Kapitaldienste verrechnen und so die Mieter massiv schädigen, anstatt das Nutzungsentgelt zu reduzieren.

Gesetz gibt Genossenschaften zu viele Freiräume

Schuld an dieser Praxis ist das Gesetz. Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) erlaubt es den Genossenschaften nämlich, die Annuitäten für Darlehen auch nach der vollständigen Rückzahlung weiter zu kassieren. Dadurch erwirtschaften die Gemeinnützigen – obwohl sie eigentlich nur kostendeckend arbeiten dürfen – einen beträchtlichen Gewinn.

Auch das Kassieren eines Barkaufpreises bei der Übernahme der Wohnung oder des Hauses ins Eigentum sei laut Graf nicht akzeptabel. In dieser Causa gibt es bereits einen Präzedenzfall von 2009 am Bezirksgericht Lilienfeld in Niederösterreich, in dem der Richter das Verlangen eines Barkaufpreises verboten hat. 14 Nutzer der Siedlung in der Marktgemeinde Hohenberg hatten erfolgreich geklagt. Sie ließen es nicht zu, dass ihnen die "Erste burgenländische Siedlungsgenossenschaft" die Häuser praktisch doppelt verkaufen wollte.

Zusätzlicher Barkaufpreis von 20.000 Euro kassiert

Dieser Zug ist in Neusiedl abgefahren. Jene 17 Nutzer, die ihre Wohnung nach zehn Jahren ins Eigentum übernahmen, zahlen die Wohnbauförderung und den Bankkredit zurück und mussten zudem eine Summe von 20.000 Euro als Barkaufpreis hinlegen. Wofür, fragt man sich. Denn die Häuser werden von den Nutzern sowieso vollständig bezahlt. Der Barkaufpreis dient den Gemeinnützigen nur dafür, beträchtlichen Gewinn zu machen, den sie unversteuert in Rücklagen verwandeln. Das Geld wird auch verwendet, um die fetten Gagen für Vorstände und Aufsichtsräte zu bezahlen.
 

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