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20. September 2010 / 22:39 Uhr

Schweden-Wahl: Skandinavisches Krisenmanagement

Die Wahlen zum schwedischen Reichstag bestätigten die amtierende bürgerliche Regierung unter Fredrik Reinfeldt. Die Sozialdemokraten müssen sich eine weitere Legislaturperiode geschlagen geben und fuhren ihr schlechtes Ergebnis seit gut 100 Jahren ein. Für weitere Wirren – in erster Linie in ausländischen Medien – sorgt der erstmalige Einzug der deklariert rechtsgerichteten Schwedendemokraten. Den Wahlsieg hat der charismatische Reinfeldt nicht zuletzt seinem populären Finanzminister Anders Borg (Bild) zu verdanken.

Schwedens Finanzminister Anders BorgDie Finanzkrise machte auch vor dem nördlichen Königreich nicht halt. Der schwedische Haushalt ist saniert, und das Sozialsystem wurde an die demographischen Trends angepasst. Doch wer jetzt glaubt, dass Borg diesen Spielraum nützte, um gescheiterte Banken mit Geld zu versorgen, der irrt. Die dortigen Banken erhielten nur umgerechnet 1,5 Milliarden Euro an staatlichen Finanzspritzen aus Steuermitteln, dennoch gilt das Land heute – zwei Jahre nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers – nicht als „failed state“ der Finanzwirtschaft. Selbst die in Österreich medienwirksam geschnürten Konjunkturpakete haben kein schwedisches Pendant. Im Gegensatz zu unserer Alpenrepublik läuft der Konjunkturmotor im Norden seit einem halben Jahr wieder. Die Aussagen unseres Finanzministers, wonach jeder seinen Teil zur Sanierung des Budgets beitragen müsse, würden den eigensinnigen Nordmännern nur ein müdes Lächeln abringen. Diesen stehen nämlich umfangreiche Steuersenkungen bevor und das nicht, wie der gelernte Österreicher glauben möchte, auf Pump.

Die kleine Volkswirtschaft hat schlicht Lehren aus einer auf Skandinavien begrenzten Krise gezogen, die zu Beginn der Neunziger Jahre ausgeprägte Ähnlichkeiten mit der derzeit nahezu weltweit herrschenden aufweist. Sie hatte ihren Ursprung in einer Immobilienblase, und am Ende standen die größeren Banken Skandinaviens vor dem Abgrund. Alle betroffenen Staaten hatten mit einer schweren Rezession zu kämpfen. Die Nachfahren der Wikinger griffen wie dereinst ihre Vorfahren durch: Manager wurden vor die Tür gesetzt, der Staat erhielt im Fall von Finanzspritzen entsprechende Mitspracherechte, und einzelne Banken wurde zerschlagen oder verschmolzen. In der schwedischen Bankenlandschaft blieb kein Stein auf dem anderen. Insgesamt hat das den Steuerzahler sieben Milliarden Euro gekostet, im Gegensatz zu den 35, die die Republik Österreich allein bis jetzt unseren Instituten in den Rachen warf.

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Während Josef Pröll sich als treuer Lakai der Finanzlobby übt, könnte die Maxime seines damaligen Kollegen im nördlichen Königreich nicht konträrer sein: „Aber in Krisen muss der Staat eingreifen, und dann, nur dann, muss er ein sehr starker Staat sein, der entschlossen handelt.“

Die von ihren österreichischen Kollegen so lange als Vorbilder gesehenen schwedischen Sozialdemokraten stellten übrigens weder in der damaligen noch in der heutige Krise die Regierung – wohl auch ein Grund dafür, dass die schwedischen Bürger sie nicht vermissen und ihnen diesmal das schlechteste Wahlergebnis seit mehr als 100 Jahren verpassten. Anders als die Roten denken die Schwarzen hierzulande nicht daran, sich an ihren schwedischen Artgenossen zu orientieren – leider.

Foto: Janwikifoto

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