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8. Mai 2010 / 13:37 Uhr

Wider besseres Wissen

Nun behauptet EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn allen Ernstes, Griechenland sei ein Einzelfall und kein anderes Euroland werde Finanzhilfe benötigen. Angesichts der wahren Verhältnisse – Ökonomen rechnen damit, daß bald auch Spanien, Portugal oder Italien am Rande der Zahlungsunfähigkeit stehen könnten – erweisen sich derartige Aussagen entweder als ein Anfall von politischem Realitätsverlust oder als Sedativum für die zu Recht besorgten Bürger.

Von Andreas Mölzer, Mitglied des Europäischen Parlaments

Beschwichtigen und beruhigen ist und war das „Krisenmanagement“ der Europäischen Union in Sachen Griechenland. Schließlich hat Brüssel so lange es nur ging versucht, die Lage in Griechenland zu beschönigen. Und als dann offensichtlich wurde, dass Athen am Rande der Pleite steht und dass Feuer am Dach ist, hat man getan, als handle es sich beim griechischen Budgetdesaster um eine Naturgewalt, die nicht zu verhindern gewesen wäre. Mit dieser Haltung soll offenbar versucht werden, von der eigenen Mitverantwortung abzulenken: Denn von Anfang an war klar, dass Athen die Konvergenzkriterien für die Einführung des Euros nicht erfüllt und sich statt dessen mit gefälschten Budgetdaten in die Währungsunion hineinschwindelt hat. Daher haben EU-Kommission und Europäische Zentralbank zumindest fahrlässig gehandelt, als sie Griechenland entweder wider besseres Wissen in die Eurozone aufgenommen oder die wahre Budgetsituation dieses Landes nicht geprüft haben.

Doch jetzt, wo von den europäischen „Partnern“ insgesamt 80 Steuermilliarden nach Griechenland gepumpt werden sollen, wird sich die Lage nicht verbessern lassen, indem die Europäische Union den Bürgern Beruhigungspillen verabreicht und Entwarnung vorgaukelt. Hilfreicher wäre hier das Eingeständnis, dass die Währungsunion in ihrer derzeitigen Form eine Fehlkonstruktion ist sowie daraus die nötigen Lehren zu ziehen. So könnte etwa der Vorschlag von Wirtschaftswissenschaftern aufgegriffen und die Eurozone in eine Weichwährungsregion und in eine Hartwährungsunion geteilt werden. Oder ehemalige Hartwährungsländer wie Deutschland, Österreich und die Niederlande könnten eine kerneuropäische Währungsunion gründen, während Staaten wie Griechenland, Spanien oder Portugal währungspolitisch eigene Wege gehen. Schließlich gilt es zu verhindern, dass der Euro in den gesunden europäischen Volkswirtschaften noch mehr Schaden anrichtet.

Andreas Mölzer schreibt regelmäßig in der Wochenzeitung "Zur Zeit"

 

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